Todesstoß / Thriller
Verdammt, jetzt sieh hin.
Mit pochendem Herz zwang sie sich, die Augen zu öffnen, und blinzelte, um in der Dunkelheit etwas zu erkennen. Dann sah sie, was sie gerochen hatte.
Sie erstarrte, und der Schrei blieb ihr in der Kehle stecken. Augen. Weit aufgerissen.
Sie starren mich an.
Lindsay war tot.
Und ich bin es auch bald.
Donnerstag, 25. Februar, 9.15 Uhr
Noah unterzog den Wagen auf Adele Donners Auffahrt einer genauen Prüfung. »Unversehrter Schnee. Der stand die ganze Nacht hier.« Er und Abbott gingen zur Eingangstür, während die Polizisten aus dem Ort hinter das Haus gingen.
Abbott klopfte an die Tür. »Polizei«, rief er. »Kommen Sie raus, Donner.«
Die Tür öffnete sich, und zwei Frauen erschienen, eine ungefähr neunzig, die andere um die fünfzig Jahre alt. »Wir sind beide Mrs. Donner«, sagte die alte Frau mit hoch erhobenem Kinn. »Was wollen Sie?«
Donners Mutter und seine Ehefrau. Die Augen der jüngeren waren verquollen, die der alten Frau dagegen klar und kalt wie Eis.
Abbott blickte über ihre Köpfe hinweg ins Haus. »Treten Sie bitte zur Seite.«
»Haben Sie einen Durchsuchungsbeschluss?«, fragte die alte Lady.
»Ja«, begann Abbott, aber Noah hielt eine Hand hoch.
»Mrs. Donner, Sie wissen, warum wir hier sind. Machen Sie es uns bitte nicht noch schwerer.«
Das Kinn von Donners Mutter bebte, doch das war das einzige Anzeichen von Schwäche. »Er ist nicht hier.«
Abbotts Kiefermuskeln traten hervor. »Was soll das heißen? Sein Auto ist hier, seine Frau ist hier. Wo ist Ihr Sohn, Mrs. Donner?«
Donners Frau wischte sich über die Augen. »Draußen. Am Teich.«
Noah begann mit gezogener Waffe zu laufen. Eine einzelne Fußspur, schon einige Stunden alt, wie man an der darüber liegenden Flockenschicht erkannte, führte durch den Schnee. Keine Spur führte zum Haus zurück. Donner war diesen Weg in der Nacht gegangen und nicht zurückgekehrt.
Noah bedeutete den Polizisten, auszuschwärmen. Doch als er an den Teich gelangte, blieb er wie angewurzelt stehen. Sein Atem bildetet kleine Wölkchen in der Luft, während er auf die Bank am zugefrorenen Rand des Teichs starrte. Er senkte die Waffe.
»Verdammt«, fluchte einer der Polizisten und blieb gerade noch rechtzeitig stehen, bevor er in etwas getreten wäre, das verdächtig nach Hirnmasse aussah. »Was ist passiert?«
Noah schluckte gegen die bittere Galle an, die in seiner Kehle aufstieg. Hungrige Tiere hatten gründliche Arbeit geleistet, aber es war noch genug von Donner übrig, um die Pistole zu erkennen, die die ringlosen Finger seiner rechten Hand umfasst hielten.
Noah wandte sich um und sah, dass Abbott hinter ihm stand. Zusammen kehrten sie zurück und klopften wieder an die Tür. Dieses Mal ließ Donners Mutter sie ein.
»Wir wollen, dass es endlich vorbei ist«, sagte sie würdevoll, nahm ihnen die Hüte ab und führte sie ins Wohnzimmer, wo Donners Frau schluchzend in einem Sessel saß. Adele Donner ließ sich vorsichtig auf dem Sofa nieder, und plötzlich war ihr jedes einzelne ihrer neunzig Jahre anzusehen.
»Er hatte einen Hirntumor«, begann Adele. »Die Ärzte haben ihm nur eine dreißigprozentige Chance gegeben. Mein Sohn wollte bloß noch eine einzige weitere Publikation.« Sie nahm einen zugeklebten Umschlag vom Tisch und gab ihn Noah. »Er hat Ihnen einen Brief geschrieben, Detective. Er hat mir gesagt, ich soll ihn Ihnen geben.«
»Er hätte niemals jemandem etwas angetan«, sagte Donners Frau. »Er konnte nicht mit dem Wissen leben, dass seine Studie … dass diese Frauen gestorben sind.«
»Wann hat er sich erschossen?«, fragte Noah leise.
»Gegen acht Uhr gestern Abend«, sagte Adele. »Er hat den Platz auf der Bank immer geliebt.«
Um acht Uhr,
dachte Noah.
Das war bevor der letzte Anruf von seinem Festnetz zu Hause ausging.
»Haben Sie den Schuss gehört?«, fragte Abbott.
Beide Frauen nickten. »Und da wussten wir, dass es vorbei ist«, sagte Adele. »Er wollte es so. Er hat stark gelitten, da konnten wir es ihm nicht verweigern.«
»Warum haben Sie nicht die 911 gerufen?«, fragte Abbott.
Adele Donner warf ihrer Schwiegertochter einen raschen Blick zu. »Sie konnte es gestern Abend nicht. Wir hätten uns jetzt gleich auf den Weg gemacht, um mit dem Sheriff zu sprechen.«
Donners Frau schloss die Augen. »Meine Schwiegermutter wollte den Notruf wählen. Aber ich wollte einfach nicht hier sein, wenn man ihn abholt.«
Noah erhob sich und straffte die Schultern. »Wir schicken
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