Todesreigen
betreiben konnte) angefangen. Jessica, die nichts mit dem »fiesen« Angelsport anfangen konnte, wurde zu seiner Mitverschwörerin in der Sammelabteilung. Alex brachte die
Gegenstände
mit nach Hause, und das Mädchen gab sie in den Computer ein und arrangierte oder dekorierte die Sammlerstücke. In letzter Zeit hatten sie sich auf Uhren spezialisiert.
Alex fragte seine Tochter: »Nun, junge Dame, ist es in Ordnung, wenn ich jetzt gehe und unser Abendessen fange?«
»Ich denke schon«, sagte das Mädchen, obwohl es beim Gedanken an die Fischmahlzeit die Nase rümpfte. Immerhin konnte Alex ein wenig Erleichterung in ihren blauen Augen entdecken.
Schließlich ging das Mädchen hinaus, um am Computer zu spielen, und Alex half Sue beim Abwasch. »Es geht ihr ganz gut«, sagte er. »Wir müssen nur besser darauf aufpassen, was sie sich ansieht. Das ist das Problem – Realität und Fiktion auseinander zu halten… Hey, was ist los?«
Mit grimmigem Blick trocknete seine Frau einen Teller ab, der schon längst trocken war.
»Oh, nichts. Es ist nur… Ich hab es bisher gar nicht so betrachtet, dass du allein in die Wildnis fährst. Ich meine, man denkt immer daran, dass man in der Stadt überfallen werden könnte. Aber dort sind wenigstens Menschen in der Nähe, die helfen können. Und die Polizei braucht bloß ein paar Minuten.«
Alex umarmte sie. »Wir reden hier nicht von der Wildnis. Es sind doch bloß zwei Stunden nördlich von hier.«
»Ich weiß. Ich hab mir aber nie Sorgen gemacht, bis Jessie etwas gesagt hat.«
Er trat einen Schritt zurück und hob tadelnd einen Finger. »Also, junge Dame. Auch für dich gibt’s kein Fernsehen mehr.«
Sie lachte und gab ihm einen Klaps auf den Hintern. »Komm bald zurück. Und mach die Fische sauber,
bevor
du heimkommst. Erinnerst du dich an die Schweinerei beim letzten Mal?«
»Jawohl.«
»Hey, Schatz«, fragte sie. »Hast du dich in der High School wirklich geprügelt?«
Er warf einen Blick zu Jessicas Zimmer hinüber und flüsterte: »Diese drei Runden? Es waren eher drei Sekunden. Ich hab Pat auf den Boden geschubst, er hat mich geschubst, und dann hat der Direktor uns beide mit Briefen an unsere Eltern nach Hause geschickt.«
»Ich hätte nie gedacht, dass du und John Wayne irgendwelche Gemeinsamkeiten habt.« Ihr Lächeln verschwand. »Pass auf dich auf.« Es waren die traditionellen Abschiedsworte in ihrer Familie. Dann küsste sie ihn noch einmal.
Alex verließ den Highway, schaltete seinen Pathfinder auf Vierradantrieb und nahm eine unbefestigte Straße zum Wolf Lake, einem großen, tiefen Gewässer in den Adirondacks. Während er weiter in den dichten Wald vordrang, wurde ihm bewusst, dass er seiner Tochter Recht geben musste: Die monotone Landschaft brauchte die Sonne. Der Märzhimmel war grau, und es war windig, und die blattlosen Bäume wirkten nach einem frühmorgendlichen Regen schwarz. Überall in dem verwahrlosten Waldstück lagen heruntergestürzte Äste und Stämme, die wie versteinerte Knochen aussahen.
Alex spürte, wie die vertraute Anspannung sich auf seinen Magen legte. Anspannung und Stress – das Gift seines Lebens. Er atmete langsam durch und zwang sich zu beruhigenden Gedanken an seine Frau und seine Tochter.
Komm schon, Junge, sagte er sich. Du bist hier, um dich zu erholen. Darum geht’s. Entspann dich.
Er fuhr noch einen knappen Kilometer durch den immer dichter werdenden Wald.
Einsam.
Es war nicht direkt kalt, aber der drohende Regen hatte, so vermutete er, die meisten Wochenendangler abgeschreckt. Das einzige Auto, das er auf den letzten Kilometern gesehen hatte, war ein ramponierter, schlammbespritzter und verbeulter Pickup gewesen. Alex fuhr weitere fünfzig Meter bis zu der Stelle, an der die Straße endete, und stellte den Wagen ab.
Der noch undeutliche Geruch des Wassers zog ihn an. In der einen Hand trug er seinen Ausrüstungskasten und die Angelrute, in der anderen sein Mittagessen und die Thermoskanne. Er ging zwischen Weymouth-Kiefern, Wacholder und Schierlingstannen hindurch und stieg über kleine, moosbedeckte Hügel. Er kam an einem Baum vorbei, auf dem sieben riesige schwarze Krähen saßen. Sie schienen ihn zu beobachten, wie er unter ihrem skelettartigen Hochsitz hindurchging. Dann trat er aus dem Wald heraus und kletterte einen steinigen Abhang zum See hinunter.
Alex stand am Ufer einer kleinen Bucht und schaute übers Wasser: Der mindestens anderthalb Kilometer breite See lag grau schillernd vor ihm. In der
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