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Todesgott

Todesgott

Titel: Todesgott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Árni Thórarinsson
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hätte meine Mutter umgebracht?«
    »Ja, das hat sie durchblicken lassen.«
    »Um Gottes willen, nimm das bloß nicht ernst. Meine Großmutter ist eine alte, erschöpfte und verbitterte Frau.«
    »Okay …«
    »Ohhh«, klingt es aus dem Inneren der Wohnung. »Das arme Aa.«
    »Mach’s gut«, sagt der Volkswirt. »Ich muss mich jetzt um diese Drecksarbeit kümmern.«
    »Papa! Guck mal, ich male mit dem Aa …«
     
    Das ist wirklich Drecksarbeit, und Drecksarbeit ist nun mal so.
    Am Abend versuche ich, Trausti Löve davon zu überzeugen, die Titelseite umzustellen und eine Meldung hineinzunehmen, dass ein zwanzigjähriger Mann im Zuge der Ermittlungen des Todes von Skarphéðinn Valgarðsson in Akureyri für fünf Tage in Untersuchungshaft genommen wurde. Infolgedessen setzt Trausti mich ungewöhnlich freundlich darüber in Kenntnis, dass Samstagabend ist und morgen keine Zeitung erscheint.

[home]
16
    Sonntag
    A uf Freitag folgt Samstag, und auf Samstag folgt Sonntag. Das habe ich vor Urzeiten, eine ganze Weile bevor ich aufs Gymnasium kam, einmal gelernt, aber im Trubel meines neuen Daseins, meines ausschweifenden Privatlebens und meiner aufregenden Freizeitgestaltung offenbar wieder vergessen. Vor nicht allzu langer Zeit habe ich mich sehr, wenn nicht gar ausschließlich auf Wochenenden und Ferien gefreut. Jetzt scheinen weder Wochenenden noch Ferien eine Rolle zu spielen.
    Dieser Sonntag beginnt damit, dass ich den Sand auf Snældas Käfigboden auswechsle und ihr zur Feier des Tages einen Schokokeks zum Knabbern gebe. Dann stehe ich lange, lange Zeit am Küchenfenster, mit einer Tasse Kaffee in der einen und einer Zigarette in der anderen Hand, und lasse meine Gedanken schweifen. Draußen ist es noch winterlich, und wenn mich nicht alles täuscht, fallen sogar vereinzelte Schneeflocken vom Himmel, die uns in dieser Zeit des Optimismus und des Wohlstands daran erinnern, dass wir immer noch im selben Land leben. Die Zeiten ändern sich, der Standort nicht. In den umliegenden Gärten sind keine fußballspielenden Kinder zu sehen.
    Ich begutachte die CD -Sammlung, die die Wohnungseigentümerin zurückgelassen hat. Ich hatte keine Lust, meine eigene Sammlung mit in den Norden zu nehmen. Fast ausschließlich Opern und Symphonien, aber dann stoße ich auf eine CD von R. E. M., und als
Man on the Moon
das Wohnzimmer erfüllt, fühle ich mich wie zu Hause. Bin auf meinem eigenen Mond gelandet.
    Now, Andy did you hear about this one?
    Tell me are you locked in the punch?
    Hey, Andy are you goofing on Elvis?
    Hey, baby, are you having fun?,
    schallt es aus den Boxen, als das Telefon klingelt.
    »Hier ist Ásgeir Eyvindarson«, sagt eine barsche Männerstimme. »Mit wem spreche ich?«
    »Einar.«
    Ich höre, wie er damit kämpft, ruhig zu bleiben, was ihm schlecht gelingt. »Mein Sohn Guðmundur hat mir gesagt, du hättest ihn gestern angerufen und abwegige Andeutungen und Beschuldigungen hinsichtlich meiner Person geäußert.«
    »Das ist ein absolutes Missverständnis.«
    »Das ist totaler Unsinn und dummes Gewäsch einer verkalkten Alten. Wie kommst du dazu, dich einer trauernden Familie gegenüber so zu verhalten?«
    »Ich hab deinem Sohn nur erzählt, was deine Schwiegermutter mir anvertraut hat. Sie ist selbstverständlich auch in Trauer, und …«
    Er hört sofort auf, über seine trauernde Familie zu sprechen, und geht in die Offensive. »Dir muss doch klar sein, wie ernst diese Anschuldigungen sind. Das ist Verleumdung!«, brüllt er in den Hörer.
    Ich werde langsam sauer. »Aber hast du nicht gerade gesagt, Gunnhildur wäre senil und unzurechnungsfähig?«
    »Natürlich ist sie das! Dieses boshafte Weibsstück hatte es schon immer, seit dem Beginn meiner Ehe mit Dísabjörk, auf mich abgesehen.«
    Ich kann mich nicht zurückhalten. »Ach ja? Das ist also gar nichts Neues, was sich auf Alter oder Verkalkung oder so zurückführen lässt?«
    »Ha! Jetzt wirst du zu allem Überfluss auch noch unverschämt!«
    »Ich habe nichts über dieses Thema veröffentlicht und hatte auch gar nicht vor, das zu tun. Und ich begreife dieses Theater nicht. Ich war schlicht und ergreifend der Meinung, dass Gunnhildur, auch wenn sie nicht mehr die Jüngste ist, ein Recht auf ihre eigene Meinung hat, und ich wollte herausfinden, was dahintersteckt. Das ist alles.«
    »Ich warne dich«, sagt Ásgeir Eyvindarson. Seine Stimme ist gespannt wie ein Flitzebogen.
    »Wovor warnst du mich?«
    »Ich warne dich, weiter in den leidvollen

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