Todesspur
beobachten. Was hier bei den Partys läuft, ist das, was überall läuft: kleine Dealereien zum Sofortkonsum. Die Veranstalter verdienen ihr Geld mit dem Eintritt und dem Verkauf von Getränken. Das kann ein einträgliches Geschäft sein, wenn man es richtig anstellt.«
»Aber haben nicht Sie selbst die Jungs aus Waldhausen davor gewarnt, auf der Party Drogen zu verkaufen?«, wirft Völxen ein.
»Ja, habe ich. Rein prophylaktisch. Ich kenne die ja nicht.«
»Und dieser Hainhölzer Straßengang lagen dann wohl auch nur die Gesundheit der Partygäste und der Ruf des Veranstalters am Herzen, als sie die Band bedroht haben?«
Schaller stöhnt genervt. »Verdammt, ich weiß es nicht. Vielleicht haben sie einfach nur Streit gesucht. Leider sind die manchmal so drauf, dass sie gar keinen Anlass brauchen, um gewalttätig zu werden. Ich denke, es ging denen einfach tierisch auf den Sack, dass da diese Schnösel in ihren Poloshirts anspaziert kommen und eine fette Party schmeißen wollen. Die haben Angst vor der Konkurrenz, Angst, dass die es besser machen. Diese verwöhnten Elitekinder haben ja auch mehr Kohle in der Hand, die können ein finanzielles Risiko eingehen – der Papa wird es dann schon wieder richten. Verstehen Sie, bis jetzt waren die Jungs hier die Größten, wenn so eine Party gut lief. Die haben was zu verlieren.«
»Ja, ich verstehe«, räumt Völxen versöhnlich ein.
»Was ist mit dem Handy des Opfers?«, fragt der LKA -Ermittler.
»Es ist weg. Ein teures Blackberry. Die Verbindungsnachweise des Providers sind, wie üblich, noch nicht da, und die Ortung war bislang vergeblich.«
»Tun Sie mir einen Gefallen, Herr Völxen?«
»Der wäre?«
»Wirbeln Sie keinen unnötigen Staub auf, das würde die ganze Mühe der letzten Wochen zunichtemachen. Dafür biete ich Ihnen an, Augen und Ohren offen zu halten, falls ich was mitkriege in Sachen geklautes Handy oder was auch immer mit Ihrem Fall zu tun hat.«
»Einverstanden.« Völxen winkt der Bedienung zum Zahlen. »Darf ich Sie mal was fragen?«
»Klar.«
»Diese Rappersache – gehört das zu Ihrer Tarnung oder macht Ihnen das Spaß?«
»Beides. Ich hoffe, dass ich mal von meiner Musik leben kann. Im Moment sieht es gar nicht so schlecht aus. Ich kann es mir nämlich kaum noch vorstellen, den ganz normalen Dienst als Beamter.«
Die Kellnerin bringt die Rechnung, Schaller zieht ein paar zerknitterte Scheine aus seiner Hosentasche.
»Lassen Sie, das geht auf mich«, sagt Völxen. Rasch sind die Scheine wieder verschwunden. Völxen hat gerade bezahlt, nicht ohne ein großzügiges Trinkgeld zu geben und noch einmal die Torte zu loben, als sich ein Junge zögernd ihrem Tisch nähert. Er ist etwa sechs, sieben Jahre alt und hat ein aufgeschlagenes Schulheft und einen Filzstift in der Hand. An seinem Ziel angekommen, wirft er einen unsicheren Blick über die Schulter, zu einer Frau, die zwei Tische entfernt sitzt und ein Baby aus einem Gläschen füttert. Sie nickt ihm aufmunternd zu, und der Junge murmelt mit schüchtern gesenktem Kopf: »Kann ich bitte ein Autogramm haben?«
»Von mir?«, fragt Völxen augenzwinkernd. Der Junge blickt auf, schüttelt voller Ernsthaftigkeit den Kopf und deutet auf Jamil Schaller alias Oumra. »Nein, von dem.«
Der Rapper entblößt seine komplette Zahnreihe und winkt das Kind heran. »Yo, Mann, komm her, Mann! Ein Autogramm willst du? Klar, Bruda, her mit dem Ding.« Er schnappt sich das Heft und wirft seinen Künstlernamen schwungvoll und ziemlich unleserlich quer über die Seite, während er Völxen entschuldigend zuzwinkert, als wolle er sagen: So ist das eben, wenn man ein Star ist. Dann gibt er dem Kind das Heft und den Stift zurück.
»Danke!«, haucht der Junge, der inzwischen vor Aufregung knallrote Wangen bekommen hat.
»Yo, geht klar, Bruda!«
Der Junge wendet sich zum Gehen, dreht sich dann aber noch mal um und sagt mit piepsiger Stimme: »Und schießen Sie bitte weiter so viele Tore für 96 , Herr Ya Konan.«
16
Fernando hat seine Füße neben der Tastatur abgelegt, kaut auf einem Bleistift herum und wippt dabei auf dem Schreibtischsessel vor und zurück. Was hat es mit dieser Geheimniskrämerei um diesen Oumra auf sich? Ist der Mann vielleicht Gegenstand eines Zeugenschutzprogramms? Aber solche Personen verhalten sich im eigenen Interesse möglichst unauffällig, treten nicht als Rapper auf und lassen sich erst recht nicht bei jeder Gelegenheit für Stadtmagazine und Konzertplakate ablichten. Egal,
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