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Todesschrei

Todesschrei

Titel: Todesschrei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Rose
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gefälligst beruhigen.« Tino musterte ihn einen Moment. »Du hast es also nicht zum Friedhof geschafft.«
    »Nein, aber das ist schon in Ordnung. Es ist nicht so wie letztes Jahr.« Er sah Tinos zweifelnde Miene und fügte hinzu: »Mir geht es gut. Wirklich.«
    »Du bist also die ganze vergangene Woche nachts in deinem Zimmer auf und ab gewandert, weil es dir gutgeht.« Er zog eine Braue hoch, als Vito protestieren wollte. »Dein Schlafzimmer liegt direkt über meinem. Ich höre jede Bodendiele knarzen.«
    »Dann sind wir ja quitt. Ich höre nämlich jedes gestöhnte >O Tino.<«
    Tino besaß wenigstens den Anstand, verlegen zu tun. »Ich hatte seit Wochen keine Frau mehr im Bett, und es sieht nicht aus, als würde sich das in nächster Zukunft ändern. Aber macht nichts. Ich hatte einen Auftrag für eine Kundin fertig zu machen. Und dank deinen nächtlichen Wanderungen ist es mir sogar gelungen, Mrs. Sorrells Gemälde vor dem Termin abzuliefern.« Er wackelte mit den Brauen. »Du weißt, welches Gemälde ich meine.« »Ja«, sagte Vito trocken. Die Frau hatte Tino beauftragt, von einem sehr privaten Foto ein Gemälde als Geschenk für ihren Mann anzufertigen. »Du meinst sicherlich das mit den entzückenden -« Im Wohnzimmer raschelte jemand. »Ohrringen«, beendete er, und Tino grinste. »Hey, ich bin bloß froh, dass ich fertig war, bevor die Jungs heute herüberkamen. Der Auftrag war definitiv ... nicht ganz jugendfrei. Mr. Sorrell ist ein glücklicher Mann.« Vito schüttelte den Kopf, hauptsächlich um das Bild von Sophie Johannsen in ihrem engen Strickpulli zu verdrängen. »Tino, irgendwann gerätst du mal in ernste Schwierigkeiten, wenn du weiterhin unanständige Bilder von den Ehefrauen fremder Männer malst.«
    Tino lachte. »Dante hat recht, du bist wirklich nicht entspannt. Mrs. Sorrell hat eine Schwester.« Vito schüttelte wieder den Kopf. »Nein danke.« Schlagartig wurde Tino wieder ernst. »Es ist zwei Jahre her, seit Andrea gestorben ist«, sagte er leise.
Seit Andrea gestorben ist
war als Satz viel zu gefühlsbereinigt, aber er hatte keine Energie mehr, um sich darüber zu streiten. »Ich weiß genau, wie lange es her ist. Bis auf die Minute genau.«
    Tino schwieg einen langen Moment. »Dann weißt du auch, dass du lange genug gebüßt hast.« Vito sah ihn an. »Wie lange
ist
lange genug, Tino?« »Um zu trauern? Das weiß ich nicht. Aber um sich selbst die Schuld zu geben ... da waren schon fünf Minuten zu viel. Lass es endlich gut sein, Vito. Es ist passiert. Es war ein Unfall. Aber du wirst das wohl erst akzeptieren, wenn du wirklich bereit dazu bist. Ich hoffe nur, dass das bald eintritt, denn sonst bist du am Ende ganz schön einsam.« Vito wusste nicht, was er darauf antworten sollte, und Tino stand auf und holte einen Teller aus dem Kühlschrank. »Ich habe dir ein Stück Kuchen der Jungs gerettet. Und ich habe die Backaktion überwacht, du kannst ihn also gefahrlos essen.«
    Vito sah stirnrunzelnd auf den Teller. »Das ist ja nur Guss. Wo ist der Kuchen?«
    Tinos Lippen zuckten. »Von dem Teig hat es nicht viel in die Form geschafft.« Er hob die Schultern. »Als sie herkamen, waren sie wegen Molly ziemlich verstört. Ich fand, es konnte nicht schaden.«
    Verblüfft, dass plötzlich Tränen in seinen Augen brannten, senkte Vito hastig den Blick und konzentrierte sich darauf, die Frischhaltefolie von dem Kuchen abzupulen. »Das war nett von dir, Tino.«
    Tino zuckte wieder die Achseln, sichtlich verlegen über das Lob. »Sie sind unsere Jungs. Familie.« Vito dachte an Sophies Lob, das so aufrichtig und ungekünstelt geklungen hatte. Es hatte ihn nicht verlegen gemacht, sondern von Herzen erfreut. Er hatte sich schon lange nicht mehr so gefühlt.
    Tino stand auf. »Ich gehe jetzt schlafen. Morgen sieht die Welt schon wieder rosiger aus, glaub's mir.«
    Das Bedürfnis zu reden überkam ihn so plötzlich wie ein Hieb mit einem Baseballschläger. Ohne den Blick von dem Guss-Desaster mit den paar Kuchenkrümeln zu heben, sagte er: »Ich habe heute jemanden kennengelernt.« Aus dem Augenwinkel sah er, wie Tino auf den Stuhl zurücksank. »Oh? Von der Polizei?«
    Nein. Nicht von der Polizei. Nie wieder. »Nein. Eine Archäologin.«
    Tino blinzelte. »Eine Archäologin? Wie in
Indiana Jones?«
Vito lachte, als er sich Sophie Johannsen mit staubigem Filzhut vorstellte, wie sie sich mit einer Machete durch den Urwald kämpfte. »Na ja. Eher wie ...« Ihm fiel auf die Schnelle kein passender

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