Todeskind: Thriller (German Edition)
war im Augenblick nicht die schlechteste.
Nein. So tief werde ich nicht sinken. Der Sheriff würde ihn wahrscheinlich sang- und klanglos verhaften, was man ihm nicht verübeln konnte bei all dem Kram, den Mitch im Keller lagerte. Waffen. Bargeld. Ein Mädchen.
Mein Gott. Er zog tief die Luft ein und hielt sie an. Entspann dich, sonst kommst du niemals frei.
Panik übermannte ihn und wollte sich nicht abschütteln lassen. Entspann dich, wenn du nicht ersticken willst. Die Luft in der Kammer war total verbraucht. Bis Hilfe kommt, bin ich längst tot. Tränen brannten in seinen Augen.
Mein Gott. Was soll ich denn jetzt bloß tun?
Wheeling, West Virginia
Donnerstag, 5. Dezember, 10.30 Uhr
»Wie wollen Sie es angehen?«, fragte Joseph Agent Kerr, als sie zusammen mit Daphne und McManus am Eingang zum Busbahnhof stehen blieben.
Ihre Recherchen hatten sie schließlich zu einem gewissen Mark O’Hurley geführt, der vor dreißig Jahren für die Firma Appa-Natural-Gas einen großen Teil der Appalachen-Region bedient hatte. Sie hatten das Luchs-Logo auf einer Anzeige in einem alten Telefonbuch in der Bibliothek gefunden und das Better Business Bureau angerufen, wo man ihnen nach einer Recherche in den Archiven mitteilte, dass die Firma nicht mehr existierte, da die ehemaligen Geschäftsinhaber in den Ruhestand gegangen waren. Einer der damaligen Besitzer hatte ein gut funktionierendes Gedächtnis und Lust zu plaudern. Leider auch eine Frau, die keine Notwendigkeit gesehen hatte, dreißig Jahre alte Unterlagen aufzubewahren. Alle Kundenkarteien, Quittungen und Routenpläne waren vor fünfzehn Jahren bei einem Großreinemachen dem Schredder zum Opfer gefallen.
Der ehemalige Firmenbesitzer hatte sich erinnert, dass er O’Hurley vor fünfundzwanzig Jahren hatte feuern müssen, nachdem er ihm in den Jahren vorher mehrere Abmahnungen wegen Trunkenheit am Steuer hatte zukommen lassen. O’Hurley hatte durch seine Alkoholkrankheit alles verloren, aber wenigstens noch genug Verstand gehabt, sich den Anonymen Alkoholikern anzuschließen.
Jetzt arbeitete der Mann im Busbahnhof.
Weswegen sie nun hier standen.
Daphne räusperte sich. »Verzeihung? Ich rede mit O’Hurley.«
Joseph sah sie besorgt an. »Du schüchterst ihn vielleicht zu sehr ein.«
»Joseph, findest du es nicht interessant, dass der Mann ungefähr zu der Zeit, in der mir diese Sache passiert ist, zu trinken anfängt?«
»Doch, finde ich. Und genau deswegen denke ich, dass du ihn einschüchtern könntest. Du bist vielleicht sein persönlicher Dämon.«
»Er hat sich bei den Anonymen Alkoholikern angemeldet«, beharrte Daphne trotzig. »Er will bestimmt etwas gutmachen.«
»Damit hat Ms. Montgomery nicht ganz unrecht«, sagte Kerr. »Soll sie es doch versuchen, Agent Carter. Wenn es aussieht, als würde er dichtmachen, übernehmen wir.«
»Na gut«, sagte Joseph. »Dann los.«
Daphne warf einen Blick auf das Foto, an das sie über O’Hurleys Sozialversicherung gekommen waren, und betrachtete die Gesichter im Bahnhof, bis sie den Wachmann entdeckte. Sie wusste, dass er der Richtige war, weil ihr die Luft aus den Lungen wich und ihre Knie plötzlich weich wurden. Ja, er war dreißig Jahre älter, aber die Gesichtsform und die Stellung seiner Augen hatten sich nicht verändert. »Da ist er«, murmelte sie, froh, dass in diesem Augenblick Joseph da war und sie mit einem Arm um die Taille stützte.
Sie holte tief Luft, sammelte sich und ging auf ihn zu. »Verzeihen Sie. Mr. O’Hurley? Mark O’Hurley?«
Er zog den Reißverschluss seiner Jacke zu und blickte auf. »Ja? Kenne ich Sie?«
»Mein Name ist Daphne Montgomery. Ich arbeite für die Staatsanwaltschaft in Maryland. Dies sind meine Kollegen, die Special Agents Carter und Kerr vom FBI, außerdem Detective McManus von der Polizei in Wheeling. Wir würden gerne mit Ihnen über eine Zeit sprechen, in der Sie für eine Propangasfirma gefahren sind.«
O’Hurleys Blick flackerte. »Was wollen Sie wissen?«
»November 1985«, begann sie. »Ich weiß, es ist sehr lange her, aber können Sie sich vielleicht erinnern, damals eine Hütte beliefert zu haben, die im jetzigen Naturschutzgebiet liegt?«
»Das war vor fast dreißig Jahren«, sagte er, eine Spur blasser um die Nase. »Ich habe damals ziemlich viele Kunden in der Gegend beliefert.«
Daphne bemerkte, dass seine Hände zu zittern begonnen hatten. Er weiß es.
»Es ist wirklich sehr wichtig«, sagte sie leise. »Es geht mir um einen Tag ungefähr
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