Todesreim : Hachenberg und Reiser ermitteln (German Edition)
rücksichtslos durch das trübe Wasser hindurch. Es spritzte hoch bis auf den Bürgersteig. Alles was sie antrieb, war so schnell wie möglich nach Hause zu kommen, um es sich dort gemütlich zu machen.
Er wäre jetzt gerne bei ihr gewesen. Wie schön wäre es, mit ihr zusammen zu sein, mit ihr zu sprechen, ihr blondes Haar zu streicheln. Aber das war lange vorbei.
Die Zeit war gekommen, sie zu bestrafen, denn sie hatte den verhängnisvollen Fehler begangen, auf keine seiner Nachrichten zu reagieren. Sie hatte ihn einfach ignoriert, als ob es ihn nie gegeben hätte. Das tat weh und machte ihn wütend, sehr wütend. Er hatte ihr noch einmal eine zweite Chance geben wollen, jeder verdiente eine zweite Chance. Doch sie hatte sie nicht genutzt, als er wieder und wieder bei ihr angerufen hatte. Meist legte sie einfach auf, nur einmal, da hatte sie ihn angeschrien und es hatte ihn fast glücklich gemacht, ihre Stimme zu hören, auch wenn sie sich wie ein hysterisches keifendes Weib aufgeführt hatte.
Nicht im Traum hätte er damit gerechnet, dass sie ihn nicht wollte. Das war einfach unmöglich.
Die Frauen lieben mich doch , dachte er verdrossen und sein Herz klopfte vor Aufregung bis zum Hals, als er auf das gegenüberliegende Haus schaute.
Wenn er sie nicht haben konnte, sollte auch niemand anderer sie besitzen. Seine Gedanken überschlugen sich und er überlegte angestrengt, was er als nächstes machen sollte. Hatte er zu lange gewartet?
Vielleicht gibt es ja doch noch eine Möglichkeit, sie umzustimmen? Ich begehre sie so sehr. An jedem Tag werde ich ihr eine Blume schicken, dann begreift sie, wie sehr ich sie liebe. Sie liebt Blumen. Alle Frauen lieben Blumen.
Sein Blick wanderte hoch zum obersten Fenster, direkt unter dem Dach. Hier war sie oft zu sehen. Der Blick in das Wohnzimmer wurde ihm durch eine hohe Hecke verwehrt, aber das war ihm egal, denn dort in dem oberen Zimmer, da war sie meist alleine, und er wollte sie ganz für sich alleine.
Als das Licht in der ersten Etage anging und sie den Raum betrat, hielt er für einen Augenblick den Atem an. Er konnte ihre unbeschreibliche Schönheit erahnen und verfolgte jede ihrer Bewegungen.
Sie setzte sich an ihren Schreibtisch, um irgendetwas zu tun, von dem er nicht wusste, was es war. Ab und zu hob sie den Blick und es war, als ob sie ihn anschaute. Doch sie konnte ihn nicht sehen, glaubte er zu wissen, aber vielleicht spürte sie ja, dass er da war, denn ihr schönes Gesicht wirkte angespannt. Ja, so will ich dich, genau so. Er nahm sein Telefon und wählte ihre Nummer.
Z wei Uhr in der Nacht und Viktoria war hellwach. Eigentlich war montags Ruhetag in der Gaststätte Steinhof, doch Hubert war nicht zu Hause. Auch Annabell schien noch unterwegs zu sein. Ihr Mann hatte ihr nicht gesagt, wo er hingehen würde, das taten sie beide schon seit vielen Jahren nicht mehr. Sie stellten sich auch keine Fragen, und es interessierte sie auch nicht zwingend, was der andere in seiner Freizeit trieb. Das war auch nicht der Grund, warum Viktoria nicht schlafen konnte.
Sie musste ihre Gefühle ordnen, die, seit sie am vergangenen Tag durch ihre Tochter von Christophs Tod erfahren hatte, in ihrem Kopf für ein buchstäbliches Chaos sorgten. Sie konnte kaum noch einen klaren Gedanken fassen. Ihre Stimmung schwankte irgendwo zwischen schierer Fassungslosigkeit und blankem Entsetzen.
Mein Gott , dachte sie hilflos, ich war in seinem Haus. Am Samstagmittag war ich dort. War er da schon tot?
Unruhig lief sie in dem großen, der Terrasse zugewandten Wintergarten hin und her. Normalerweise liebte sie diesen Raum, den sie mit viel Hingabe eingerichtet hatte. Ein heller freundlicher Ort, an dem es sich auch bei diesem trüben Wetter gut aushalten ließ. Meterhohe Stauden in Terrakottakübeln gaben dem hohen Raum ein mediterranes Flair, die hübschen Rattanmöbel vervollständigten das südländische Ambiente.
Viktoria hatte das Licht nicht angeschaltet. Mit zitternden Händen zündete sie sich eine Zigarette an, stellte sich vor das große Fenster und starrte blicklos in die Dunkelheit.
Hat mich vielleicht jemand gesehen ?
Verzweifelt versuchte sie sich daran zu erinnern, ob ihr jemand auf der Straße vor Christophs Haus aufgefallen war, doch sie konnte sich nicht entsinnen.
Sie werden meine Fingerabdrücke finden und denken, dass ich ihn getötet habe.
Sie hatte geklingelt, immer wieder, und dann hatte sie vorsichtig die unverschlossene Tür geöffnet. Sie hatte mehrmals
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