Todesgott
fröhlichem Gebell begrüßt. Am Empfang stehen Ásbjörn und Karólína mit Snúlli im Arm. Sie lächeln froh, während Jóa in der Ecke steht und grinst.
»Es hat funktioniert!«, sagt Ásbjörn. »Gerade war ein Mädchen hier und hat Snúlli zurückgebracht. Ihre Mutter hat heute Morgen den Artikel in der Zeitung gesehen.«
»Wo hat sie ihn denn gefunden?«, frage ich und tätschele das munter zappelnde Hündchen.
»Er hat sich unten am Hafen verlaufen, und das Mädchen hat ihn entdeckt, als irgendwelche Bengel ihn ins Wasser schmeißen wollten. Sie konnte ihnen Snúlli gerade noch entreißen.« Ásbjörn legt große Dramatik in seinen letzten Satz.
Karólína wischt sich mit der freien Hand über die Augen. »Wie werden diese Jungen eigentlich erzogen? Wie kann man einen süßen kleinen Hund nur so behandeln?«
Ich erinnere mich dunkel daran, dass sie ihren Ehemann gestern so ähnlich behandelt hat.
»Manchmal sind die Menschen die einzigen Kreaturen ohne Verstand«, sagt Ásbjörn ernst, wird dann aber wieder von Übermut gepackt. »Aber was soll’s. Ende gut, alles gut!«
Karólína küsst den Hund mitten auf die Schnauze. »Snúlli ist wieder zu Hause bei Papa und Mama.«
»Schön, schön«, sage ich und gehe in meinen Schrank. Dort erwartet mich bestimmt weniger Glückseligkeit.
Stimmt genau. Zuoberst auf den Papierstapeln auf meinem Schreibtisch liegen drei Nachrichten. Die erste ist von einem Mann namens Kjartan Arnarson, der mich um Rückruf bittet. Die zweite ist von Hannes, der ebenfalls angerufen werden möchte. Die dritte ist von irgendeiner Frau. Ich schließe die Schranktür, öffne das Fenster mit Blick auf den Giebel gegenüber und zünde mir eine Zigarette an. Dann nehme ich allen Mut zusammen und wähle Kjartans Nummer.
Eine junge Männerstimme antwortet: »Kjartan.«
»Mein Name ist Einar, ich bin vom
Abendblatt
. Ich habe eine Nachricht erhalten, dass ich dich zurückrufen soll, und ich glaube, ich weiß, warum.«
Stille. Er holt tief Luft. »Du glaubst also, du weißt, warum? Du weißt also, was du mir damit eingebrockt hast?«
»Ich kann mir vorstellen, was diese Äußerung ausgelöst hat, und ich kann dir kaum sagen, wie leid mir das tut.«
»Verdammte Heuchelei! Was für eine miese Doppelmoral!« Seine Stimme wird, trotz der Wortwahl, nicht lauter. »Warum zum Teufel hast du diesen Unsinn abgedruckt?«
»Ich kann wohl kaum davon ausgehen, dass du mir glaubst, aber diese Äußerung wurde gegen meinen Willen abgedruckt.«
»Nein, du kannst wirklich nicht davon ausgehen, dass ich dir das glaube. Ich danke Gott dafür, dass ich nicht verheiratet bin und keine Kinder habe. Kannst du dir vielleicht vorstellen, welchen Einfluss so ein dummer Witz auf eine Ehe und Familie haben könnte?«
»Ja, kann ich.«
Ich überlege, ob meine Loyalität gegenüber dem
Abendblatt
Trausti Löve mit einbezieht. Die Antwort lautet nein.
Trausti hat mein Vertrauen missbraucht. Ich bin ihm nichts schuldig.
»Ich habe dem Ressortleiter in Reykjavík von der Antwort des Mädchens erzählt und versucht, ihm klarzumachen, dass sie nicht druckreif ist. Aber er wollte sie trotzdem veröffentlichen.«
Kjartan lacht reserviert. »Jeder schiebt dem anderen die Verantwortung für diese Verleumdung in die Schuhe. Sehr würdevoll!«
»Hast du schon mit Trausti Löve gesprochen?«
»Ja. Er hat mir gesagt, dass alle Artikel aus dem Nordland von dir stammen.«
»Das stimmt ja auch an und für sich, aber ich entscheide nicht, was gedruckt wird.«
Er schweigt.
»Gib mir eine Stunde; ich muss mit dem verantwortlichen Chefredakteur sprechen. Kann ich dich gleich noch mal anrufen?«
»Sag ihm, dass ich froh sein kann, meinen Job nicht zu verlieren. Und sag ihm auch, dass Sólrún Bjarkadóttir für einen Monat von der Schule verwiesen werden sollte. Nur auf meine eindringliche Bitte hin hat der Direktor die Entscheidung rückgängig gemacht und sie lediglich verwarnt.«
»Der Direktor hat dir also geglaubt?«
»Sólrún hat sofort zugegeben, dass es ein schlechter Witz war. Sie ist völlig niedergeschmettert. Sie ist nur ein kleines Mädchen, das gern cool sein möchte. Eine Schande, dass ihr Jugendliche in solche Schwierigkeiten bringt …«
Wir verabschieden uns voneinander, wobei er immer noch ziemlich frostig wirkt.
Dann ist Hannes an der Reihe.
»Hannes, verstehst du jetzt, warum ich dem neuen Ressortleiter misstraut habe?«, sage ich und bin kurz davor, die Geduld zu verlieren.
»Ruhig, ruhig,
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