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Todesgott

Todesgott

Titel: Todesgott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Árni Thórarinsson
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Persönlichkeiten der Stadt und den Wahlkreisabgeordneten stattfinden werde, um über »den Zustand und die Aussichten« des Bezirks im Hinblick auf die Parlamentswahlen im Mai zu diskutieren.

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10
    Ostersonntag/Ostermontag
    W elchen Spruch hattest du denn heute in deinem Osterei, Trausti?«
    »Leg dich jetzt bloß nicht mit mir an, mein Freund«, sagt der Ressortleiter.
    »War es vielleicht das Sprichwort ›Wie groß der Kaiser auch ist, er regiert doch nicht den Himmel‹?«
    »Hahaha. Sehr, sehr witzig.«
    Ich gestehe, dass es mir eine gewisse Befriedigung bereitet, Salz in seine Wunde zu streuen und kräftig darin herumzustochern.
    Ich bin nun mal kein Gutmensch. ›Der Genügsame gibt sich mit wenig zufrieden‹, könnte in meinem Ei stehen, wenn ich eins hätte. Etwas Witzigeres fällt mir im Moment nicht ein.
    Aber mein bescheidenes Vergnügen ist nur von kurzer Dauer.
    »Du musst mit Jóa heute Nachmittag oder heute Abend nach Reyðargerði fahren, um über die Stadtversammlung morgen Mittag zu berichten.«
    Ich sitze draußen im Garten unseres Hauses, schaue den Kindern aus der Nachbarschaft beim Fußballspielen zu und blase Zigarettenrauch in den wolkenlosen Himmel.
    Verdammter Mist, denke ich an diesem friedlichen Ostersonntag, an dem niemand fluchen darf, zumindest nicht laut.
    »Willst du uns den Rest geben?«, fauche ich in den Hörer. »Wir wirbeln hier die ganze Zeit wie die Derwische durch die Gegend.«
    »Nachrichten finden leider nicht nur am Schreibtisch während der Bürozeiten statt. Ich dachte, du wüsstest das.«
    »Können wir nicht mal einen Tag ausspannen?«
    »Ich spanne auch nicht aus«, entgegnet der Ressortleiter. »Ich rede mit dir. Falls du glaubst, das entspräche meiner Vorstellung von Entspannung, bist du auf dem falschen Dampfer.«
    »Aber hier müssen Vermisstenmeldungen und Leichenfunde recherchiert werden, nur als Beispiel. Das sind doch spannendere Neuigkeiten als das Geschwätz der Politiker, die immer nur das von sich geben, was ihnen bei den nächsten Wahlen nützlich ist!«
    »Das ist gut möglich. Aber wir müssen in der Dienstagsausgabe über diese Versammlung berichten. Da brodelt es in allen Ecken. Wir dürfen es nicht verpassen, wenn das Wasser überkocht.«
    Vielleicht hat er ja recht. Aber in mir setzt sich der Gedanke fest, dass die neuen Eigentümer des
Abendblatts
 – deren Gegner behaupten, sie unterstützten das Sozialdemokratische Bündnis und dessen Vorsitzenden Sigurður Reynir – großes Interesse daran haben, ausführlich über einen möglichen Angriff auf die Vertreter der Regierungsparteien bei der Versammlung zu berichten.
    »Ist eine Übernachtung für zwei Personen wegen einer schwachsinnigen Politveranstaltung denn keine Geldverschwendung?«, sage ich, nur um Trausti noch ein bisschen mehr zu ärgern.
    »Ist das eigentlich eine Masche von dir, dich ständig auf Diskussionen mit dem Ressortleiter einzulassen?«
    Nur, wenn er ein Idiot ist, denke ich, sage aber: »Du bist dir doch wohl im Klaren darüber, dass die Frage des Tages aus Akureyri dann von der Dienstags- auf die Mittwochsausgabe verschoben werden muss, oder?«
    Er schweigt. »Okay. Wir erledigen das hier. Ich hab keine Lust, mich noch länger mit dir rumzustreiten, mein Freund. Gute Fahrt.«
     
    Aus alter Freundschaft lässt Óskar im ausgebuchten Hotel zwei enge, schlecht ausgestattete Kellerzimmer für Jóa und mich herrichten. Nachdem wir im Speisesaal ausgezeichnete isländische Lammkeule mit thailändischem Touch verspeist haben, schlendern Jóa und ich zum Reyðin. Am Abend des Ostersonntags um kurz vor elf ist die Kneipe halbvoll, etwa vierzig Mann, die meisten Zugezogene. Die morgige Veranstaltung wird nicht für diese Leute abgehalten. Sie würden kein Wort von den Reden verstehen, und ihre Stimmen zählen nicht. Dennoch findet die Veranstaltung größtenteils wegen ihrer Anwesenheit, deren Ursachen und Folgen statt.
    Ich halte vergeblich nach Agnar Hansen und seinen Kumpanen Ausschau. Dann gehe ich zur Theke und bestelle bei der mir bereits bekannten feschen Bedienung, die mich freundschaftlich begrüßt, einen Kaffee für mich und ein kleines Bier für Jóa.
    »Wie läuft’s?«, frage ich.
    »Super Business«, entgegnet Elín lächelnd.
    »Aber kein Business durch Aggi, oder?«
    »Nein, trotz der Mengen, die der trinkt, bringt er nicht viel Umsatz. Er lässt anschreiben, und manchmal zahlt sein Vater und manchmal nicht.«
    »Ich hab gehört, er hätte hier

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