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Todesgott

Todesgott

Titel: Todesgott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Árni Thórarinsson
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Mensch?«
    »Ein anderer Mensch.«
    »Einar möchte sich nicht ändern«, wirft Jóa ein. »Für ihn sind alle Veränderungen negativ.«
    »So ein Quatsch«, sage ich beleidigt. »Ich hab zum Beispiel seit zwei Monaten keinen Tropfen Alkohol mehr angerührt.«
    »Okay«, sagt Jóa weiter, »man sollte vielleicht besser sagen, du bist der Meinung, dass Veränderungen zum Verzicht auf angestammte Rechte deines Charakters führen.«
    Ich muss lachen. »An deiner Analyse ist wahrscheinlich was Wahres dran, Jóa. Ziemlich viel sogar.«
    »Aber diese Sache mit Skarphéðinn«, sagt Aðalheiður, »steht natürlich noch ganz am Anfang. Und da wir nur einmal in der Woche erscheinen, haben wir im Vergleich zu den Tageszeitungen – und ganz zu schweigen von Rundfunk und Fernsehen – nicht viele Möglichkeiten, Exklusivnachrichten zu bringen.«
    »Du bist ja anscheinend wieder ganz der Alte, Einar«, sagt Jóa. »Noch nicht ganz in dieser idyllischen Stadt angekommen und schon vollauf mit Schlagzeilen über Verbrechen beschäftigt. Where you go, trouble follows.«
    »Trouble gibt’s weit und breit genug; da kann ich gar nicht überall sein.«
    »Eins kann ich dir trotzdem sagen, falls du es noch nicht weißt«, erklärt Aðalheiður. »Ich höre überall, dass man diese Gang aus Reyðargerði mit Skarphéðinns Verschwinden in Verbindung bringt.«
    »Mit seinem Verschwinden?«, frage ich neugierig. »Und was ist mit seinem Tod? Sollen die ihn umgebracht haben?«
    »Das hat noch niemand behauptet. Aber sie waren zu Ostern in der Stadt.«
    »Ich weiß«, entgegne ich. »Hab’s gestern in Reyðargerði gehört. Und kurz nachdem wir uns am Mittwochabend verabschiedet haben, hab ich den Obermacker, Agnar Hansen, beim Autokorso in der Strandgata gesehen.«
    »Was?«, fragt Jóa. »Konntest du erkennen, wer noch dabei war?«
    »Nein, leider nicht. Ich hab ihn nur auf dem Rücksitz gesehen.«
    »Hast du das der Polizei erzählt?«, fragt Aðalheiður.
    Ich zucke zusammen. »Nein, noch nicht. Es ist ja erst seit gestern Abend klar, um wessen Leiche es sich handelt und dass der Tod gewaltsam herbeigeführt wurde. So nennt man das wohl, wenn es um die Bestätigung von Mord, Totschlag oder Ähnlichem geht.«
    Wir schweigen einen Moment.
    »Außerdem«, fahre ich fort, »hat noch keiner die Gang aus Reyðargerði mit der Sache in Verbindung gebracht. Jedenfalls nicht mir gegenüber. Du bist die Erste, Heiða.«
    »Ich behaupte das ja nicht. Ich gebe nur wieder, was ich in der Stadt so höre.«
    »Du hast das also nicht von der Polizei?«
    »Nein, nein. Das ist nur die berühmte öffentliche Meinung.«
    »Die berühmte öffentliche Meinung kann ganz schön bedenklich und gefährlich sein. Es ist immer leicht, Fremde zu beschuldigen, wenn irgendwo was Unangenehmes oder Ungewöhnliches passiert ist.«
    Gut, dass Trausti Löve die öffentliche Meinung aus Akureyri nicht zu Ohren kommt. Dann wäre erst recht die Hölle los.
    Aðalheiður stellt ihre Kaffeetasse ab, erhebt sich aus dem Stahl und Leder und möchte offensichtlich weiterarbeiten. »Ja. Bei uneindeutigen Meldungen können wir uns alle kaum zurückhalten und versuchen, die Lücken selbst aufzufüllen«, sagt sie. Dann fügt sie lächelnd hinzu: »Aber das tun wir bei der
Akureyri-Post
nie. Wir handeln verantwortungsbewusst, ohne die Realität du-weißt-schon-was.«
     
    Am Nachmittag drücke ich mich auf der Polizeiwache in der Þórunnarstræti herum. Ich tue das nicht in der Hoffnung, dass es viel bringen wird. Ich tue es, um mich in Szene zu setzen, zu sehen und gesehen zu werden. Sprich: um die Aufmerksamkeit von einem bestimmten Informationskanal abzulenken und durchblicken zu lassen, dass ich mich mit mehr als einer oder zwei Personen unterhalte. Ich versuche, im wahrsten Sinne des Wortes, Spuren zu verwischen.
    Ansonsten bringt mir das Herumlungern rein gar nichts. Auf der Wache ist die Atmosphäre elektrisch aufgeladen; die Spannung ist fast greifbar. In den hiesigen Gefilden gab es schon lange keinen Kriminalfall dieses Kalibers mehr. Die Polizisten reagieren unterschiedlich auf mich; die meisten sind höflich, aber wortkarg, einige unfreundlich und mir und dem
Abendblatt
gegenüber misstrauisch. Nachdem ich eine knappe Stunde am Empfang herumgehangen und versucht habe, die vorbeikommenden Polizisten in Gespräche zu verwickeln, habe ich meine Pflicht getan und verschwinde.
    Hauptkommissar Ólafur Gísli Kristjánsson hat sich während meiner Anwesenheit nicht am

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