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Todesgott

Todesgott

Titel: Todesgott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Árni Thórarinsson
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erzählt die ganze Geschichte, ausführlich und mit einem sympathischen Schuss Humor.
    Während Jóa Fotos von Ásbjörg und Snúlli macht, schlendere ich durchs Wohnzimmer.
    An einer Wand steht ein altes Klavier. Zwischen den Kakteen auf dem Klavier stehen ein paar gerahmte Fotos von Ásbjörg und einer attraktiven Frau, offenbar ihrer Mutter, in verschiedenen Altersstufen. Sie ist ungefähr genauso groß wie Ásbjörg, hat etwas hellere Haut und helleres Haar, das auf allen Fotos hochgesteckt ist, aber die Ähnlichkeit ist unverkennbar. Mutter und Tochter sind auf allen Fotos gut gelaunt. Ich bitte Jóa, ein paar Fotos von Ásbjörg und Snúlli vor dem Klavier zu machen.
    Als wir uns von Ásbjörg Sigrúnardóttir verabschieden, frage ich: »Wohnt ihr hier zu zweit, deine Mutter und du?«
    Sie nickt.
    »Da fällt mir ein«, sage ich, »dieser Kjartan Arnarson, der Lehrer, der in diese Sexgeschichte verstrickt wurde – was ist das für ein Typ?«
    »Den hatte ich nie«, antwortet Ásbjörg. »Er sieht ein bisschen schrullig aus, aber soweit ich gehört hab, ist er in Ordnung.«
    Wir wünschen frohe Ostern und gehen mit Snúlli an der Leine zurück zum Auto.
    Der Hund stößt ein eigenartiges, schwaches Bellen aus und wirft einen kurzen Blick zurück.
    SNÚLLIS ABENTEUER IN AKUREYRI
    Es war einmal ein kleiner Kläffer, der hieß Snúlli …
    So beginnt meine hübsche Stilübung über die Begegnung eines Schoßhundes mit seiner Lebensretterin. Als ich mit den Worten »Draußen warten viele Abenteuer« ende, überfällt mich Müdigkeit.
    Ich lege die Füße auf den Tisch und zünde mir eine Zigarette an. Dabei stoße ich mit der Stuhllehne fast an die geschlossene Tür. Nach meiner groben Berechnung ist der Schrank ungefähr so lang wie mein zukünftiger Sarg.
    Es ist kurz vor sechs. Als ich den Artikel abgeschickt habe, geht es mir gleich besser. Ich stehe auf und schlurfe in die kleine Küche. Ásbjörn, Karó und Snúlli sind in ihrer Wohnung verschwunden. Ich höre das gedämpfte Bellen des Hundes durch die Holzdecke. Jóa hat die Fotos losgeschickt und wollte ins Kino. Ich sollte nach Hause gehen und mich hinlegen. Trotzdem hole ich mir eine Tasse schwarzen, ungesüßten Kaffee, zünde mir noch eine Zigarette an und gehe zurück in den Schrank.
    Oben auf dem Stapel liegt die dritte Nachricht, mit der ich nichts anzufangen weiß. Karólína hat den Namen Gunnhildur Bjargmundsdóttir sowie eine Telefonnummer auf den Zettel geschrieben.
    Ich nehme den Hörer und wähle die Nummer.
    »Hóll, guten Tag«, antwortet eine Frauenstimme.
    »Hóll?«, frage ich. »Was ist das?«
    »Hóll ist ein Alten- und Pflegeheim.«
    »Ach so. Ich heiße Einar. Ich habe eine Nachricht erhalten, dass ich Gunnhildur Bjargmundsdóttir anrufen soll. Ist sie Mitarbeiterin oder Bewohnerin?«
    »Gunnhildur wohnt bei uns.«
    »Kann ich mit ihr sprechen?«
    »Tja, kommt ganz drauf an. Auf ihre Laune zum Beispiel. Oder ob sie wach ist. Augenblick. Ich schaue mal nach.«
    Ich warte zwei Minuten.
    »Gunnhildur schläft gerade. Sie hat eine anstrengende Zeit hinter sich. Vor allem gestern und heute.«
    »Wieso, war irgendwas Besonderes?«
    »Es ist immer etwas Besonderes, sein Kind zu verlieren. Selbst wenn man weit über siebzig und nicht immer ganz klar im Kopf ist.«
    »Was ist denn passiert?«
    »Ihre Tochter ist gestern nach einem Unfall verstorben. Sie war am Samstag in die Vestari Jökulsá gefallen, hat eine schwere Kopfverletzung erlitten und ist nicht mehr zu Bewusstsein gekommen.«
    »Kannst du ihr bitte ausrichten, dass Einar angerufen hat?«
    »Mache ich.«
    Ich bedanke mich, lege auf und überlege, was Gunnhildur Bjargmundsdóttir wohl von mir will. Ist es möglich, dass ich zu allem Überfluss auch noch etwas bei meiner Nachricht über den Unfall vermasselt habe?
    Ich gehe nach Hause zu Snælda, wirbele in Vorfreude auf den Besuch meiner Tochter mit Besen und Wischlappen durch die Wohnung und lasse diesen Tag des Familienglücks und -unglücks hinter mir.

[home]
6
    Mittwoch/Gründonnerstag
    D as Schlimmste, was passieren konnte, ist eingetroffen.
    »Hi, Papa«, erklang Gunnsas helle Stimme.
    »Gunnsa, wie schön, deine Stimme zu hören. Hast du schon für morgen gepackt?«
    »Äh«, räusperte sie sich. »Bin gerade dabei. Allerdings nicht unbedingt für den Flug nach Akureyri. Ähäm.«
    Ich erschrak so, dass mir fast der Hörer aus der Hand fiel. »Was ist los? Stimmt irgendwas nicht? Bist du krank? Musst du ins

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