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Todesinstinkt

Todesinstinkt

Titel: Todesinstinkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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nicht erscheinen, wird Ihre Kaution aufgehoben, es wird Haftbefehl erlassen, und ich muss die Kautionsanleihe bezahlen. Sie müssen kommen, Doc.«
    »Versprochen.«

    »Ich fahre mit dem Nachmittagszug nach New York. Wollen Sie und die Miss uns nicht zum Abendessen besuchen? «
     
    E in Page klingelte und gab einen Packen Telegramme ab, die in der vergangenen Woche eingetroffen waren. »Von Freud«, bemerkte Younger. »Ich habe ihm gesagt, wo wir absteigen.«
    »Schnell, mach sie auf.« Ungeduld lag in Colettes Stimme.
    Das erste Telegramm war nur wenige Tage nach ihrer Abreise in Le Havre abgesandt worden.
    7 NOV 1920
    JUNGE WOHLAUF. HAT SICH MIT ZWEI BRITISCHEN SCHÜLERN ANGEFREUNDET. ZOO BESUCHT. VERMUTE VERWICKLUNG DES VATERS IN LUCS SYMPTOME. BITTE FRAGEN SIE MADEMOISELLE ROUSSEAU OB SIE SICH AN MISSHANDLUNG DURCH VATER AN IHR ODER BRUDER ERINNERT. FREUD
    »Misshandlung an mir?« Colette wirkte etwas verwirrt. »Das ist das zweite Mal, dass er fragt. Was meint er denn damit?«
    Younger wusste genau, was Freud meinte, verzichtete aber auf eine Antwort. »Was ist mit Luc? Hat dein Vater — ich weiß nicht – ihn je geschlagen?«
    »Vater war in Luc vernarrt. Er war der liebste Mensch der Welt. Was steht im nächsten?«
    Younger öffnete das zweite Telegramm.

    11 NOV 1920
    LETZTE NACHRICHT IGNORIEREN. JUNGE REDET JETZT MIT MIR. NOCH FLÜSTERT ER NUR ABER ERWARTE VOLLSTÄNDIGE HEILUNG BINNEN WOCHEN NICHT MONATEN. MEHR IN KÜRZE. FREUD
    »Mon dieu«, rief Colette aufgeregt. »Das nächste bitte.«
    13 NOV 1920
    LUC HAT WIEDERKEHRENDEN TRAUM. IST WIEDER IM SCHLAFZIMMER SEINES GEBURTSHAUSES. MITTEN IN DER NACHT. TRITT ANS FENSTER. IM BAUM LAUERN WÖLFE DIE IHN BEOBACHTEN. TRAUM IST UMKEHRUNG VON LATENTEM INHALT. JUNGE TRÄUMT BEOBACHTET ZU WERDEN WEIL ER ETWAS GESEHEN HAT WAS ER NICHT HÄTTE SEHEN DÜRFEN. ZWEIFELLOS VATER BETEILIGT. ABER SEHR WAHRSCHEINLICH AUCH SCHWESTER. FREUD
    Colette war bestürzt. »Warum soll ich beteiligt sein?«
    »Da ist noch ein letztes.« Younger las vor.
    17 NOV 1920
    RÜCKSCHLAG. LUC REDET NICHT MEHR. WILL SICH NICHT MEHR ÄUSSERN WEDER DURCH FLÜSTERN NOCH DURCH SCHREIBEN NOCH DURCH GESTEN. MADEMOISELLE ROUSSEAU SOLL SICH NICHT BEUNRUHIGEN. ZEITWEILIGE RÜCKFÄLLE BEI ANALYSE NICHT UNGEWÖHNLICH. MÖGLICHERWEISE GUTES ZEICHEN.
    FREUD
    »Wie kann das ein gutes Zeichen sein?« Colette legte die Stirn in Falten.
    »Wenn der Rückfall ausgelöst wurde, weil sie dem Ursprung des Problems nahe gekommen sind.«
    »Was bedeutet das?«
    Younger fuhr sich mit der Hand durchs Haar. »Ich glaube nicht an Psychoanalyse, das weißt du doch.«
    »Aber wenn du daran glauben würdest, was würde es bedeuten?«
    »Freud sieht es wahrscheinlich so: Luc hat eine Erinnerung aus der frühen Kindheit – aus einer Zeit, in der er etwas Verbotenes beobachtet oder sich gewünscht hat, etwas so Verbotenes, dass er jedes Bewusstsein davon verdrängen musste. Doch die Erinnerung daran will nicht verborgen bleiben, sie will zurück ins Bewusstsein. Das bewirkt die Symptome eines Patienten.«
    »Und warum glaubst du nicht daran?«
    »Ich glaube nicht an die Wünsche, die Freud Kindern zuschreibt. Und ich glaube nicht daran, dass verdrängte Kindheitserinnerungen Jahre später ans Licht kommen. Das ist ... wie das viel zu ordentliche Ende eines Romans. «
    Colette überlegte kurz. Dann verkündete sie, sie habe vollstes Vertrauen zu Dr. Freud.
     
    Senator Albert Falls Büro war so überfüllt mit Journalisten, dass Littlemore sich nur mit Mühe hineinzwängen konnte. Im Wesentlichen zielten die Fragen der Reporter darauf, ob der Senator bestätigen konnte, dass Truppen der Vereinigten Staaten an die mexikanische Grenze beordert worden waren.

    »Das ist richtig, meine Herren«, antwortete Fall. »Die zweite Division ist bereits auf dem Weg.«
    »Mit welchem Befehl, Mr. Senator?«
    »Das ist mir nicht bekannt. Aber wir sollten uns nicht unnötig aufregen. Ich fahre selbst nach Mexiko und werde der Amtseinführung von Señor Obregón beiwohnen. Sicher sind alle Seiten bestrebt, die Streitigkeiten friedlich beizulegen. «
    »Was werden Sie General Obregón mitteilen, Mr. Senator? «
    »Dass er die Finger von unserem Öl lassen soll. Und dass es viel klüger ist, Amerika zum Freund zu haben als zum Feind.«
    Nach der Pressekonferenz äußerte Littlemore sein Erstaunen über Senator Falls geplanten Besuch in Mexiko-Stadt. »Meinen Sie nicht, dass das gefährlich werden könnte, Mr. Fall?«
    »Mit Sicherheit. Aber

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