Todeshunger
hören sich nicht gerade überzeugt an.«
Das Schweigen dauert an, während er über meine Worte nachdenkt.
»Bin ich auch nicht. Ich meine, verstehen Sie mich nicht falsch, ich weiß, was getan werden muss und dass dies vermutlich der einzige Weg ist. Es ist nur …«
»Sie wollen nicht sterben.«
»Genau.«
»Ich auch nicht«, gebe ich zu. »Wer schon?«
»Niemand, der seine fünf Sinne beisammen hat. Die reden alle über diesen Kampf, als wäre er ein heiliger Krieg oder so, und das macht mich nachdenklich. Ich will nicht mitten in der Stadt sein, wenn sie sie dem Erdboden gleichmachen, so wie London.«
»Aber es muss passieren. Das können Sie nicht leugnen.«
»Ich weiß … ich bin nur nervös, klar?«, gibt er zu, spricht aber mit gedämpfter Stimme. »Ich ertrage dieses ständige Warten nicht. Sie wissen ja, wie das ist, wenn man weiß, dass man kämpfen muss – man will einfach losziehen und damit anfangen.«
Er hat recht. Es tut gut, jemanden zu finden, der ebenfalls kein Blatt vor den Mund nimmt. Die meisten anderen sind so sehr damit beschäftigt, Propaganda und blödsinnige Durchhalteparolen von sich zu geben, dass sie nicht zugeben können oder wollen, wie mulmig ihnen in Wirklichkeit ist. Sie reden, wie Brutalos meiner Meinung nach denken – aufs Töten fixiert, koste es, was es wolle.
»Sind Sie schon lange hier?«, frage ich.
»Ich kam einen halben Tag vor Ihnen her.«
»Und Sie waren in diesem Kloster bei Sahota?«
Er nickt.
»Das haben wir alle durchgemacht. Öffnet einem die Augen, was?«
Parsons starrt ins Leere und denkt angestrengt nach. Ich spüre, dass er mehr sagen möchte, aber nicht sicher ist, ob er offen sprechen kann. Vielleicht glaubt er, dass ich seine Entschlossenheit prüfe? Ich betrachte sein müdes Gesicht.
Er sieht aus, als wäre er zehn Jahre älter als ich, und ich frage mich, was wir gemeinsam haben, dass wir beide geeignete Kandidaten für Sahotas Organisation waren.
»Und, haben Sie es geglaubt?«
»Was?«
»Das Zeug, das die Unveränderten in Sahotas Anwesen erzählt haben. Den Teufelskreis durchbrechen und diesen ganzen Mist …?«
Ich antworte nicht sofort. Kann ich diesem Mann vertrauen? Jetzt frage ich mich, ob er meine Entschlossenheit prüft.
»Manches«, antworte ich absichtlich vage. »Und Sie?«
»Bis zu einem gewissen Punkt stimme ich dem meisten zu. Aber was Sahota sagte, hat mir mehr Angst gemacht. Ich habe das Gefühl, die benutzen uns nur als …« Er verstummt unvermittelt.
»Gibt’s ein Problem?«
»Hören Sie …«
Ich stehe hastig auf und gehe in die Bar hinaus. Jemand klopft an die Tür des Notausgangs, durch die ich gestern hereingekommen bin. Abgesehen von Parsons und mir hält sich niemand hier unten auf; mir wird klar, dass ich mich um die Person da draußen kümmern muss. Schnell durchquere ich den Raum, schnappe mir einen abgebrochenen Billardschläger als Waffe, stelle mich neben die Tür und warte. Das Hämmern geht weiter. Die Tür ist solide – ich kann nur erfahren, wer draußen ist, wenn ich sie öffne.
»Na los«, zischt Parsons durch den Raum. Feiger Wichser, warum kommt er nicht selbst her und macht auf? Aber statt zu diskutieren, hole ich tief Luft, umklammere den Schläger fester und öffne die Tür. Ein Teenagermädchen
steht vor mir und sieht so nervös aus wie ich, als ich hier eintraf. Sie muss um die fünfzehn sein. Sie ist eine von uns.
»Ich suche nach Julia Chapman«, sagt sie mit überraschend selbstsicherer und kräftiger Stimme.
»Und wer sind Sie?«, erwidere ich, da ich mich an meine erste Begegnung hier erinnere.
»Mein Name ist Sophie Wilson«, antwortet sie und schlägt sich sehr viel besser als ich, »und ich habe eine Nachricht von Sahota für sie.«
Ich lasse sie ein, werfe einen kurzen Blick nach draußen, um mich zu vergewissern, dass ihr niemand gefolgt ist, dann schließe und verriegle ich die Tür wieder.
Ich führe sie durch das unheimlich stille Gebäude; Parsons folgt uns in gehörigem Abstand. Ich bringe sie nach oben, wo ich Julia zuletzt im Gespräch mit Craven gesehen habe, aber sie ist nicht da. Er zeigt zur Decke. Ich kehre um und gehe auf das Dach, wo ich in der plötzlichen Helligkeit meine Augen abschirme. Die Sonne steht riesig am klaren Himmel über uns. Julia sitzt auf einem der Klappstühle unter der Plane und sieht mit einem Fernglas zum Stadtzentrum. Als sie uns kommen hört, lässt sie es sinken.
»Das ist …«, setze ich an.
»Sind Sie Julia?«, fragt
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