Todesstoß / Thriller
»Tut mir leid. Es war eine lange Nacht.«
»Warum? Warum ich?«, fragte Eve. Doch der Ausdruck in ihren Augen verriet Noah, dass sie es wusste.
»Es geht um Shadowland«, sagte er. »Um deine Studie. Und deine Testpersonen.«
»Wir hätten ihn fast erwischt, als er von Rachels Haus wegfuhr«, fügte Olivia hinzu. »Denn du hast uns alarmiert.«
Eve lehnte sich wieder an die Wand. Sie war wie vom Donner gerührt. »Und jetzt will er mich aus dem Weg räumen. Verdammt noch mal – warum kriege ich es eigentlich immer mit solchen Leuten zu tun? Ziehe ich Ärger an?«
»Dell hat angefangen mich zu verspotten, als er Donners Namen hörte, und die Reporterin meinte, die Bolyards hätten am Sonntag Donner nach Martha das Café verlassen sehen.«
Eve schüttelte den Kopf. »Ich kann nicht glauben, dass Donner diese fünf Frauen getötet haben soll, Noah. Wirklich nicht.«
»Ich habe selbst Schwierigkeiten damit. Aber das wissen wir erst, wenn wir ihn haben, und er ist abgetaucht.«
»Könnte Dell wissen, wo er ist?«, fragte Eve, aber Olivia schüttelte den Kopf.
»Der sagt keinen Ton. Und ich will ihm nicht schon jetzt irgendwelche Deals anbieten.«
»Reden wir mit dem Team«, sagte Noah. »Wir ziehen uns an und kommen nach.«
Donnerstag, 25. Februar, 7.30 Uhr
»Schnell«, murmelte Liza, während sie die Treppe hinunterrannte. »Sei zu spät. Sei zu spät.« Die Beschwörung galt dem Schulbus. Wenn sie ihn verpasste, würde sie drei Meilen zu Fuß gehen müssen und die Arbeit in der ersten Stunde verpassen. Sie schoss aus dem Haus und sah erleichtert, dass noch andere Schüler an der Haltestelle am Ende der Straße warteten.
»Warum die Eile?«, hörte Liza eine samtige Stimme, bevor sie etwas Scharfkantiges in ihrem Rücken spürte. »Schrei, und du bist tot«, drohte die Männerstimme leise.
Sie holte Luft, um trotzdem aus vollem Hals zu schreien, doch seine Hand hielt ihr den Mund zu und riss ihren Kopf nach hinten. Er war stark und zerrte sie in die Gasse neben ihrem Haus. Die Furcht verlieh ihr Kraft, und sie trat und schlug um sich, biss ihm in die Hand. Der Lauf der Waffe verschwand plötzlich aus ihrem Rücken, aber ein Hieb gegen ihre Schläfe ließ sie taumeln. Benebelt versuchte sie, sich aus seinem Griff zu winden, aber etwas piekte sie in den Hals.
Sekunden später schleifte er sie durch den Schnee. Vor sich sah sie die Umrisse eines dunklen Autos. Sie wollte schreien, konnte aber die Lippen nicht bewegen. Konnte gar nichts mehr bewegen. Tom. Er würde frühestens in einigen Stunden feststellen, dass sie verschwunden war.
Er drückte ihr die Lider zu, und sie konnte sie nicht mehr öffnen. »Deine Schwester ist tot«, flüsterte er ihr ins Ohr. »Und das wirst auch du bald sein.« Dann landete sie im Fußraum der Rückbank und hörte, wie der Motor gestartet wurde.
Donnerstag, 25. Februar, 8.00 Uhr
Die Stimmung an Abbotts Tisch war angespannt, als alle schweigend darauf warteten, dass ihr Chef von seiner Besprechung mit dem Commander zurückkehrte. Noah hatte Eve zu seinem Schreibtisch gebracht und ihr befohlen, sich unter keinen Umständen wegzubewegen. Im Augenblick schien sie am meisten gefährdet zu sein.
Olivia und Kane waren müde und gereizt. Die viele Stunden im Verhör mit Dell Farmer waren ergebnislos geblieben, und auch Micki, die gleich mehrere Tatorte zu koordinieren hatte, war erschöpft. Ian war tatsächlich im Sitzen eingeschlafen. Vier neue Opfer im Leichenschauhaus hatten ihn und sein Team die ganze Nacht über beschäftigt.
Carleton saß zusammengesunken am Tisch und blickte auf Jacks leeren Platz. Keine Nachrichten bedeutete nicht länger gute Nachrichten.
Abbott kehrte zurück, und seine Miene verriet, dass die Besprechung nicht gerade gut verlaufen war. Aber der Polizeichef hatte Grund, verärgert zu sein. Sie hatten fünf Tote und keine vernünftige Spur.
Abbott warf einen Stapel Zeitungen auf den Tisch. Auf jedem Titel prangte Jacks vermeintlicher Mord/Selbstmord und darüber hinaus eine ebenso rufschädigende Abwandlung des
Mirror
-Artikels mit Details über Rachel Wards Tod. Darunter stand: »Zwei Zeugen ermordet« und »Polizei hat keine Spur.«
Ian fuhr hoch, als die Zeitungen über den Tisch rutschten. Micki tätschelte seine Hand.
»Jacks Zustand ist unverändert«, begann Abbott gepresst. Offenbar wollte er die Zeitungsartikel nicht kommentieren. Aber die Schlagzeilen sprachen ohnehin für sich. »Die Ärzte machen sich keine großen Hoffnungen. Sein
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