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TODESSAAT

TODESSAAT

Titel: TODESSAAT Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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sich verzweifelt windenden Parasiten begann.
    Bis dahin hatte Shaithis dem Geschehen reichlich fassungslos zugesehen. Doch jetzt fing er sich wieder. Schließlich war er Wamphyri, und all dies hatte so ziemlich dem entsprochen, was er erwartet hatte. Natürlich, denn das Blut war das Leben. Mit Shaitan zu dinieren, mochte sogar so etwas wie einen Pakt zwischen ihnen besiegeln.
    Jedenfalls vielleicht.
    Danach ...
    ... hatte sich vieles ereignet, und die Einzelheiten verschwammen in Shaithis’ Erinnerung. Bruchstücke von Bildern und Gesprächen überlagerten einander. Während aus dem kalten, blauen, im Glanz der Sterne und des Nordlichts erstarrten Ödland widrige Winde herüberwehten und tanzende Schneeteufel mit sich brachten, die um die Fundamente der glitzernden, ausgeplünderten Eisburgen wirbelten, die den in grauer Vorzeit verbannten Wamphyri zu Grabmälern geworden waren, versuchte Shaithis, diese Bruchstücke in eine zeitliche Abfolge zu bringen oder, falls ihm das nicht gelingen wollte, sie doch zumindest einzeln zu betrachten.
    Die Höhle zum Beispiel, die Shaitan als Werkstatt diente. Sie war direkt unter dem nördlichen Abhang des Vulkans gelegen, den Shaithis bislang noch nicht in Augenschein genommen hatte. Schon bald nach seiner Ankunft hatte der Gefallene ihn hier herumgeführt.
    Abgesehen von den gewaltigen Ausmaßen und dem hohen Deckengewölbe des tropfsteingeschmückten Ortes – dessen nahezu undurchsichtige Fenster aus Eis auf das Dach der Welt hinausgingen und es dabei grotesk verzerrten und in dessen tiefen, im ewigen Frost gelegenen Gruben Shaitan für gewöhnlich seine brisanteren, weniger fügsamen Experimente zu verwahren pflegte – hatte die Werkstatt ungefähr so wie jede andere auch ausgesehen. Auch Shaithis war ein Meister, was die Umwandlung metamorphen Fleisches anging. Zumindest hatte er sich immer als solcher betrachtet, bis er sah, was sein Ahnherr geschaffen hatte.
    Als er durch Eis, so klar wie Wasser, auf ein derartiges Stück hinabblickte, brachte er seine Meinung mit den Worten zum Ausdruck: »Wäre das hier Starside und die Alten Wamphyri noch an der Macht, würde dies allein genügen, Euch zu verurteilen und aufs Neue in die Verbannung zu schicken oder Euch auf der Stelle hinrichten zu lassen. Hm, es hat Fortpflanzungsorgane. Das war verboten!«
    »Ein Bulle, ganz recht«, hatte Shaitan mit einem Nicken seiner Kapuze entgegnet. »Leider treibt die Fortpflanzung, der Geschlechtsakt, allein der Gedanke daran – schon der Besitz dieser Organe, also der Mittel dazu – diese Kreaturen zur Weißglut. Dieser hier habe ich ein Gegenstück gemacht, ein Weibchen. Zum Dank dafür hat er sie prompt in Stücke gerissen! Aber auch wenn sie weitergelebt und geworfen hätte, was dann? Ich kann mir nicht vorstellen, dass er seine Jungen am Leben gelassen hätte. Mit Sicherheit hätte er sie bei der ersten Gelegenheit aufgefressen. Sieh ihn dir doch an, und er ist noch nicht mal ausgewachsen! Leider so schwer zu kontrollieren, dass ich gezwungen war, ihn hier auf Eis zu legen. Nur sein Geschlecht ist Schuld daran. Es hat ihn hochmütig gemacht, und Hochmut ist der reinste Fluch. Bei den Menschen verhält es sich natürlich nicht anders ...«
    »Und bei den Wamphyri ist es ebenso«, hatte Shaithis genickt.
    »Schlimmer!«, brüllte Shaitan. »Denn bei ihnen sind all diese Triebe um das Zehnfache stärker!«
    »Aber sie reißen ihre Sklavinnen nicht gleich in Stücke. Jedenfalls nicht immer.«
    »Das macht sie nur zu umso größere Narren«, sagte Shaitan. »Denn wenn man ewig leben kann, welchen Sinn macht es dann, Nachkommen zu zeugen, die dich eines Tages vom Thron stoßen und vernichten werden?«
    »Dennoch habt Ihr Euch Frauen gesucht, um sie zu begatten«, hatte Shaithis erwidert. »Andernfalls gäbe es mich ja nicht.«
    Darauf hatten sich ihre Blicke getroffen, und sie hatten einander über Shaitans in ihrer Eisgrube erstarrte Kreatur hinweg in die Augen gesehen. Nach einer Weile hatte der Gefallene entgegnet: »Ganz recht, das habe ich getan – und vielleicht sollte ich aus ebendiesem Grund ...«
    Es war die erste Auseinandersetzung beziehungsweise Diskussion zwischen ihnen gewesen, allerdings nur eine aus einer ganzen Reihe, die noch folgten. Und obgleich Shaithis sich bald darüber beklagen sollte, dass sein Ahnherr mit ihm redete wie mit einem kleinen Kind, erkannte er im Großen und Ganzen doch an, dass das uralte, böse Wesen versuchte, ihm etwas beizubringen. Vielleicht

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