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Todesschiff: Ein Island-Krimi (German Edition)

Todesschiff: Ein Island-Krimi (German Edition)

Titel: Todesschiff: Ein Island-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yrsa Sigurdardóttir
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sehen, wenn er die Tür aufbrechen will? Falls er überhaupt existiert.«
    Ægirs Gedanken spielten verrückt. Er wusste, dass er nur eine Chance hatte, die Schwächen dieses Plans aufzudecken, der seine Familie womöglich das Leben kosten würde. Und es gab jetzt nichts Wichtigeres. Scheiß auf das Geld, scheiß auf ihn selbst, scheiß auf alles außer seiner Familie.
    »Es ist schwierig, hier einzubrechen. Das Fensterglas ist speziell gehärtet, um Stürmen und Wellenbrechern standzuhalten, die wesentlich stärker zuschlagen können, als ein Mensch es je könnte. Aber falls es doch dazu kommt, können sie sich verteidigen.«
    »Ach ja?«, sagte Ægir mit schriller Stimme und hielt einen Moment inne, um sich zu beruhigen. Angesichts dieser absurden Situation war ihm schon wieder zum Lachen zumute. Lára hatte nie einen Grund gehabt, sich selbst zu verteidigen, und ihr Alltag lag in unglaublich weiter Ferne: einkaufen, den tropfenden Wasserhahn im Badezimmer reparieren, Ægirs Eltern zum Essen einladen, die Batterie im Rauchmelder auswechseln. Das wirkte in diesem Moment alles so lächerlich, dass er sich fast nicht mehr im Griff hatte.
    »Willst du Lára etwa die Axt geben?«, gickste er und zeigte auf das Werkzeug, das an der Wand hing. Seine Finger zitterten, und er ließ den Arm wieder sinken. Er wollte nicht, dass die anderen sahen, wie aufgelöst er war.
    »Nein«, antwortete Þráinn, im Gegensatz zu Ægir ganz ruhig und gelassen. »Ich gebe ihr den Revolver.«
    Ægir musste wieder giggeln. Kurz darauf brach er in lautes Gelächter aus, das ihn ans Kiffen während der Schulzeit erinnerte. Ein Lachen einfach so, ohne Grund. Þráinn und Halli glotzten ihn an, bis er nicht mehr weiterlachen konnte und nur noch laut hickste.
    »Sie kann nicht schießen«, stieß er hervor, gefolgt von einer weiteren, irren Lachsalve.
    »Das ist nicht so schwer«, sagte Þráinn. Er klang besorgt – zweifellos eher wegen Ægirs Zustand als wegen Láras Fähigkeiten, mit einer Schusswaffe umzugehen. »Sie muss nur zielen und den Hahn spannen.«
    »Ist das denn sinnvoll?«, rutschte es Halli heraus, aber er merkte sofort, wie seine Worte klangen – als wäre es ihm lieber, Lára sei unbewaffnet, damit er sie leichter überwältigen könnte. »Ich meine, sie kann sich verletzen oder aus Versehen die Mädchen anschießen.«
    »Ich glaube, dafür ist sie zu vernünftig. Ich würde ihr eher den Revolver anvertrauen als euch«, sagte Þráinn und musterte die beiden abfällig.
    Ægir wurde klar, wie armselig sie wirken mussten, und es war ein geringer Trost, dass Halli kaum in einem besseren Zustand war als er: Er leckte sich ständig über die Lippen und bibberte. Der Kapitän hatte vollkommen recht, Lára würde sich nicht dümmer anstellen als sie.
    »Soll ich Lára und die Mädchen holen?«, fragte Ægir.
    »Ja, wir warten solange hier.« Þráinn zeigte auf einen Stuhl und bedeutete Halli, sich zu setzen. Dann drehte er den Kapitänsstuhl so, dass er ihn im Blick behalten konnte. »Beeil dich und trödele nicht rum.«
    Ægir trocknete sich auf dem Weg in die Kabine die vom Lachen feuchten Augenwinkel. Er atmete tief durch, um sich wieder zu fangen. Er musste Ruhe bewahren, wenn er mit Lára redete. Falls er auch nur das kleinste Anzeichen von Unsicherheit zeigte, würde er die Zwillinge und wahrscheinlich auch seine Frau damit anstecken. Zum ersten Mal, seit er Loftur gesehen hatte, gestand er sich ein, wie er sich fühlte. Er war nervös. Er hatte Angst.
    Bevor er die Kabine betrat, räusperte er sich und strich sich durchs Gesicht, damit man ihm die Angst nicht ansah. Dann öffnete er lächelnd die Tür. Seine Frau und seine Töchter waren wach und saßen im Bett, die Decke immer noch über sich gebreitet. Drei Paar gleiche Augen starrten ihn an, und er las aus ihnen, dass es ihm misslungen war, seine Gefühle zu verbergen.
    »Was? Was ist los?«, fragte Lára, stieß die Decke weg und stand auf.
    »Nichts. Es ist etwas passiert, und wir müssen auf die Brücke, nichts Besorgniserregendes. Wir starten eine kleine Suchaktion an Bord, und du musst solange auf der Brücke warten. Mit den Mädchen.« Er gab Lára ein Zeichen, dass er mit ihr alleine reden musste. »Sucht eure Bücher und Spiele zusammen und kommt dann. Mama und ich warten solange draußen im Gang.«
    Die Mädchen schauten ihn verwundert an, sagten aber nichts.
    Lára schlüpfte hastig in ihre Schuhe und warf sich eine Strickjacke über die Schultern.
    »Ihr müsst

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