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Todesinstinkt

Todesinstinkt

Titel: Todesinstinkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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wandte den Blick ab. »Reden wir nicht mehr über ihn. Bitte.«
    »Was sind Sie ihm schuldig? Sie haben den Mann gepflegt, als er krank war, aber Sie benehmen sich, als hätte er Sie gerettet. Als hätten Sie ihm Ihr Leben zu verdanken.«
    »Sie können nicht begreifen, was ich ihm schuldig bin.« Sie musterte ihn. »Erwarten Sie, dass ich sage, ich liebe Sie mehr als ihn? Dass ich ihn Ihretwegen aufgebe? Das werde ich nicht, tut mir leid. Sie sollten mich nicht lieben. Sie sollten ... mich einfach in Ruhe lassen.« Sie verschwand in ihrer Kabine und kam nicht mehr zurück.

    A ls Younger am letzten Abend der Reise über die unergründliche Kraft nachgrübelte, die Colette aus Tausenden von Kilometern Entfernung zu ihrem Soldaten zog, streifte ihn die Frage, was die größere Illusion war: die Bewegung der Sterne, die im Verlauf einer Nacht langsam über den Himmel zu wandern schienen, oder die Reglosigkeit der Erde, die in Wirklichkeit mit unvorstellbarer Geschwindigkeit um die Sonne rotierte.
    Wie konnte es sein, dass ein Mann, den Colette nur wenige Monate gekannt hatte, solche Macht auf sie ausübte oder dass diese Französin solche Macht über ihn, Younger, ausübte – gegen seinen Willen, gegen seine Vernunft und sein Urteilsvermögen? Er hatte das Gefühl, eine Umlaufbahn um sie zu beschreiben, die ihn erst immer näher zu ihr und dann wieder wegführte, ohne dass es ihm gelang, die letzte Distanz zu ihr zu überbrücken. Ob die Erde ihre Kreisbewegung um die Sonne auch als endlose Qual empfand?
     
    D as Sanatorium Amityville auf Long Island machte einen makellos weißen und gesunden Eindruck, nur Edwin Fischer, sein neuester Bewohner, wirkte unzufrieden. Verschwunden war die gut gelaunte Geselligkeit, die er vor einem Monat bei seiner Inhaftierung in New York an den Tag gelegt hatte.
    »Wie behandelt man Sie, Fischer?« Littlemore setzte sich auf einen Stuhl im Besuchsraum.
    »Die Popen waren schon immer gegen mich«, erwiderte der Angesprochene. »Sind Sie katholisch, Officer?«
    »Ich nicht, aber meine Frau.«
    »Keiner von den Popen war je ein richtiger Katholik. Natürlich
tun sie so, aber das ist alles nur Lüge. Sie nutzen ihre Macht gegen mich aus. Warum sind Sie hergekommen?«
    »Komisch, diese Frage habe ich mir auch gerade gestellt.«
    »Soll ich Ihnen erklären, warum die Popen wollen, dass ich hinter Schloss und Riegel bin?«
    »Weil Sie verrückt sind?«
    »Sie glauben mir nicht, dass ich Agent des US-Geheimdienstes bin.«
    »Das sind Sie nicht.«
    »Weshalb sagen Sie das?« Fischer wirkte ehrlich gekränkt. »Das nehme ich Ihnen übel. Sind Sie vom Geheimdienst?«
    »Nein.«
    »Sind Sie der Finanzminister?«
    »Warum?«, fragte Littlemore.
    »Wenn Sie es wären, wären Sie für den Geheimdienst zuständig. «
    »Das glaube ich nicht.«
    »Sie glauben nicht, dass Sie der Finanzminister sind? Die meisten Menschen wären sich ganz sicher, ob ja oder nein.«
    »Ich arbeite zufällig für den Finanzminister, aber ich glaube nicht, dass er für den Geheimdienst zuständig ist.«
    »Dann ist er ein Hochstapler. Ich weiß, warum Sie hier sind.«
    »Ach?«
    »Sie sind hier, um mich hier herauszuholen.«
    »Nein, bin ich nicht.«
    »Doch. Und um mich zu fragen, wann ich die erste Vorahnung von dem Bombenattentat an der Wall Street hatte.«
    Littlemore fuhr unwillkürlich hoch.
    »Habe ich Recht?«, fragte Fischer.
    »Mich laust der Affe. Woher wissen Sie das?«

    »Waren Sie am Bahnhof, als mich die Polizei aus Kanada hergebracht hat, Captain?«
    »Nein. Also, wann haben Sie sie gehabt — die erste Vorahnung? «
    »Ich liebe Bahnhöfe. Immer wenn ich in eine neue Stadt komme, schlendere ich stundenlang im Bahnhof herum. Da fühle ich mich zu Hause. Grand Central Station ist wie ein zweites Zuhause für mich.«
    »Schön. Wann hatten Sie die erste Vorahnung?«
    »Werden Sie was gegen die Popen unternehmen?«
    »Ich sehe zu, was sich machen lässt.«
    »Ende Juli, glaube ich. Auf jeden Fall vor dem Ost-West-Turnier. Gleich nachdem ich beschlossen hatte, nicht nach Washington zu fahren. Ihnen ist doch sicher bekannt, dass ich ein Berater von Mr. Wilson bin?«
    »Damit meinen Sie vermutlich Präsident Wilson.«
    »Im Jahr 1916 habe ich Mr. Wilson geraten, dem Krieg ein Ende zu bereiten, weil sonst viele Menschen sterben würden. Auf diese Weise wurde ich zum Geheimagenten. Er wollte sich mit mir treffen, aber seine Referenten haben es nicht erlaubt. Zweifellos bedauert er diese Entscheidung heute

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