Todesmal: Ein Fall für Ella Andersson
und hübsche Stuckornamente besaßen. Die Häuser standen entlang des Kanals aufgereiht und wiesen auf einen der alten Friedhöfe der Stadt. Sie schaute zu den Fenstern hinauf und wünschte, in einer dieser Wohnungen zu wohnen. Der einzige Nachteil war allerdings, dass sowohl Grete als auch ihre Mutter in der Nähe wohnten, überlegte sie. Ella setzte ihre Fahrt nach Hause fort, und als sie die Wagentür öffnete, stellte sie zufrieden fest, dass ihre Standardkleidung – wollenes Poloshirt, lange Hosen und ein langer Wollmantel – der Jahreszeit absolut angemessen war. Es hatte um die zehn Grad minus, und der Wind war seit dem Morgen noch aufgefrischt.
Sie lief im Laufschritt auf die Haustür zu. Im Aufzug hinauf zur obersten Wohnung spürte sie, wie die Trauer sie erneut überfiel. Die Trauer über eine Liebe, die sie einmal empfunden hatte, die ihr jedoch abhandengekommen war. Bedrückt ging sie mit langsamen Schritten zur Wohnungstür und schloss sie zögerlich auf. Die großen erleuchteten Fenster hatten ihr bereits signalisiert, dass Markus zu Hause war.
Als sie die Tür aufschob, stieg ihr der Duft von Lasagne in die Nase. Durch die angelehnte Badezimmertür breitete sich ein anderer warmer Dunst aus, wie es immer der Fall war, wenn Markus sich ausgiebig geduscht hatte. Sie mutmaßte, dass er nur mit einem Handtuch um die Hüften geschlungen dastand und sich mit seinem Rasiermesser rasierte. Sie ging an der Küche vorbei und sah, dass er für zwei gedeckt hatte. Auf dem Tisch stand eine Flasche Rotwein, den er bereits verkostet hatte. Sie warf einen Blick ins Bad und stellte fest, dass sie zum Teil Recht gehabt hatte. Er stand tatsächlich da und rasierte sich, war jedoch völlig nackt. Dafür, dass er über vierzig war, sah er unverschämt gut aus, dachte sie, bevor er sie in der Türöffnung erblickte.
Obwohl sie einander während der Tage im Fjäll so gut wie nie berührt hatten, spürte sie nun unmittelbar, dass irgendetwas anders war. Erst als sie keine Gründe mehr dafür hatten, sich keine Zeit füreinander zu nehmen, hatten sie begriffen, wonach sie eigentlich strebten. Sie waren ein Paar, das größten Respekt füreinander empfand, jedoch nicht länger zusammenleben wollte. Bedauerlicherweise hatte bis jetzt noch keiner von ihnen den Mut besessen, die Beziehung zu beenden. Beide hatten auf den großen Knall gewartet oder darauf, dass sich der andere einen Seitensprung erlauben würde. Oder was auch immer, nur um nicht derjenige sein zu müssen, der den anderen verletzte. Derjenige, der den anderen verließ. Doch weder Streit noch Seitensprünge waren eingetreten. Markus hatte schließlich den ersten Schritt gemacht. Am letzten Abend im Fjäll, an dem sie sich wieder jeder auf seine Seite des Bettes legten, hatte er die erlösenden Worte ausgesprochen:
»Irgendwie funktioniert es nicht, oder?«
Er hatte aufrichtiger und ernster geklungen als je zuvor. Mehr war nicht nötig gewesen. Er hatte seine Worte so formuliert, dass man sie beliebig deuten konnte, auch wenn es überflüssig war. Ella hatte nicht einmal eine Sekunde Bedenkzeit benötigt, um zu verstehen, worauf er anspielte. Er meinte damit weder die gemeinsame Reise noch das Bett.
Nachdem der erste Schritt gemacht war, gestalteten sich die nachfolgenden leichter. Sie hatten sich zusammengesetzt und die halbe Nacht lang geredet. Währenddessen gab es auch lange Phasen, in denen sie schwiegen. Sie benötigten Zeit, um die bevorstehende Veränderung auf sich wirken zu lassen, da die gemeinsame Entscheidung weitreichende Konsequenzen für beide haben würde. Ihre Gespräche verliefen relativ entspannt und ohne böse Worte. Eigentlich trug keiner von ihnen die Schuld daran, dass es so gekommen war. Zum Erstaunen beider waren sie am nächsten Morgen dicht nebeneinanderliegend aufgewacht. Doch in gewisser Weise hatten ihre Befürchtungen, dass die Beziehung weitergehen würde, sie daran gehindert, miteinander intim zu werden.
Doch jetzt gehörte er nicht mehr ihr. Jetzt, wo der Entschluss gefasst war, brauchte Ella keine Bedenken mehr zu haben, welche Konsequenzen eine vorübergehende Nähe haben würde. Er machte sie nicht länger unglücklich, stellte sie fest, als sie ihren Blick über seinen Körper gleiten ließ. Mit gestärktem Selbstvertrauen löste sie ihr Haar aus dem Haargummi, trat in das für ihre Kleidung viel zu warme Bad und schloss die Tür.
Unfähig, wieder einzuschlafen, war Ella aufgestanden. Trotz der Fußbodenheizung
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