Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Todesschlaf - Thriller

Titel: Todesschlaf - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eileen Dreyer Leo Strohm
Vom Netzwerk:
und beugte sich ein Stück weiter nach vorne, um Murphy gründlich von oben bis unten zu mustern. »Irgendetwas, worüber ich Bescheid wissen sollte?«
    Der Blick, den Leary Murphy zuwarf, war durch und durch spitzbübisch. »Nur, falls Rendezvous neuerdings ungesetzlich sind. Wir haben eine heiße Affäre, Detective. Haben Sie was dagegen?«
    »Mit einer Tüte Doughnuts?«
    Sie grinste wie ein kleines Mädchen. »Ich wusste, dass Sie als Polizist das verstehen würden. Bis später, Sir.« Und dann, obwohl seine Krawatte fast ins Wageninnere hing, fing sie an, das Fenster nach oben zu kurbeln.
    Micklind legte seine fleischige Hand auf den oberen Rand der Scheibe. »Mit Ihnen möchte ich auch sprechen, Mr. Murphy. Ich habe mir gedacht, Sie hätten bestimmt nichts dagegen, mir zu erläutern, wie Sie zu Ihrer Sammlung an blauen Flecken gekommen sind.«
    Murphy war ehrlich verblüfft. »Ganz und gar nicht.«
    Micklind nickte, nahm die Hand aus dem Fenster und zog seine Krawatte zurück.
    »Dieses Städtchen wird von Minute zu Minute interessanter«, sinnierte Murphy.
    Leary lachte. »Und Sie haben gedacht, es würde Ihnen hier nicht gefallen.«
    »Tut es auch nicht. Das Letzte, was ich im Augenblick gebrauchen kann, ist irgendetwas Interessantes.«

    Sie lachte noch einmal, und er wusste, dass sie ihn viel zu gut verstehen konnte.
     
    Sie besuchten noch sechs weitere Familien. Sie begegneten keinem einzigen Menschen, der bei der Frage, ob auch er ein Angebot zur Beendigung des Lebens eines Elternteils erhalten hatte, mit der Wimper zuckte. Ein paar reagierten sogar regelrecht verstimmt. Die meisten aber zeigten die übliche Mischung aus Trauer, schlechtem Gewissen und Erleichterung, mit der Murphy mittlerweile sehr vertraut war. Davon hatte er schon nach dem ersten Besuch genug gehabt. Nach dem letzten war er noch schlechter gelaunt als alle anderen mit Ausnahme von Leary, die leidenschaftlich mit den Zähnen knirschte. Dadurch wurde Murphy klar, welches ihr nächstes Ziel sein würde.
    »Wollen Sie damit etwa sagen, dass ich keine angenehme Gesellschaft bin?«, schnauzte sie ihn an. Die Phase der manisch guten Laune war längst schon Vergangenheit.
    Murphy stellte den Wagen in ihrer Einfahrt ab. »Genug ist genug, Leary. Auch ich kann so was an einem Tag nur in begrenztem Maß verkraften. Und Sie sind ja kurz davor, zu implodieren.«
    Sie zupfte an den Nähten ihrer Handtasche herum, bis das ganze Ding auseinanderzufallen drohte. »Da täuschen Sie sich aber gewaltig, Murphy. Ich bin lediglich überdreht und habe Schmerzen.«
    »Sie haben jetzt vier Stunden lang in Dingen herumgestochert, wie sie möglicherweise auch Ihrem Vater zustoßen könnten. Spielen Sie mit Ihrer Tochter. Spielen Sie von mir aus Baseball, wenn es unbedingt sein muss. Machen Sie sich bewusst, dass es noch etwas anderes gibt.«
    »Ist das ein Teil Ihrer Therapie?«, giftete sie ihn an. »Die verschreckten Massen zu beruhigen?«
    »Ich unternehme keinerlei weiteren Schritte, solange ich
in meinem Büro bin«, versprach er ihr. »Ich sehe mir den Artikel über Ihren Vater noch einmal an. Er soll morgen erscheinen.«
    Jetzt wurden sogar ihre rastlosen Finger still. »Na, toll. Wieder mal eine Runde ›Innisfree‹ und ›Foggy Dew‹. Da kann ich mich ja gleich erschießen.«
    »Ich bewahre Ihnen ein Exemplar auf, für später, wenn Sie mehr Lust haben, es zu lesen.«
    Der Fahrgastraum des Autos schien immer mehr zu schrumpfen. »Ich bin schon ganz schön groß, Murphy. Sie brauchen mich vor diesem alten Mann nicht zu beschützen.«
    Auf der Beifahrerseite, dort, wo Leary saß, ließ eine Eiche ihre Blätter fallen. Murphy sah zu, wie eines nach dem anderen auf den ungeharkten Rasen fiel.
    »Ich war ein toller Säufer, Leary«, sagte er. »Wahnsinnig unterhaltsam, mit allen befreundet. Ich habe zwei Pulitzer-Preise gewonnen und ein paar der besten Leute im Nachrichtengeschäft eingearbeitet und war gleichzeitig so breit, dass ich nicht einmal mehr wusste, dass man vor dem Pissen lieber den Reißverschluss aufmachen sollte.« Er holte tief Luft, bevor er die Selbsteinschätzung loswerden konnte, die er sich erst bei seiner vierten Entziehungskur eingestanden hatte. »Außerdem habe ich meine ersten beiden Frauen in einen Nervenzusammenbruch getrieben. Und das heißt doch wohl, dass ich mich auf dem Gebiet ganz gut auskenne.«
    Eine winzige Pause entstand. Und dann ein krächzendes Lachen. »Und dann müssen Sie ausgerechnet hier landen.« Sie seufzte.

Weitere Kostenlose Bücher