Todeskind: Thriller (German Edition)
werde ich festhalten. Niemand wird sie mir nehmen. Nicht Beckett, nicht Doug, nicht Millhouse. Keiner.
Er streichelte ihr über den Rücken, bis ihr Atem immer tiefer und gleichmäßiger wurde und sie eingeschlafen war. Vorsichtig rutschte er unter ihr hervor und deckte sie zu, dann zog er die Jeans wieder an und nahm den Laptop vom Boden.
Auf dem Bildschirm standen die Ergebnisse der Suche nach Wilson Becketts Sterbeurkunde, die er gestartet hatte, bevor Daphne und er sich auf so angenehme Art und Weise abgelenkt hatten.
Doch die Recherche ergab, dass es keinen Totenschein für einen Wilson Beckett gab, weder in den Bezirksarchiven noch in denen des Bundesstaates. Er startete die Suche noch einmal neu, doch die Ergebnisse waren dieselben.
Auf der einen Seite war das natürlich nicht weiter überraschend, da Beckett keineswegs tot war. Jedes Dokument, das hätte archiviert werden können, wäre gefälscht gewesen. Dennoch warf dieses Ergebnis eine ganz andere Frage auf: Woher hatte die FBI-Agentin Claudia Baker den Beweis bekommen, dass Beckett verstorben war? Wer hatte diesen Beweis gefälscht? Und falls der Totenschein gar nicht existierte, existierte dann Agent Baker?
Mit einem Seufzen schrieb Joseph eine kurze E-Mail an Bo mit der Bitte, in den Personaldaten des FBI nach einer Special Agent Claudia Baker zu suchen und falls notwendig dafür auch ausstehende Gefallen einzufordern. Er hätte es selbst getan, erwartete aber vor dem folgenden Morgen keine Antworten. Bo dagegen hatte Kontakte, die ihm zu jeder Tages- und Nachtzeit die entsprechenden Daten zugänglich machten. Hoffte Joseph. Er kreuzte die Finger und klickte auf Senden.
Ich hoffe inständig, dass es diese Baker gibt. Denn wenn nicht … nun, dann würde es eine heikle Angelegenheit werden. Zumal sich damit erneut die Frage nach dem Motiv stellte. Beckett, der seinen eigenen Tod fingierte, war eine saubere Erklärung. Aber wer hätte ein Motiv, einen Bundesagenten zu mimen? Und wie sollte ein solches Motiv aussehen?
Wheeling, West Virginia
Donnerstag, 5. Dezember, 0.30 Uhr
Joseph nahm das Notebook mit hinüber in sein Hotelzimmer und schloss leise die Verbindungstür, bevor er über Handy Grayson anrief. Er ging sofort dran.
»Joseph«, sagte Grayson. »Was ist los? Wie geht’s Daphne und Ford?«
»Daphne geht es gut. Schläft endlich. Ford geht es auch ganz ordentlich, zumindest körperlich. Deacon ist bei ihm geblieben. Daphne hat Ford von Kim erzählt, und er hat reagiert, wie es vorherzusehen war: hat erst mal die Schotten dicht gemacht.«
»Armer Bursche. Und wie läuft die Suche nach dem Mädchen und der Hütte?«
»Ist für heute Nacht eingestellt worden. Hier schneit es.«
»Hier auch. Wenn du magst, gebe ich dir auch erschöpfend Auskunft über das hiesige Wetter, aber ich glaube kaum, dass du deswegen angerufen hast.«
»Nein. Wo bist du?«
»Komme gerade aus dem Krankenhaus. Ich war bei Stevie.«
Etwas in der Stimme seines Bruders ließ ihn innehalten. »Ich dachte, es ginge ihr besser.«
»Tut es auch. Man hat ihr den Beatmungsschlauch entfernt. Aber sie redet nicht. Ich meine, sie redet schon, aber sie beschwert sich nicht und kommandiert auch niemanden herum. Sie kommt mir ziemlich deprimiert vor, was nach solch einer Verwundung wohl nicht unnormal ist, aber es sieht ihr nicht ähnlich.«
»Maynard war nicht dort?«
»Nein. Er ist mit Paige bei der Totenwache für Zacharias. Ich bin auf dem Weg dorthin, um sie abzuholen. Wieso?« In Graysons Stimme schwang Misstrauen mit. »Wieso fragst du ausgerechnet … Nein! Das glaub ich nicht. Maynard und Stevie? Kann nicht sein. Im Ernst?«
»Ihn hat’s heftig erwischt, aber es scheint nicht so, als ginge es ihr genauso. Paige kann dir bestimmt mehr sagen.«
»Paige ist dazu zu diskret, fürchte ich. Mein Glück, dass J.D. eine alte Klatschtante ist.«
Graysons Worte zielten eindeutig auf etwas ab, und plötzlich fiel Joseph wieder der Lippenstift auf seiner Wange ein, den J.D. kurz vor der Videokonferenz gesehen hatte. »Wenn du etwas wissen willst, musst du nur fragen.«
»Okay. Was läuft zwischen dir und Daphne?«
Joseph war froh, dass es sich diesmal nicht um eine Videokonferenz handelte, denn ein dümmliches Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus, ohne dass er etwas dagegen unternehmen konnte. »Etwas Gutes. Wirklich verdammt Gutes.«
»Das freut mich. Sehr. Ich mache mir schon lange Sorgen um dich.«
»Dann kannst du jetzt damit aufhören, zumal es
Weitere Kostenlose Bücher