Todeskind: Thriller (German Edition)
Haus, mehrere Häuser. Eins ist in Timonium. Das ist schöner als die anderen. Ich …«, seine Stimme brach, »… ich hab ihr da ein Zimmer eingerichtet. Die Wände habe ich gelb gestrichen. Und ein Kinderbettchen gekauft.«
Bitte schön, Grayson. Richard Odum auf dem Silbertablett. Jetzt verschaff mir den verdammten Gerichtsbeschluss. »Wie heißt deine Tochter, Junge?«
»Melinda Anne.« George öffnete die Augen. Joseph sah viel Schmerz darin und vielleicht auch ein wenig Wahrheit. »Ich hab keinen umgebracht. Ich schwör’s. Ich hab das Messer erst heute Morgen von Doug gekriegt.«
»Wo hast du das Messer gekauft? Und wann?«
»Ich hab ihn in einer kleinen Straße in der Nähe vom Gericht getroffen. Ich hätte es fast nicht mehr rechtzeitig geschafft.«
»Wo warst du gestern Abend, George?«
»Ich sollte Doug eigentlich gestern Abend um halb elf treffen, um das Messer abzuholen. Ich hab bis nach Mitternacht gewartet und ihm dann eine SMS geschickt, wo er denn bliebe, aber er hat nicht geantwortet und ist auch nicht gekommen, also bin ich abgehauen.«
»Wann war das?«
»So um eins. Ich war fast zu Hause, als er mir eine Nachricht schickte, ich solle ihn morgen um neun treffen. Hab ich gemacht, aber er war schon wieder zu spät. Am liebsten wäre ich gegangen, aber ich wusste, dass mein Vater … nicht gerade froh sein würde, wenn ich ohne Messer käme. Also hab ich gewartet.«
»Und niemand hat dich gesehen? Beide Male nicht?«
»Nein«, antwortete er finster.
Joseph lag auf der Zunge, nach der SMS an Daphnes Handy zu fragen, aber er ließ es. George würde es ohnehin leugnen, und er wollte der Verteidigung keine Chance geben, die Geschworenen im Hinblick auf die zeitliche Abfolge zu verwirren.
»Warum?«, fragte Joseph. »Warum all die Mühe auf dich nehmen, um Reggie rauszuhauen?«
»Weil das … so geplant war. Reggie ist der Nächste in der Nachfolge.«
»Für was?«
»Na, für alles.« Er sagte es wie ein Mensch, dem man das seit langem eintrichterte. »Er wird das Familienoberhaupt sein, wenn mein Vater stirbt.« Dann verhärtete sich sein Gesicht. »Was hoffentlich bald der Fall sein wird.«
»Da sind wir völlig einer Meinung. Erzähl mir von Doug. Wie sieht er aus?«
»Ganz normal. Braunes, kurzes Haar. Braune Augen.« Er zuckte mit den Schultern. »Stinknormal.«
»Größe? Gewicht? Tätowierungen?«
»Vielleicht eins fünfundsiebzig. Achtzig Kilo? Tattoos habe ich keine gesehen.«
»Stinknormal«, murmelte Joseph. »Und er ist ein Freund deines Vaters?«
»Ja. Sein Vater war mit meinem im Golfkrieg. Kumpels vom Militär.«
»Hat er dir noch was anderes verkauft außer dem Messer?«
Georges Blick flackerte. »Nein.«
Was wahrscheinlich ja bedeutete. Aber George schien sich wieder im Griff zu haben und zu versuchen, den angerichteten Schaden zu begrenzen. Joseph beschloss, lieber später auf Taser und Gewehre zurückzukommen, wenn er den Jungen wieder überrumpeln konnte. »Okay. Warum hat Reggie behauptet, das Baby sei seins?«
Wieder sah Joseph ein stolzes Leuchten in den Augen des Jungen. »Weil er es dachte. Aber Marina war mein Mädchen, und das Baby ist es auch. Sie musste ihn in dem Glauben lassen. Reggie wäre ausgerastet, falls er rausgekommen wäre. Marina ist doch klein und zart.« Er schloss einen Moment die Augen. »War klein und zart. Er hätte ihr was angetan.«
»Aber warum wolltest du ihm dann bei der Flucht helfen?«
Das schien ihn zu verwirren. »Weil das der Plan war.« Sein Kinn sank auf die Brust, als könne er den Kopf nicht länger hochhalten. »Ich brauche einen Anwalt, nicht wahr?«
Du brauchst den besten Anwalt, den man mit Geld kaufen kann. »Ja, George, ich denke, den brauchst du.«
Als Joseph in den Beobachtungsraum zurückkehrte, fühlte er sich hundemüde, aber mit einem Schlag wurde er wieder hellwach. »Daphne.«
Sie stand am Fenster und beobachtete George, der weinend auf seinem Stuhl saß. Joseph ertappte sich dabei, Mitleid mit dem jungen Mann zu empfinden, doch dann dachte er an Zacharias’ Familie, und sein Mitleid schwand.
»Nettes Verhör«, sagte Daphne abwesend. Sie sah ihn nicht an, sondern beobachtete weiterhin George. Irgendetwas stimmte nicht. Das konnte Joseph spüren.
Paige stand an ihrer Linken. Sie hatte sich so dem Raum zugewandt, dass sie alles überblicken und Daphne notfalls selbst hier, im Hauptquartier des BPD, verteidigen konnte, was in Anbetracht der Tatsache, dass Daphne heute bereits zweimal, umgeben von
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