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Todesstatte

Titel: Todesstatte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Booth Stephen
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behalten, obwohl ich weiß, dass sie nicht von Audrey ist. Nicht dass ich mir die ganze Zeit die Asche ansehen würde, nur die Urne.«
    Cooper hob die Hände. »Die Urne gehört Ihnen. Aber wenn Sie möchten, könnten Sie bald die richtige Asche bekommen und hineinfüllen.«
    Â»Ach, nehmen Sie sie mit. Ich überlege mir, ob ich sie zurückhaben möchte, und gebe Ihnen Bescheid.«
    Â»Vielen Dank.«
    Mrs. Gill gab ihm mit einer Geste zu verstehen, dass er sitzen bleiben solle, und holte die Urne. Ehe Cooper etwas sagen konnte, nahm sie den Deckel ab und blickte hinein.
    Â»Seltsam, nicht wahr?«, sagte sie. »Wie wenig von uns übrig bleibt.«
    Â»Ja. Darf ich?«
    Cooper nahm eine große Plastiktüte aus der Tasche und packte die Urne ein, ehe er eine Quittung ausstellte. Da der Deckel nicht den Eindruck machte, als säße er besonders fest, würde er im Auto darauf achten müssen, dass die Urne aufrecht stand. Die Laboranten wären sicher nicht erfreut, nur die Hälfte des Beweismaterials zu bekommen, weil der Rest im Fußraum seines Wagens oder zwischen den Sitzpolstern verstreut war.
    Â»Mrs. Gill, erinnern Sie sich an irgendetwas Ungewöhnliches beim Trauergottesdienst im Krematorium?«
    Â»Wie meinen Sie das?«
    Â»Na ja, waren zum Beispiel irgendwelche Trauernden da, die Sie nicht kannten?«
    Â»Es waren Freunde von Audrey aus dem Krankenhaus da, die ich nie kennengelernt hatte. Krankenschwestern, wissen Sie. Aber abgesehen davon kannte ich so ziemlich jeden. Es waren nicht allzu viele Leute da.«
    Â»Und außer den Trauergästen?«
    Â»Na ja, Batman war da.«
    Â»Wer?«
    Â»Batman. Ein Kerl mit schwarzem Anzug und grimmiger Miene. Er fährt einen großen Wagen mit viel Platz hinten drin.«
    Cooper machte ein verdutztes Gesicht, bis er bemerkte, dass Mrs. Gill ihn wie ein Vogel musterte. Er hatte das Gefühl, getestet zu werden.
    Â»Der Totengräber«, sagte sie. »Melvyn Hudson.«
    Â»Bestattungsunternehmer ist die Berufsbezeichnung, die er bevorzugt, glaube ich. Mr. Hudson war also da?«
    Â»Natürlich war er da. Er musste sich doch um alles kümmern, oder nicht? Sicherstellen, dass nichts schiefgeht. Das ist schließlich sein Job.«
    Â»Und ist irgendwas schiefgegangen?«
    Sie wendete den Blick ab, als müsse sie plötzlich durchs Fenster nach dem Wetter sehen.
    Â»Vernon Slack hat den Leichenwagen gefahren. Mein Gott, dieser Bursche – es liegt auf der Hand, dass er den Job in der Firma nur deshalb bekommen hat, weil sein Großvater Teilhaber ist.«
    Â»Aber er kann doch Auto fahren, oder?«
    Â»Oh, mit Autos kann er umgehen, und einen Sarg kann er auch genauso gut tragen wie die anderen. Aber das ist auch schon alles. Mit Trauernden kann er aber überhaupt nicht umgehen. Er weiß nicht, was er sagen soll, er weiß nicht, was für ein Gesicht er machen soll, er weiß nicht, wohin mit seinen Händen. Er ist ein richtiger Tölpel. Melvyn tut sein Bestes, dass er niemandem im Weg ist. Und dass ihn nach Möglichkeit auch niemand zu Gesicht bekommt.«
    Â»Woher kennen Sie Vernon Slack?«
    Â»Jeder kennt die Hudsons und die Slacks. Die sind in Edendale seit Ewigkeiten im Geschäft.«
    Vivien Gill schien alles sehr gut zu verarbeiten. Doch Cooper hatte gelernt, dass scheinbare Gelassenheit täuschen konnte. Die Trauer konnte jeden Augenblick aufwallen wie Blut, das aus einer durchtrennten Schlagader sprudelt.
    Â»Bitte erklären Sie mir eine Sache«, sagte Mrs. Gill. »Ich verstehe nicht, wozu jemand Audreys Leichnam stehlen sollte.«
    Â»Das wissen wir auch nicht. Es könnte... na ja, ein Beiwerk zu etwas anderem gewesen sein.«
    Â»Ein Beiwerk?«
    Â»Ja.«
    Mrs. Gill runzelte die Stirn, während sie sich das Wort durch den Kopf gehen ließ. Sie schien zu versuchen, mit der Vorstellung fertig zu werden, dass der Leichnam ihrer Tochter nur ein Accessoire für einen Besessenen gewesen sein könnte, ein unbedeutendes Requisit in einer Szene, in der ein anderer Star im Rampenlicht stand. Audrey hatte in ihrem Leben eine derart zentrale Rolle gespielt, dass sie niemals in der Lage sein würde, diesen Perspektivenwechsel nachzuvollziehen. Cooper sah, wie ihr Stirnrunzeln verebbte, als sie den Versuch aufgab.
    Â»Aber jetzt wird wenigstens alles seine Richtigkeit haben, nicht wahr?«, sagte sie. »Wir bekommen Audrey

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