Todesnacht - Booth, S: Todesnacht - Scared to Live
Müll rauszufiltern, um die nützlichen Dinge zu finden.«
»Ich bin Viehfarmer, also weiß ich, was Mist ist.«
»Ja, Matt.«
Ben hockte sich auf die Armlehne eines tiefen Sessels. Die Sitzfläche hatte bereits eine alte Border-Collie-Hündin namens Meg in Beschlag genommen, die sich nicht einmal die Mühe machte, die Augen zu öffnen. Sie hatte ein Recht auf diesen Platz und war nicht gewillt, ihn für irgendjemanden zu räumen. Ben hätte nicht im Traum daran gedacht, sie zu verscheuchen.
Matt fuhr seinen Computer hoch und starrte den Bildschirm finster an, während er wartete, bis er sein Passwort eingeben konnte. »Ich möchte dir was zeigen.«
»Sag bloß, du hast dir schon wieder Vorschläge für Diversifikation angesehen. Was ist es diesmal – Rock Festivals? Die Felder dafür hättest du ja und den Schlamm auch.«
»So weit kommt’s noch, dass ich Tausende von Hippies auf meinem Land campieren lasse.«
»Bei Lord Montagu of Beaulieu hat es funktioniert.«
»Nein, hat es nicht. Bei ihm gab es Krawalle zwischen rivalisierenden Jazz-Fans.«
Ben lachte. »Worum geht’s dann?«
»Es geht gar nicht um die Farm«, sagte Matt in düsterem Tonfall, ohne den Blick vom Bildschirm abzuwenden.
Als Ben bewusst wurde, dass er nicht das Geringste gegen die mürrische Laune seines Bruders unternehmen konnte, beugte er sich vor, um zu sehen, was dieser betrachtete. Er hatte eine Website geöffnet, die er unter seinen Favoriten abgespeichert haben musste, da er nicht die Tastatur benutzt hatte, um eine Adresse einzugeben. Ben war überrascht, dass Matt überhaupt wusste, wie das funktionierte.
»Ich habe diesen Artikel hier über Schizophrenie gefunden«, sagte Matt. »Tja, genauer gesagt, über ihre Vererbbarkeit.«
Einen Augenblick lang brachte Ben das Wort »Vererbbarkeit« aus dem Konzept. Er war daran gewöhnt, diesen Begriff von Matt zu hören, aber immer im Zusammenhang mit Viehzucht. Wie hoch war die Wahrscheinlichkeit, dass eine gute Milchkuh Nachwuchs produzierte, der ebenfalls viel Milch gab? Wie viel Prozent der Lämmer, die ein Texel-Schafbock gezeugt hatte, besaßen dasselbe Muskelverhältnis? Das war Vererbbarkeit. Genetik spielte eine große Rolle, wenn man Tiere mit erwünschten Charakteristika züchtete. Aber Schizophrenie? Das ergab keinen Sinn.
»Was, in aller Welt, willst du mir damit sagen, Matt?«
»Ich habe gehört, wie es jemand vom Personal im Pflegeheim erwähnt hat, bevor Mum starb. Mir war es bis dahin gar nicht bewusst gewesen, und niemand hat jemals die Möglichkeit erwähnt. Zumindest nicht mir gegenüber. Ich weiß nicht, ob sie es dir gegenüber erwähnt haben, aber du hast nie etwas gesagt.«
»Matt, ich weiß wirklich nicht, wovon du sprichst.«
»Ich bin auf die Idee gekommen, dass es wie bei anderen Krankheiten sein könnte. Erinnerst du dich noch an die Jersey-Kühe, die zu Hufrehe neigten? Das wurde von Generation zu Generation weitergegeben, und wir haben es nie geschafft,
das beim Züchten wegzubekommen. Am Schluss mussten wir sie alle töten.«
»Ja, ich erinnere mich.«
»Tja, dieser Website zufolge ist Schizophrenie auch vererbbar.«
»Was?«
»Ben, es geht mir vor allem um die Mädchen. Ich muss wissen, wie die Chancen stehen – wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass Schizophrenie vererbt wird. Würdest du das bitte mal lesen?«
Widerwillig ließ Ben den Blick über den Text auf dem Bildschirm wandern. Schizophrenie liegt nachweislich in der Familie. Bei Menschen, die einen engen Verwandten haben, der unter Schizophrenie leidet, ist das Risiko höher, dass sie die Krankheit ebenfalls bekommen. Schizophreniekranke Eltern laufen Gefahr, die Krankheit an ihre Kinder zu vererben.
Er richtete sich wieder auf. »Ich will das gar nicht wissen, Matt.«
»Es geht noch weiter. Lies den Rest.«
»Nein. Das ist doch lächerlich.«
»Ich drucke es dir aus, dann kannst du es später lesen.«
»Ich will es aber nicht später lesen, danke. Ich verstehe nicht, warum du das tust, Matt. Was soll das?«
»Was das soll? Hier steht, dass Menschen aus Familien, die anfällig für Schizophrenie sind, unter Umständen die Gene in sich tragen, obwohl sie selbst nicht schizophren sind. Man nennt so jemanden einen ›mutmaßlichen obligaten Träger‹.«
»Matt, du verstehst davon doch gar nichts.«
»Aber ich versuche, mich zu informieren. Sieh mal, in diesem Absatz steht was über Vorausberechnung.«
»Was?«
»Die Entwicklung einer Krankheit über mehrere
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