Todesreim : Hachenberg und Reiser ermitteln (German Edition)
vergessen oder na ja …“ Er brach den Satz ab.
„Ja?“, fragte Simon. Er merkte, dass der Junge etwas zurückhielt. „Vielleicht ist es wichtig, Herr Witt.“
„Vielleicht“, antwortete er, „aber er war mein Freund. Ich will ihn nicht schlechtmachen, schon gar nicht, wo er jetzt tot ist.“
„Das kann ich verstehen.“ Reiser schaltete sich ein und sprach mit engelsgleicher Zunge.
Das muss ihn einige Überwindung kosten . Simon grinste.
„Sie wollen doch bestimmt, dass wir denjenigen schnappen, der Ihrem Freund das angetan hat. Sagen Sie uns alles, was Sie wissen, wir versuchen immer, diskret zu sein.“ Bei dieser Aussage hätte Simon am liebsten laut aufgelacht, aber er riss sich zusammen.
„Es ist halt so, dass Chrissy recht beliebt war.“ Sebastian lächelte traurig. „Kurz gesagt, er war ein Weiberheld.“
„Ein Weiberheld?“ Simon war enttäuscht.
„Na ja, seine Vorlieben waren halt, wie soll ich sagen, die etwas älteren und vor allem verheirateten Frauen. Mit jungen Frauen wollte er sich nicht mehr abgeben. Er sagte, die würden so klammern, da hätte er keinen Bock drauf. Das würde bei den verheirateten nicht passieren, und er achtete auch stets darauf, dass die Damen nicht gerade die Ärmsten waren. Sie hatten wohl alle Geld.“
„Er war also ein sogenannter Gigolo?“ Reiser spuckte die Worte fast aus.
„Nein, nein, das verstehen Sie falsch. Er hat sich nicht bezahlen lassen, obwohl er bestimmt auch nichts gegen gewisse Zuwendungen und Vergünstigungen hatte.“
„Macht eigentlich keinen Unterschied, oder?“ Reiser hatte sich sein Bild gemacht und schaute Simon fragend an, doch der schüttelte nur mit dem Kopf.
„Erzählen Sie weiter, haben Sie irgendwelche Namen, kennen Sie eine von den Damen?“
„Nein.“ Die Antwort kam für Simons Geschmack zu schnell, aber er sagte nur:
„Gut, falls Ihnen noch ein Name einfällt, sagen Sie es uns bitte.“
„Ich habe Chris andauernd gesagt, dass er einmal richtig Ärger bekommen würde, er hat immer nur gelacht.“
„Er hat Ihnen also davon erzählt, aber keine Namen genannt.“
„Nein, Chris war in dieser Beziehung sicherlich nicht gerade vorbildlich, er war trotz allem ein toller Mensch, der sich auch für andere Menschen eingesetzt hat.“ Man merkte es ihm an, wie schwierig es für ihn wurde, über seinen toten Freund zu sprechen und Simon wollte auf keinen Fall, dass Reiser irgendeine verächtliche Bemerkung machen würde, deshalb erwiderte er schnell:
„Ich verstehe.“
Simon war hinter Sebastian getreten und legte ihm freundschaftlich die Hand auf die Schulter. Dabei schaute er Reiser mit einem warnenden Blick an.
„Ich habe gehört, dass Sie meinen Sohn Julian kennen, stimmt das? Er trainiert auch im BFit.“ Simon entschied sich, das Gespräch in eine andere Richtung zu lenken.
„Ja, das stimmt.“ Sebastian schluckte den Köder. Er hatte nichts bemerkt. „Wir haben am Samstag zusammen trainiert. Er hat mir von seinem Job bei der Kripo erzählt.“ Er wurde plötzlich wieder nervös. „Enzo war auch da“, ergänzte er.
„Fahren Sie fort, von wann bis wann haben Sie trainiert? Erzählen Sie uns von Enzo Rossi, wie gut kannten Sie ihn?“ Simon befürchtete, dass das Gespräch ins Stocken geriet, er kannte die Anzeichen dafür gut.
Reiser stand auf und sagte zu Simon gewandt:
„Ich gehe uns etwas zu trinken holen, willst du Kaffee oder Wasser?“
„Danke, Reiser, ich will nichts. Vielleicht möchte Herr Witt etwas trinken.“
Sebastian wirkte unkonzentriert, als ob er über etwas nachdachte, dennoch zu keinem Ergebnis kam. Er gab keine Antwort.
„Hol ihm ein Wasser“, antwortete Simon an dessen Stelle. Simon setzte sich auf den freigewordenen Stuhl und lächelte den Zeugen aufmunternd an. „Fahren Sie fort“, wiederholte er seine Bitte.
„Ich glaube, ich war von 12 bis 13 Uhr da, nur etwa eine Stunde, von dort aus bin ich direkt nach Köln gefahren. Es war ziemlich viel los im Fitness-Studio. Als Enzo kam, bin ich auch schon fast los. Ich kann ihn nicht leiden. Niemand mag ihn eigentlich“, dann korrigierte er sofort, „mochte ihn, mein ich.“ Er ahnte wohl nicht, dass er ihnen soeben ein Motiv, wenn auch ein sehr schwaches, für den Mord an Enzo geliefert hatte.
„Okay, Sie mochten ihn nicht. Warum? Was war er für ein Typ? Im Bistro Leonardo haben Sie ihn vor einigen Zeugen beschuldigt, etwas mit dem Tod von Christoph Stein zu tun zu haben. Was haben Sie damit gemeint? Herr Witt,
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