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TODESSAAT

TODESSAAT

Titel: TODESSAAT Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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...!« Klepko hob die Hand, um sich Gehör zu verschaffen, »... sollen Sie dabei sehen, wie knapp ein Zeitraum von sechs Minuten eigentlich ist.« Damit drückte er den roten Knopf an dem Kasten, der vor ihm ins Pult eingelassen war.
    Major Byzarnov kannte die Simulation bereits. Sie interessierte ihn nicht besonders. Dafür zeigte er höchstes Interesse für den Ausdruck auf Luchovs Gesicht. Luchov sah wie gebannt, beinahe atemlos zu. Byzarnov trat zwei Schritte zurück auf den äußeren Laufsteg, schob sich langsam auf den hageren Wissenschaftler zu und räusperte sich.
    Luchov wandte den Kopf und starrte den Major an. »Sie glauben immer noch, das sei eine Art Spiel, nicht wahr?«, sagte er vorwurfsvoll.
    »Nein«, entgegnete Byzarnov. »Das habe ich nie getan.«
    »Ich habe zur Kenntnis genommen, dass jede Anweisung, die ich bezüglich des Einsatzes dieser Waffen eventuell geben könnte, erst Ihrer ›Zustimmung‹ bedarf beziehungsweise derjenigen Ihres Stellvertreters. Nehmen Sie etwa an, ich könnte den Einsatz leichtfertig anordnen?«
    »Keineswegs.« Der Major schüttelte den Kopf. Weil du durchdrehst, vielleicht, aber nicht aus Leichtfertigkeit. Er war sich einiger eng beschriebener, zusammengefalteter Bogen Papier, die seine Tasche ausbeulten, nur zu bewusst – Luchovs aktuelles psychologisches Profil, das der Psychiater des Projekts erstellt hatte.
    Luchovs Blick wurde mit einem Mal leer. »Manchmal kommt es mir so vor, als wäre dies alles eine Strafe.«
    »Oh?«
    »Ja, für die Rolle, die ich bei all dem gespielt habe. Ich meine, ich habe geholfen, das ursprüngliche Perchorsk aufzubauen. Damals war Franz Ayvaz Direktor. Aber er kam bei dem Unfall ums Leben und hat auf diese Weise für alles bezahlt, was er dazu beigetragen hat. Seitdem trage ich die Verantwortung.«
    »Das wäre für jeden eine ziemliche Belastung«, nickte Byzarnov. Er trat einen Schritt zur Seite und versuchte das Thema zu wechseln. »Ich habe gesehen, wie Sie von unten heraufgekommen sind, bevor Klepko mit seiner Präsentation begonnen hat. Waren Sie ... unten in den aufgegebenen Magmasse-Ebenen?«
    Luchov lief ein Schauder über den Rücken. »Gott!«, flüsterte er. »Es sieht schlimm aus da unten! So viele, die nicht mehr rauskamen. Sie wurden eingeschlossen. Ich habe eine Zyste geöffnet. Das Ding darin hat ausgesehen wie ... wie die Mumie eines Außerirdischen. Diesmal war es nicht verwest oder flüssig, nur eine groteske Masse von innen nach außen gestülpten, halb versteinerten Fleisches. Mehrere wichtige Organe hingen heraus, daneben eine ganze Reihe von – ich weiß nicht, wie ich es nennen soll: Fortsätzen? – aus Gummi, Plastik, Stein und ... und ... und so weiter.«
    Er tat Byzarnov leid. Luchov war schon zu lange hier. Allerdings nicht mehr sehr lange, jedenfalls nicht, falls Moskau zügig auf die Empfehlungen des Majors reagierte. »Es ist schrecklich da unten, Viktor«, pflichtete er ihm bei. »Am besten, Sie hielten sich davon fern.«
    Viktor? Dazu noch Byzarnovs Ton! War das etwa Mitleid? Luchov warf ihm einen Blick zu, ließ ihn auf ihm ruhen und wandte sich dann abrupt ab. Über die Schulter gab er scharf zurück: »Solange ich das Projekt leite, Herr Major, komme und gehe ich, wie es mir passt!« Damit rauschte er von dannen.
    Byzarnov begab sich zu Klepko. Die beiden pfeilförmigen Umrisse, die sich ruckartig über den Bildschirm bewegt hatten, waren mittlerweile verschwunden. Die Simulation war vorüber. Klepko sprach gerade das Schlusswort: »... ist wahrscheinlich immer noch mit toxischen Abgasen angefüllt und könnte sehr gut hochgradig radioaktiv sein! Aber natürlich sind wir alle dann schon seit langem außer Gefahr.« Der Major wartete, bis Klepko seine Zuhörer entlassen hatte. Dann nahm er ihn beiseite und sprach einen Augenblick lang eindringlich auf ihn ein. Es ging um Luchov.
    Der Necroscope träumte.
    Er träumte von einem Jungen namens Harry Keogh, der mit den Toten redete und ihr Freund war, ihr einziges Licht in einer ansonsten allumfassenden Dunkelheit. Er träumte von dem Leben, das er als junger Mann geführt, und von den Frauen, die er gekannt hatte, von den Gedanken, die er berührt, und den Körpern, in denen er gelebt hatte, und von den Orten, die er bisher kennengelernt hatte, sowohl in der Vergangenheit als auch in der Zukunft, noch dazu in zwei Welten. Es handelte sich um einen reichlich merkwürdigen, fantastischen Traum, umso fantastischer, als alles auch tatsächlich passiert

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