Todesstatte
fragte sich, wann es wohl angemessen sei, wieder im Krankenhaus anzurufen. Er war gerade erst angekommen und wartete darauf, dass Fry ihr Gespräch mit den beiden Reservepolizisten beendete. Es sah so aus, als wollte sie sicherstellen, dass die beiden wussten, wer der Boss war.
»Tja, bleib am Ball, Ben«, sagte sie, nachdem er ihr von seinem Besuch bei Ellen Walker berichtet hatte. »Irgendwann wirst du schon Erfolg haben.«
»Meinst du wirklich, Diane?«
»Mrs.Walker hat sich anscheinend von einer oberflächlichen Ãhnlichkeit täuschen lassen. Gesichtsrekonstruktion ist eine Kunst und keine Wissenschaft â ganz egal, was dir die Experten weismachen wollen. Es spielt keine Rolle, ob sie von Hand oder am Computer gemacht werden. Ein groÃer Teil davon ist reine Vermutung.«
»Ja, im Grunde genommen ist das genau das, was...«
»Also ist es kaum überraschend, dass es hin und wieder einen Fehlalarm gibt. Hak es als Erfahrung ab. Und wie ich schon gesagt habe, bleib am Ball.«
»Gut«, erwiderte Cooper. »Dann bleibe ich am Ball.«
»Was hast du noch?«
»Ich habe von einem Odontologen ein Zahnschema erstellen lassen. Jetzt brauche ich einen Zahnarzt, der es seiner Kartei zuordnen kann.«
Cooper hatte eine Kopie des bei der Obduktion erstellten Zahnschemas auf seinem Schreibtisch vorgefunden. Die meisten der dunklen Stellen, wo Zahnbehandlungen vorgenommen worden waren, befanden sich im seitlichen Mundbereich, an den Backenzähnen und den Vorbackenzähnen. Die Schneidezähne waren weitgehend frei von Füllungen, und der Odontologe hatte sie als »regelmäÃig« bezeichnet.
»Ich wünschte, es wäre so einfach, wie es immer im Fernsehen dargestellt wird«, sagte er. »Als müssten wir nur ein paar Details eines beliebigen Gebisses in eine riesige Datenbank eingeben, um sofort eine Identifizierung zu bekommen.«
Fry hörte ihm nicht mehr zu, aber Gavin Murfin blickte von seinem Schreibtisch auf.
»Soll das etwa heiÃen, dass es gar nicht so ist?«, sagte er. »Dann hat mich die BBC angelogen.«
Cooper erinnerte sich daran, wie ihn Ellen Walker sekundenlang angestarrt hatte, während er versucht hatte, seine Verwunderung über die Nachricht zu verarbeiten, dass Audrey Steele eingeäschert worden war. AnschlieÃend war ihm nichts anderes eingefallen, als Mrs. Walker nach einem möglichst aktuellen Foto von Audrey zu fragen.
»Sie meinen, aus der Zeit kurz vor ihrem Tod?«, hatte sie gefragt.
»Nach Möglichkeit.«
»Normalerweise hätte ich keines. Zumindest keines, auf dem wir älter als Ende zwanzig sind. Aber ihre Mutter hat Karten für die Feuerbestattung drucken lassen. Die waren als Andenken gedacht, mit ein paar Gedichtzeilen drauf. Wissen Sie, wovon ich spreche?«
»Ja, ich glaube schon.«
»Na ja, ich habe meine aufgehoben, also müsste sie hier irgendwo sein. Die Qualität ist gar nicht so schlecht. Ich glaube, Tante Viv hat ganz schön viel Geld ausgegeben, um sie drucken zu lassen. Aber das ist auch kein Wunder. Sie hat schlieÃlich groÃe Stücke auf Audrey gehalten.«
»Viv ist ihre Mutter, nehme ich an?«
»Vivien Gill. Tante Viv ist die Schwester meiner Mutter.«
»Könnten Sie die Gedenkkarte für mich suchen, Mrs. Walker?«
Ellen hatte gezögert. »Ich verstehe nicht, warum Sie sie sehen möchten. Was sollte sie Ihnen denn nützen?«
»Das weià ich selber nicht so genau. Aber trotzdem, wenn es nicht zu groÃe Schwierigkeiten macht...?«
»In Ordnung. Aber das könnte ein bisschen dauern, also setzen Sie sich doch, während Sie warten.«
»Vielen Dank.«
Sie war ins angrenzende Zimmer gegangen, und Cooper hatte sie eine Schublade öffnen hören.
»Hier, bitte. Es hat doch nicht so lange gedauert.«
»Vielen Dank.«
Das Farbfoto von Audrey Steele hatte einen leichten Rotstich, war aber auf eine qualitativ hochwertige, leicht glänzende Karte gedruckt. Audrey lächelte darauf und genoss irgendwo die Sonne, mit einem Cocktail auf dem Tisch vor ihr und einem Fleck blauem Meer im Hintergrund. Sie trug ein weiÃes Top mit schmalen Trägern, das den Blick auf ihre von der Sonne geröteten Schultern freigab.
»Audrey hatte immer einen Freund, wenn sie einen wollte«, hatte Ellen Walker gesagt. »Die Männer mochten sie.«
»Ja, sie sieht... Na ja, sie sieht
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