Todesstoß / Thriller
darauf hingewiesen hat?« Noah presste seine Fingerknöchel gegen die pochenden Schläfen. »Es gibt da einiges, das ich ihm nicht sagen konnte.«
»Weil Sie es eigentlich nicht wissen dürften.«
Noah sah auf. »Nun jagen Sie mir Angst ein.«
»Ich dachte mir schon, dass das passieren würde. Eve hat sich in ShadowCos Server gehackt. Was hat sie noch gefunden, das wir legal nicht verwenden dürfen?«
»Wann genau sich der Killer eingeloggt und die Gesichter der Opferavatare verändert hat.«
Abbotts Augen funkelten. »Zeiten, für die Axel Girard Alibis braucht. Und warum haben Sie das Jack nicht erzählt?«
»Heute hat Eve angeboten, uns über den Server der Universität die Dateien der Probanden zu besorgen. Damit es schneller geht. Das war der Moment, in dem Jack sie beschuldigt hat, aus Eigennutz zu handeln. Außerdem meinte er, dass wir die Informationen ohnehin nicht nutzen können, womit er recht hat. Aber vor noch einer Woche hätte Jack die Dateien an sich gerissen, bevor der Drucker sie fertig ausgespuckt hätte.«
»Und nun fragen Sie sich, wie viel von Jacks plötzlicher Liebe zur beruflichen Ethik echte Überzeugung ist und wie viel sich auf die Tatsache zurückführen lässt, dass Eve ihm einen Korb gegeben hat. Und da wir schon dabei sind: Ob
Ihre
Bereitwilligkeit, illegal besorgte Informationen zu nutzen, auf Verliebtheit oder auf den Wunsch, den Killer möglichst schnell zu fassen, beruht.«
»Mein Gott. Sie sind ja gut!«
»Deswegen bekomme ich auch ein ganz hübsches Gehalt. Ich finde heraus, ob wir aufgrund dessen, was wir wissen, einen Durchsuchungsbeschluss für Girards Haus und Büro bekommen können.«
»Wenn er schuldig ist, wird er alle Beweise, die es geben könnte, vernichten, sobald er zu Hause ist.«
»Dann müssen wir den konventionellen Weg gehen, bei ShadowCo die Dateien anfordern und hoffen, dass sie kooperieren.«
»Hat man dort bisher Anzeichen dafür gezeigt?«
Abbott schüttelte den Kopf. »Wir haben die Dateien der Opfer angefordert, aber man sagte uns, ShadowCo sei ›stets bemüht, den Usern einen Ort zu bieten, an dem ihre Anonymität gewährleistet ist‹.«
»Manchmal möchtest du an einem Ort sein, wo niemand deinen Namen kennt«, sagte Noah.
»So ist es. Wir lassen Mr. Girard heute Nacht bewachen, und morgen früh statten Sie beide ihm einen Besuch bei der Arbeit ab. Finden Sie heraus, wo er zu den Zeiten war, in denen die Avatare verändert wurden. Wenigstens das können wir tun.«
Noah stand auf. »Haben Olivia und Kane die Wohnung neben Martha Brisbanes schon durchsucht?«
»Haben Sie. Sie war voller Mülltüten. Und Marthas Post befand sich auch darin.«
»Weil der Mörder sie gezwungen hat, aufzuräumen.« Noah zog die Brauen zusammen. »Wieso hat er das bloß getan?«
»Keine Ahnung. Ich habe dafür gesorgt, dass Carleton davon erfährt, vielleicht nützt ihm das bei der Erstellung des Profils.«
»Gab es irgendwelche Papiere oder Dokumente, die auf ihre Aktivitäten in Shadowland hinweisen?«
»Bisher nicht. Olivia und Kane haben ungefähr die Hälfte durchgesehen. Micki hat den Teppich absaugen und alle Oberflächen untersuchen lassen, aber selbst wenn wir Kobreckis Abdrücke finden würden, könnte er einfach behaupten, er habe in der Wohnung etwas reparieren müssen. Micki gibt uns morgen einen vorläufigen Bericht.«
Die Erwähnung von Micki erinnerte Noah daran, dass er nachfragen musste, ob jemand Eves Schlüssel gefunden hatte. Ein Gedanke an Eve brachte ihn auf noch etwas. »Eve hat einige mögliche User-Namen für unseren Avatar herausgefunden. Sie dachte, Sie könnten sie vielleicht für eine richterliche Verfügung verwenden.«
»Ich kenne seinen Namen schon. Romeo62.«
Noah warf einen Blick auf Abbotts Bildschirm. »Was ist mit Ihrem anderen Burschen passiert?«
»Habe mit ihm Schluss gemacht. Darf ich vorstellen? Lola.« Lola war eine stattliche Schönheit mit rabenschwarzem Haar. »Ich versuche gerade, Romeo dazu zu bringen, sich mit mir zu verabreden. Mein anderer Avatar war da eher störend.«
»Besser Sie nehmen Kontakt mit ihm auf, als dass Eve es tut.«
»Ja. Falls Girard unschuldig ist, müssen wir der Romeo-Spur folgen. Sehen Sie zu, dass Jack und Sie sich zusammenraufen. Meine Leute arbeiten nicht gegeneinander, ist das klar?«
»Ja, Sir.«
Dienstag, 23. Februar 20.45 Uhr
»Miss Wilson?«
Zum zweiten Mal an diesem Abend wollte jemand mit ihr sprechen. Vor dem Tresen stand ein Mann, der in seinem Anzug fehl am
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