Todesschach
Gegenseite – seine bisherigen Freunde.«
»Dann ist es also doch besser, Mira und ich beginnen in derselben Mannschaft. Ich töte einen meiner Gegner, der mich nach den Regeln schlagen müßte, und wechsle über. Dann ist Mira informiert …«
»… und Ihr Spieler, Thorn, würde Sie niemals auf Miras Feld schicken. Es sei denn, er wäre eingeweiht, und das wäre wohl zu gefährlich. Nein, es gibt keine andere Möglichkeit: Sie müssen beide als Gegner beginnen, wobei wir nur hoffen können, daß Mira bis zu unserem Angriff auf sie von einem gefährlichen Zug verschont bleibt.«
»Ein Risiko, Grams.«
»Das geringere auf jeden Fall. Sie sind noch immer am Zug, Thorn.«
Eine Weile spielten sie schweigend und konzentriert, dann fragte Thorn:
»Haben Sie schon eine Idee, wie wir es anstellen?«
Grams nickte.
»Eine Idee habe ich schon. Einer meiner Freunde ist Mediziner. Ich habe mit ihm das Problem durchgesprochen, ohne Namen zu nennen. Wir haben, wenn Sie so wollen, eine Theorie erörtert. Er fand den Gedanken faszinierend, das Todesschach zur Rettung eines Menschenlebens einzusetzen. Ich glaube, er weiß den Weg.«
Grams zog und bedrohte Thorns König.
»Können Sie mir etwas darüber sagen?«
»Noch nicht, Thorn. Sie würden sich nur unnötige Gedanken machen und den Kopf zerbrechen. Seien Sie versichert, daß ich alles vorbereiten werde und Sie im letzten Augenblick, aber rechtzeitig genug, informieren werde. Die Hauptsache ist, Ihre Mira kehrt von Io zurück. Sind Sie sicher, daß sie intelligent genug ist, ihre Chance zu wittern?«
»Ja, das bin ich. Wir kennen uns gut genug.«
Grams nickte.
»Dann ist es gut. Alles Weitere überlassen Sie mir. Übrigens – achten Sie auf den nächsten Zug. Ich wende ihn fast in jedem Spiel an. Es ergeben sich immer wieder ähnliche Situationen, wenn die Zahl der Varianten auch sehr hoch sein mag. Sind Sie in der Lage, das Spiel im echten Gelände zu übersehen, so wie ich es kann?«
»Ich hoffe es. Auf dem Brett sieht es natürlich ganz anders und viel leichter aus.«
»Wir werden auch das üben«, sagte Grams mit verstecktem Stolz. »Mein Übungsgelände habe ich Ihnen noch nicht vorgeführt. Wir werden es morgen besichtigen. Und dann spielen wir dort weiter.«
Thorn sah ihn forschend an.
»Sie wollen doch nicht behaupten, daß Sie sich hier ein privates Muster haben anlegen lassen? Es würde ein Vermögen kosten.«
»Ich habe viel Geld, Thorn. Aber fassen Sie sich, natürlich besitze ich kein komplettes Muster, sondern nur zwei den Vorschriften entsprechende Felder. Der Rest der Felder ist simuliert. Sie werden es morgen sehen. Immerhin werde ich dann wissen, ob Sie das Talent zur Übersicht haben.«
Nach vier weiteren Zügen gab Thorn auf.
Er seufzte.
»Ich habe mich immer für einen guten Spieler gehalten, aber nun muß ich zugeben, daß ich eine jämmerliche Figur abgebe – im wahrsten Sinne des Wortes.«
Grams winkte ab.
»Sie sind ein guter Rechner und verfolgen den Verlauf des Spiels ganz ausgezeichnet. Im übrigen sollten Sie sich darüber nicht den Kopf zerbrechen. Im entscheidenden Spiel denke ich für Sie, Thorn. Ich dirigiere Sie genau dorthin, wohin Sie müssen. Sie werden nur einem einzigen Gegner begegnen – Mira. Und noch eins: Sie sind ein guter Spieler, kein schlechter. Ich hatte Mühe, Sie zu schlagen.«
»Ich habe noch nie gegen Sie gewonnen.«
»Um so besser. Dann werden Sie nicht von falschem Selbstbewußtsein eingelullt, wie so viele meiner Gegner im Spiel, die heute nicht mehr leben. Sie denken schärfer, wenn Sie davon überzeugt sind, daß auch der Gegner klug ist. Nur wer seine Gegner für dümmer als sich selbst hält, wird stets unterliegen. Ich habe das nie getan. Ich habe sie sogar überschätzt.«
»Ist das nicht auch ein Fehler?«
»Nein, wenigstens nicht dann, wenn man seine eigenen Fähigkeiten richtig einzuschätzen weiß. Und das sollte man nie vergessen.« Grams sah aus dem Fenster. »Herrliches Wetter. Wir werden fischen gehen.«
Thorn stand auf.
»Und morgen dann Ihr Schachmuster im Gelände?«
»Ja, Thorn, morgen.«
Sie nahmen das Angelzeug und gingen hinunter zum See. Es war kein sehr großer See, aber er war fischreich und lag in einer bewaldeten Mulde eingebettet. Der Zufluß kam aus den Bergen, ein klarer Bach mit viel Geröll. In ihm standen Forellen und andere Gebirgsbachfische. Die Sonne hing in einem wolkenlosen Himmel, und es war warm.
Thorn hätte hier glücklich sein können, wenn er Mira
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