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Todesgott

Todesgott

Titel: Todesgott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Árni Thórarinsson
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ganzen Geschichte, fand ich, als ich gestern Abend mit Snælda den Film ansah – ich ausgestreckt auf dem Sofa mit Popcorn und Cola, sie zwischen meinem Kragen und meinem Hemdausschnitt hin und her trippelnd, ab und zu kleine, runde Häufchen von sich gebend, die an Marzipan mit schwarzweißem Überzug erinnern. Es war ein überaus romantischer Abend, begleitet vom Pfeifen des Windes an der Dachtraufe und vom Takt der umherschlagenden Wäscheleine im Garten.
    Ritter der Straße
entpuppte sich als mittelmäßige Teenie-Romanze über die erste Liebe zwischen einem wunderschönen Mädchen aus einer vornehmen, begüterten Familie aus Garðabær und einem rebellischen Jungen aus ungeordneten Verhältnissen. Der Junge wohnt mit seiner alleinerziehenden Mutter, die vom Land kommt, im Reykjavíker Vorort Breiðholt. Er ist schlecht in der Schule, aber umso cooler auf seinem Feuerstuhl, denn er ist der Boss einer wagemutigen Jugendgang, die einen verschlüsselten Geheimcode entwickelt hat. Der Vater des Mädchens versucht natürlich, das junge, verliebte Paar auseinanderzubringen. Doch als der Vater Ärger mit echten Kriminellen hat, kommt ihm der Ritter der Straße mit seinen Freunden zu Hilfe und zeigt sein wahres Ich. Das Ende des Films erklärt sich von selbst.
    Als weitere Variante des Romeo-und-Julia-Motivs ganz in Ordnung, denke ich beim Morgenkaffee. Klar hätte ich Spaß daran gehabt, wenn ich im Alter der Protagonisten gewesen wäre. Hätte die Musik und die Stimmung des Films, der Anfang der achtziger Jahre spielt, toll gefunden.
    Da war Skarphéðinn Valgarðsson, jung, gutaussehend und mit engelsgleichen Gesichtszügen; er ging voll und ganz in seiner Rolle auf – heiser, im Stimmbruch und mit durchtrainiertem Körper brauste er auf seinem Feuerstuhl durch die Straßen der Stadt.
    Und dann tauchte Örvar Páll Sigurðarson in einer Nebenrolle als korpulenter Polizist auf. Unter den jungen Schauspielern kam mir ein weiteres Gesicht bekannt vor, aber ehe mir einfiel, woher, war ich eingedöst.
     
    Jóa ist vor mir im Büro. Sie sitzt in der kleinen Küche und unterhält sich mit Ásbjörn. Karólína ist nicht da; sie war schon eine ganze Weile nicht mehr bei der Arbeit. Ásbjörn ist die ganze Zeit wie ein gehetzter Hund zwischen seinem Büro und dem Empfang hin- und hergelaufen, hat das Telefon beantwortet, sich um die Zeitungsausträger und -verkäufer und Gott weiß wen gekümmert. Heute sieht er nicht gut aus, hat am Hinterkopf zerzaustes und in der Stirn fettiges Haar und verquollene Augen.
    Jóa, die kaum noch nach Hause zu mir und Snælda in unser gemeinsames Heim kommt, verkündet: »Ich darf länger im Nordland bleiben.«
    »Super!«, entgegne ich. »Mir hat schon vor dem Abschied Ende der Woche gegraut. Wie viel länger wird das denn sein?«
    »Ich habe vorgeschlagen«, wirft Ásbjörn ein, »dass Jóa mir zwischendurch hier im Büro zur Hand geht. Karó geht’s zur Zeit nicht so gut, und ich schaffe es allein einfach nicht.«
    »Das Fotografieren nimmt nicht so viel Zeit in Anspruch, so dass ich mich hier nebenbei nützlich machen kann«, fährt Jóa fort. »Ich möchte noch ein bisschen hierbleiben.«
    Ich lächle ihr zu. »Das ist mir nicht entgangen. Snælda und ich sehen dich ja kaum noch in unserer WG . Hast du den Hafen verlassen?«
    Jóa lächelt zurück. »Umso mehr Gelegenheit für Snælda und dich, euer Verhältnis zu vertiefen. Neue Dinge auszuprobieren.«
    Sogar Ásbjörn lacht einen Moment lang mit uns. Dann steht er auf und watschelt in sein Büro.
    »Hat Karó was Ernstes?«, flüstere ich Jóa zu.
    »Keine Ahnung. Ásbjörn meint, seine Gemahlin wäre ein bisschen angespannt. Ich hab nicht weiter gefragt. Ich bin ganz zufrieden mit der neuen Situation.«
    »Ich wäre allerdings auch angespannt, wenn ich mit Ásbjörn verheiratet wäre«, sage ich und schlendere in den Schrank, nachdem ich Jóa gebeten habe, die Wohnstätten von Ágústa Magnúsdóttir und Skarphéðinn zu fotografieren und danach in die Schule zu fahren und ein paar Schnappschüsse zu machen. Ich möchte selbst heute Nachmittag dort vorbeischauen und versuchen, mit dem Direktor zu sprechen.
    Als ich an meinem Schreibtisch sitze, blättere ich als Erstes im Telefonbuch. Der Regisseur Friðbert Sumarliðason ist wohnhaft in Reykjavík und hat eine Festnetz- und eine Mobilnummer angegeben. Bei der ersten Nummer geht niemand ran, aber ich erreiche ihn auf seinem Handy.
    Ich stelle mich und mein Anliegen vor.
    »
Ritter

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