Todesgott
Firmen.«
»Ich hab gehört, dass die Party am Mittwochabend hier stattgefunden hat. Da waren sie wohl beide nicht zu Hause, oder?«
»Sie sind sehr selten zu Hause.«
»Hast du noch Geschwister?«
»Eine jüngere Schwester. Sie ist im Internat in Laugar.«
Ágústa wirkt so verzweifelt, dass es mir schwerfällt, das Gespräch fortzusetzen. »Möchtest du lieber, dass ich gehe?«, frage ich.
Sie hebt den Kopf vom Küchentisch. »Nee. Ich versuche, deine Fragen zu beantworten. Hast du eine Zigarette?«
Ich hole das Päckchen heraus, gebe ihr eine und nehme mir selbst auch eine. Wir rauchen eine Weile schweigend. Im Garten vor dem Fenster pfeift es in den nackten Zweigen, und die Wäsche an der Leine weht waagerecht in der Luft.
Ágústa hat sich bereit erklärt, mit mir zu sprechen, wenn ihr Name nicht genannt wird. Sie protestiert nicht, als ich das Aufnahmegerät einschalte. »Wie kam es zu dieser Party?«
»Wir hatten alle so hart gearbeitet. Wollten ein bisschen runterkommen und Spaß haben, um das Lampenfieber vor der Premiere in den Griff zu kriegen. Ich wusste, dass niemand zu Hause sein würde, und hab allen gesagt, dass hier Open House ist.«
»Wenn du Open House sagst, meinst du damit, dass die Party jedem offenstand, auch wenn er nicht im Theaterverein war oder direkt mit der Aufführung zu tun hatte?«
Ágústa schaut mich sonderbar an. »Hast du noch nie eine Party gemacht?«
»In den letzten zehn, fünfzehn Jahren nicht, glaube ich. Wieso?«
»Weil manchmal eben mehr Leute kommen, als man eingeladen hat. Manche bringen noch jemanden mit. Andere kommen einfach von der Straße aus rein.«
»Und war das an diesem Abend auch so?«
Sie drückt die Zigarettenkippe aus. »Ich hab keinen Eintritt verlangt. Die Leute kamen und gingen. Nach einer Weile achtet man nicht mehr darauf.«
»Die Leute haben sich also frei im Haus bewegt, ohne dass du sie alle im Blick hattest? Oder alle kanntest?«
»Klar. Die meiste Zeit war ich hier in der Küche und hab mich unterhalten.«
»Was glaubst du, wie viele da waren?«
Sie schüttelt den Kopf. »Ich weiß nicht. Vielleicht dreißig. Wie gesagt, ich hab die Leute nicht gezählt oder beobachtet.«
»Und Skarphéðinn? Wann ist der gekommen?«
Sie überlegt. »Die Polizei hat mich das alles schon gefragt, und ich kann dir auch keine andere Antwort geben. Ich bin mir einfach nicht sicher. Vielleicht gegen elf.«
»Und wann ist er gegangen?«
»Ich hab nicht die geringste Ahnung. Ab einem gewissen Zeitpunkt kriegt man die Uhrzeit echt nicht mehr mit. Geschweige denn sonst irgendwas.«
Ich weiß nicht, was ich von diesen Antworten oder Nicht-Antworten halten soll. Vielleicht sind Partys nun mal so. Zeitlos und formlos. Unplanbar und unvorhersehbar. Dennoch wage ich zu fragen: »Waren die Gäste sehr betrunken?«
In ihren grünen Augen blitzt ein winziges Lächeln auf, gelangt jedoch nicht bis zu ihrem Mund. »Kann schon sein.«
»Und die Gastgeberin?«, sage ich und lächle zurück.
»Ich hab mich amüsiert.«
»Mit wem ist Skarphéðinn gekommen?«
»Hab ich nicht gesehen.«
»Mit wem ist er gegangen?«
»Hab ich auch nicht gesehen.«
»Wart ihr eng befreundet?«
Sie schaut aus dem Fenster. »Wir kannten uns ganz gut.«
»Wer waren seine besten Freunde? Mit wem könnte ich sonst noch sprechen?«
»Skarphéðinn hat …« Sie verstummt, setzt noch einmal an. »Skarphéðinn hatte viele Freunde. Er war sehr beliebt. Ich glaube, ich hab noch nie jemanden in meinem Alter getroffen, der so viele Leute kannte wie er.«
»Und wer kannte ihn am besten?«
Sie denkt nach. »Das kann ich nicht sagen. Skarphéðinn war in mehreren Cliquen. In vielen verschiedenen.«
»Und wie hat er sich mit dem Regisseur Örvar Páll verstanden?«
Ágústa antwortet nicht sofort. »Ziemlich gut«, sagt sie dann, »wenn man bedenkt, dass sich Skarphéðinn mehr für das Stück als für den Regisseur interessiert hat.«
»Hat er Örvar provoziert?«
»Ja, Örvar war ihm gegenüber unsicher. Ich glaube, Skarphéðinn hat ihn mehrmals aus der Fassung gebracht.«
»Warum hat Örvar dieses Projekt übernommen?«
»Es standen ein paar Namen im Raum. Aber ich glaube, Skarphéðinn hat ihn vorgeschlagen und gemeint, er würde bestimmt keinen Ärger machen.«
»Keinen Ärger machen?«
»Ja. Und Örvar Páll hat sofort zugesagt.«
»Er hat behauptet, er sei gegen die Party gewesen, so kurz vor der Premiere. Stimmt das?«
»Ja, er hat sich darüber ein bisschen mit
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