Todesriff
was eingestellt. Das gibt es ja, nicht wahr? So was wie eine selektive Wahrnehmung ... Wenn Sie nach einem roten Auto Ausschau halten, dann merken sie erst mal, wie viele rote Autos herumfahren, und wenn sie immer weiter nach roten Autos schauen, dann sind Sie irgendwann der festen Überzeugung, dass ausschließlich rote Autos auf den Straßen ...”
„ Ja.” Shane wurde allmählich ungeduldig, und wenn nicht der Casino-Manager Dorothy so ernsthaft
zugehört
hätte, wäre er spätestens jetzt gegangen.
„ Jedenfalls ...” Sie räusperte sich, bereitete ihre Zuhörer darauf vor, dass nun das Delikate diese r Angelegenheit kommen würde. „J edenfalls stand da am zehnten Oktober letztes Jahr ein Mann an meinem Schalter, wollte dreihundert Dollar in Chips - und als er das Geld hinlegte, fiel ich fast in Ohnmacht.”
Shane sah sie fragend an. Auch der Manager wirkte gespannt. „ Er hatte so einen verdammten Schlüsselanhänger am Gürtel wie mein Exmann! Verstehen Sie? Ich hatte ihn gar nicht angesehen, und als ich den Schlüsselanhänger sah, dachte ich, es sei er ! Ich dachte, er sei zurückgekommen!”
Shane holte Atem. „ Und was hat das mit dem besonderen Vorkommnis an diesem Tag zu tun ?“
„ Dieser Schlüssela nhänger”, sie flüsterte jetzt, „ der zeigte eine nackte Frau, die ihre Beine spreizt, wenn man das Bild im richtigen Winkel hält.”
Shane nickte, wusste aber noch immer nicht, was sie ihm erklären wollte.
„ Sie kennen doch sicher diese Postkarten mit Frauen, die einem zuzwinkern, wenn man sie hin- und her bewegt. Bei Schlüsselanhängern gibt es so was auch. Also, zwei Tage später habe ich in der Zeitung von einem Ertrunkenen gelesen, der an den Strand gespült worden war. In dem Artikel stand, dass er
so einen Schlüsselanhänger am Gürtel trug. Die nackte Frau. ”
„ Der Mann aus dem Casino war also ertrunken?“
Sie schüttelte den Kopf. „ Aber nein!“
„Nein?“
„Also: Der Tote hatte zwar den gleichen Schlüsselanhänger wie der Mann, der bei mir Geld getauscht hat, aber er war es nicht. ”
„ Zum Mitschreiben: der Tote am Strand war nicht derselbe Mann wie der, dem sie Geld getauscht haben, obwohl beide den gleichen Schlüsselanhänger am Gürtel trugen?”
Sie nickte. „ Genau, ich bin natürlich gleich zur Polizei, weil ich geglaubt habe, es wäre derselbe – und ich wollte was zu den Ermittlungen beisteuern ... es war schon gruselig, wie er da so tot auf dem Metalltisch lag ... aber ... ”
Shane sah sie fragend an.
„ Die Polizei hat mir zuerst nicht geglaubt, weil die Besitzerin vom Motel Lagoon ...“
„Könnten Sie erklären, was ...“
„Warten Sie halt mal, ich erkläre es schon. Also, Kathy Fischer vom Lagoon hat bei der Polizei behauptet, der Tote sei der, der bei ihr unter dem Namen Goran Hentschel eingecheckt habe.“
Sie befeuchtete ihre Lippen. „Es war ganz furchtbar, ich meine, der Anblick ... ich hab noch nicht so viele Tote gesehen ... aber ... ja, sie sagte, sie wäre ganz sicher gewesen, dass sich dieser Mann am ... am siebten Oktober – ich hab nun mal auch ein gutes Zahlengedächtnis – bei ihr eingemietet hätte.“
„Hm.“
„Tja, ich weiß auch nicht. Auf den ersten Blick sahen sie sich vielleicht wirklich ein bisschen ähnlich ...“
„Danke, vielleicht brauche ich noch ei nmal Ihre Aussage“, sagte Shane.
Als Shane sich von Dorothy verabschiedete, gab der Hotelmanager ihm einen Stapel Zettel: die Kopien der Anmeldungen vom zehnten Oktober.
Shane öffnete wenig später die Autotür und ließ sich auf den Fahrersitz fallen.
„ Und?”, wollte Lewis wissen.
„ Eine Angestellte hat ...” , fing Shane an.
„ Verdammt, nein, ich meine, wie ist das Spiel ausgegangen?”
„ Sorry, Lewis, ich hab vergessen zu fragen.”
„ Hättest mir wenigstens noch `n Bier mitbringen können! Wohin kutschierst du mich jetzt?”
„ Noch mal in die Po liz eistation.”
„ Ich hätte doch vor der Glotze bleiben sollen“, grunzte Lewis.
Vier Einbrüche, drei Überfälle auf Tankstellen, zwei Vergewaltigungen, drei Autodiebstähle ... dann e ndlich fand Shane im Po liz eibericht das, wonach er suchte: Am zwölften Oktober des vergangenen Jahres hatte eine Joggerin einen Toten am Strand von Broadbeach entdeckt. Er hatte in seiner Jackentasche einen deutschen Reisepass bei sich gehabt, der auf den Namen Goran Hentschel lautete. Als Todesursache wurde Ertrinken angegeben. Der von Dorothy erwähnte Schlüsselanhänger
Weitere Kostenlose Bücher