Todesjagd
auf den leeren Fahrersitz. Er wusste, dass es seine Aufgabe war, sie von hier wegzubringen.
Er trat das Gaspedal ganz durch. Dabei machte er nicht einmal die Fahrertür zu. Sie schloss sich bei dieser Geschwindigkeit ohnehin von selbst.
Quinn beugte sich vor und betrachtete Jenny.
»Bist du getroffen?«, fragte er. Er hatte kein Blut an ihr entdeckt, doch sie war sofort zusammengebrochen, nachdem der Blonde auf sie geschossen hatte.
»Ich … ich glaube nicht«, sagte sie. »Etwas ist ganz dicht an meinem Kopf vorbeigezischt, und dann bin ich umgefallen.«
Quinn legte ihr beruhigend die Hand auf die linke Schulter. Sie zuckte zusammen.
»Ich … ich glaube, sie ist ausgekugelt«, sagte sie.
Er drückte ein wenig fester, und sie schrie auf.
»Das Telefon ist in meiner Tasche«, sagte Quinn zu Orlando. »Ruf Ne Win an. Wir brauchen einen Arzt.«
32
Quinn und Orlando brachten Jenny ins Apartment, während Nate das Taxi so weit entfernt wie möglich abstellte.
Sie führten Jenny in das eine Schlafzimmer und setzten sie aufs Bett.
»Wie geht’s dir?«, fragte Quinn.
»Es tut sehr weh«, antwortete sie. »Aber das macht nichts. Du hättest mich mit ihm reden lassen sollen.«
»Entspann dich. Zerbrechen wir uns deshalb jetzt nicht den Kopf.«
Man hörte, wie im Flur eine Tür geöffnet wurde.
»Quinn?« Es war Ne Win.
»Hier hinten!«, rief Quinn.
Der alte Mann erschien an der Schlafzimmertür, gefolgt von einem jungen Mann, der eine Arzttasche trug. Auch Ne Win trug eine Tasche, die aber eher wie eine Einkaufstasche aussah.
»Sie sind der Arzt?«, fragte Quinn.
Obwohl der Mann verängstigt aussah, nickte er.
»Dann kommen Sie gefälligst rein, verdammt!«, sagte Quinn.
Ne Win schob den Mann durch die Tür.
»Keine Sorge. Dr. Han ist ein guter Doktor, hat nur schon lange keinen Hausbesuch mehr gemacht.«
Dr. Han musterte schnell seine neue Patientin.
»Was fehlt Ihnen denn?«
»Es ist die Schulter«, sagte Quinn. »Sie ist ausgekugelt, denke ich.«
»Rechts oder links?«, fragte Dr. Han Jenny.
»Links«, sagte Quinn.
Der Arzt sah Quinn an und beugte sich nach vorn, um Jennys Schulter besser in Augenschein nehmen zu können. Als er sie mit den Fingern zu betasten begann, biss Jenny die Zähne zusammen und konnte kaum einen Schmerzensschrei unterdrücken.
»Sie müssen das Kleid ausziehen«, sagte Dr. Han.
Jenny sah Quinn und Ne Win an.
»Ihr könnt vielleicht Kaffee machen«, sagte Orlando.
Quinn wollte nicht gehen. Er fühlte sich verantwortlich. Aber er nickte und wandte sich zur Tür.
»Quinn?«, sagte Jenny.
Er blieb stehen.
»Ich weiß, du hast nur versucht zu helfen, und vielleicht hattest du Recht, vielleicht hätte ich da nicht hingehen sollen.«
»Jetzt ist alles in Ordnung«, sagte Quinn. »Alles wird gut.«
»Nein, das wird es nicht«, sagte sie plötzlich unerwartet energisch. »Du verstehst nicht. Steven ist gestorben, als er mir helfen wollte, es zu beenden.«
»Was zu beenden?«
Ihr Blick wurde eindringlicher, die Augen öffneten sich einen Moment weit und schlossen sich dann halb, als habe sie den letzten Rest ihrer Kraft verbraucht.
»Wenn du mir wirklich helfen willst, bringst du mich zum Kongressabgeordneten. Wir sind seine einzige Chance.«
» Seine einzige Chance?«, wiederholte Quinn.
»Du hast das Tape abgehört, nicht wahr?«, fragte sie. »Also weißt du Bescheid. Guerrero. Wir müssen ihn retten.«
»Kann ich mich jetzt bitte um meine Patientin kümmern?«, fragte Dr. Han.
Quinn nickte widerstrebend. Er war ungeduldig, aber er würde warten müssen, bis der Arzt gegangen war.
»Nur keine Sorge«, sagte Ne Win zu Quinn. Sie saßen im Wohnzimmer, während Dr. Han Jenny behandelte. »Dr. Han ist okay. Er arbeitet sehr viel für mich.«
»Wird er schweigen?«
»Auf jeden Fall. Er weiß, wenn er es nicht tut, wird er nicht mehr lange hier sein.«
Sie verstummten. Dann hielt Ne Win Quinn den Einkaufsbeutel hin.
»Das Abspielgerät.«
Quinn nahm ihn und stellte ihn neben sich auf den Boden.
»Danke.«
Der alte Mann stand auf und ging zur Küche.
»Wollen Sie etwas trinken?«
Quinn schüttelte den Kopf.
Die nächsten zwanzig Minuten schwiegen sie. Ne Win trank schluckweise aus seinem Wasserglas, während Quinn sich bemühte, aus dem Ganzen irgendwie schlau zu werden. Warum wollte sie Guerrero retten ? Er war derjenige, der hinter ihr her war. Einer seiner Männer hatte auf sie geschossen. Seine Männer hatten ohne Zweifel ihren Freund
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