Todesjagd
Tisch.
»Hast du etwas einfangen können?«, fragte er Orlando.
»Gib mir eine Minute«, erwiderte sie.
Quinn beugte sich vor und warf einen Blick auf den Bildschirm des Laptops.
Orlando scrollte sich durch eine Datenliste. Es waren lauter Zahlen und Buchstaben, keine zusammenhängenden Wörter. Plötzlich hielt sie inne und benutzte den Cursor, um eine Zeile eines alphanumerischen Textes zu markieren. Sie kopierte ihn und minimierte das Fenster, das daraufhin verschwand. Darunter war ein zweites Fenster, ganz schwarz, abgesehen von zwei leeren weißen Kästchen in der Mitte.
Orlando klickte das obere an und aktivierte es. Dann fügte sie die Information ein, die sie kopiert hatte, und löschte die fünf letzten Buchstaben. Diese kopierte sie in das untere Kästchen und klickte auf »Enter«.
Für einen Augenblick wurde der ganze Bildschirm kohlrabenschwarz.
»Vielleicht hat es nicht funktioniert«, sagte Nate. Er war um den Tisch herumgekommen und blickte über Quinns Schulter.
Nach einigen Sekunden wurde der schwarze Bildschirm allmählich dunkelgrau. Überlagert wurde der Hintergrund von einer Reihe hellgelber Zeilen, die Asien irgendwo südlich von Indonesien bis zu einem Punkt nördlich der Mongolei darstellten. Im Osten und Westen sah man Japan, ganz China und den größten Teil von Indien. Die einzige andere Farbe war ein winziger blauer Punkt im oberen rechten Quadranten.
Quinn lächelte.
»Du hast es geschafft.«
»Vielleicht«, sagte Orlando und sah nicht glücklich aus.
Sie drückte ein paar Tasten und vergrößerte das Gebiet um den blauen Punkt. Mit dem Bild erschienen mehr Linien, die Staatsgrenzen, dann Hauptstraßen und große Städte bezeichneten.
Der Punkt lag in Nordchina.
»Beijing?«, fragte Nate.
Quinn schüttelte den Kopf.
»Weiter nördlich.«
»Es ist in Shenyang«, erklärte Orlando.
»Du hörst dich nicht überzeugt an«, sagte Quinn.
Sie runzelte die Stirn, sagte aber nichts. Das Bild auf dem Schirm wurde herangezoomt, stellte sich allmählich auf Straßenlevel ein. Plötzlich begann der blaue Punkt gelbe Blitze zu schießen.
»Miststück«, sagte Orlando.
Quinn erstarrte.
»Was ist?«, fragte Nate.
Orlando öffnete ein kleineres Fenster und begann, schnell durch eine Datenliste zu scrollen.
»Was ist denn?«, fragte Nate noch einmal.
»Ein falsches Signal«, antwortete Quinn. Jennys Anruf war umgeleitet worden, so dass es jetzt so aussah, als habe sie aus dem Norden Chinas angerufen.
»Glaubst du, du kannst die genaue Position herausfinden?«, fragte Quinn.
»Ich krieg das schon hin. Brauche nur eine Minute.« Obwohl sie sich anhörte, als sei sie verärgert, wusste Quinn, dass sie die Herausforderung genoss.
»Wie konnte sie ihren Standort verschleiern?«, sagte Nate. »Sie ist kein Profi.«
»Markoff«, erwiderte Quinn. »Er muss ihr eins seiner Telefone gegeben und sie instruiert haben, wie man unentdeckt bleibt.«
Nach zwei weiteren Fehlschlägen sagte Orlando:
»Jetzt hab ich’s.«
»Wo ist es?«, fragte Quinn.
Auf dem Bildschirm sah man eine Halbinsel zwischen dem
südchinesischen Meer und der Straße von Malakka. Auf der linken Seite der Halbinsel nahe der Küste waren die Umrisse einer Stadt zu erkennen. Der blaue Punkt war innerhalb der Stadtgrenzen.
»Kuala Lumpur«, sagte Quinn. »Bist du diesmal sicher?«
Orlando nickte.
»Ja.« Sie zoomte so weit wie möglich heran. »Irgendwo in der Nähe der Türme.«
Sie meinte die Petronas Towers, früher einmal die höchsten Gebäude der Welt, die jedoch alle paar Jahre auf der Liste weiter nach unten rutschten.
»Näher kannst du nicht heran?«, fragte Nate.
Ärgerlich blickte Orlando zu ihm auf.
»Aber wieso denn? Es macht doch viel mehr Spaß, wenn wir erraten müssen, wo sie genau steckt.«
»In Ordnung«, sagte Nate. »Näher kannst du also nicht heran. Ich wollte nur nachf ragen.«
»Ich versehe die Nummer mit einem Tracer«, sagte Orlando zu Quinn. »Da wir grundsätzlich wissen, in welchem Teil der Welt sie sich aufhält, wird uns das die Sache erleichtern. Wenn sie das nächste Mal telefoniert, wird es aufgezeichnet.«
»Gibt es einen Zeitunterschied?«, fragte Quinn.
»Kaum. Trotzdem ist es nicht das Gleiche, als wenn wir ihr vor Ort folgen würden.«
Als Orlando auf ihrer Tastatur zu tippen begann, blieben Quinns Augen auf dem Bildschirm haften. Sie waren nicht auf das derzeitige Bild gerichtet, er sah einen anderen Bildschirm vor sich, den, auf dem Orlando die Daten eingegeben
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