TODESSAAT
war ihm jetzt klar, dass er es mit einem äußerst coolen Burschen zu tun hatte. Ob Found es fertig brachte, so cool zu bleiben, wenn er mit dem konfrontiert wurde, was ihm bevorstand ... das stand auf einem ganz anderen Blatt.
Der Necroscope löste sich aus Johnnys Bewusstsein, beugte sich ein Stück weit zu Penny über den Tisch und sagte leise: »Ich kann verstehen, wie sehr dich das mitnimmt. Ich kann es sogar spüren. Tut mir leid, Penny, aber versuche einfach, ruhig zu bleiben. Es dauert jetzt nicht mehr lange. Wenn Found geht, gehe ich ihm nach. Du bleibst hier und wartest auf mich. O.K.?«
Sie nickte und sagte: »Das lässt dich alles so ... hm, kalt, Harry.«
Er schüttelte den Kopf. »Nur entschlossen. Aber Found ist eiskalt, verstehst du? Damit könnte er im Vorteil sein, wenn ich mir zu viele Gefühle erlaube.«
Während er redete, sah Harry zwei Männer vom Parkplatz kommen und die Raststätte betreten. Sie sahen völlig normal aus, doch irgendetwas stimmte mit ihnen nicht. Als sie an der Selbstbedienungstheke entlanggingen und sich ihre Getränke holten, glitten ihre Blicke suchend durch den Raum, hefteten sich auf den Necroscopen und Penny in ihrer Nische und wanderten weiter. Harry versuchte, ihre Gedanken zu lesen – und traf prompt auf ein mentales Störfeld!
Sofort zog er sich wieder zurück. Zumindest einer der Männer war ein ESPer. Das bedeutete, dass das E-Dezernat dabei war, die Schlinge zuzuziehen ... sowohl um Johnny Found als auch um Harry Keogh! Hier drin würden sie wahrscheinlich nichts unternehmen – möglicherweise noch nicht einmal auf dem dunklen Parkplatz. Doch wie dem auch sein mochte, Harry brauchte keine Verfolger. Offensichtlich waren sie dahinter gekommen, dass sie auch den Necroscopen finden würden, wenn sie Found beschatteten. Ausgerechnet jetzt konnte er sich derartige Komplikationen am allerwenigsten leisten.
Jetzt fiel ihm auch der Wagen wieder ein, der ihm außerhalb von Darlington hinter Founds Lkw aufgefallen war: ein ziviles Polizeifahrzeug mit ... wie viele Männer hatten drin gesessen? Zwei oder drei? Er hatte sie alle für Polizisten gehalten, doch nun wurde er eines Besseren belehrt. Plötzlich spürte er, wie aus heiterem Himmel ein Knurren in seiner Kehle aufstieg. Seine Wamphyri-Natur reagierte auf die Bedrohung. Als er Pennys Blick bemerkte, unterdrückte er das Knurren sofort.
»Harry.« Ihre Stimme klang besorgt. »Du bist ja ganz blass.«
Wut, meine Liebe. »Ich muss mal schnell wohin«, sagte er. »Dazu muss ich dich aber allein lassen – nur für einen Moment. Kommst du zurecht?«
»Hier drin, allein mit ihm?« Sie sah ihn groß an.
»Hier drin sitzen fünfzig Leute«, entgegnete er. Und mindestens zwei von ihnen passen auf wie die Schießhunde. »Ich bin gleich wieder zurück. Versprochen!«
Sie berührte ihn leicht an der Hand und nickte. »Dann werde ich es schaffen.« Aber sie vermied es, in Founds Richtung zu blicken.
Harry stand auf, bedachte sie mit einem roboterhaften Lächeln und ging hinaus in die Nacht.
Für einen etwaigen Beobachter sah es zunächst so aus, als wolle er zur Herrentoilette. Doch als er an den gläsernen Schwingtüren am Ausgang vorüberkam, wandte er sich abrupt zur Seite und drängte sich durch.
Sobald er draußen war, duckte er sich, hauchte einen Nebelschleier hervor und bewegte sich wie ein Schemen zwischen den in Reih und Glied geparkten Autos hindurch. Geleitet von seinen Wamphyri-Sinnen ging er geradewegs auf den zivilen Streifenwagen zu und näherte sich ihm von hinten. Die Silhouette des Fahrers, eines Zivilbeamten, zeichnete sich im stählernen Rahmen des heruntergelassenen Fensters ab, aus dem er in die Dunkelheit hinausblickte und die milde Nachtluft einatmete. Er hatte den Ellenbogen auf die Türleiste gestützt, in seinem Mundwinkel baumelte eine Zigarette.
Der Necroscope verströmte seinen Nebel, kroch wie eine lang gestreckte Spinne vorwärts und vollführte einen sonderbar hüpfenden Limbo, um lautlos neben den Wagen zu gelangen. Erst dann erhob er sich.
Dem Polizisten klappte vor Überraschung die Kinnlade herunter, als aus dem Nebel plötzlich ein Schatten auf ihn fiel und sich vor die Sterne schob. Seine Zigarette flog weg, als der Necroscope ihm einen Schlag versetzte, der so fest war, dass er ihn über den Beifahrersitz sandte.
Er war auf der Stelle weg – genau wie seine Zigarette. Harry trat sie aus. Dann langte er ins Wageninnere und brach den Schlüssel im Zündschloss ab. So viel
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