Todesstoß / Thriller
es eben gehört. Gibt es Neuigkeiten?«
»Nein«, gab Noah zurück. »Nichts.«
Brock legte ihm einen Arm um die Schultern. »Gehen wir in die Cafeteria. Ich besorge dir einen frischen Kaffee.«
»Tut mir leid, dass ich euch noch nicht angerufen habe.«
»Noah.« Brocks Stimme klang ein wenig vorwurfsvoll. »Eve ist klug und tapfer. Sie schafft das.«
Er sah stur geradeaus, nahm aber nichts wahr. »Und ich? Wie soll ich es schaffen, wenn ich sie nicht wiederkriege?«
Brock seufzte. »So weit sind wir noch nicht. Konzentriere dich auf das Naheliegende.«
Als die Aufzugtüren aufglitten, vibrierte Noahs Handy in seiner Tasche. Sein Puls begann zu jagen, als er die Nummer auf dem Display erkannte. »Olivia! Was gibt’s?«
»Ich habe gerade mit Abbott telefoniert.« Sie zögerte. »Ich soll dir auf keinen Fall etwas sagen. Ich hoffe, ich tue das Richtige.«
Noah schürzte ungeduldig die Lippen. »Herrgott, Olivia, jetzt red schon.«
»Faye hat eben einen Anruf von Martha Brisbanes Tierarzt bekommen. Es ging um die Katze.«
Noah stieß wütend den Atem aus. »Wen interessiert die Katze?«
»Sei still und hör zu«, fauchte Olivia ihn an. »Der Arzt hat erzählt, dass Marthas Katze gestern vor dem Tor des Green Gables Zwinger in New Germany ausgesetzt worden ist. Die Überwachungskamera hat eine Frau und einen schwarzen BMW erfasst. Der Wagen ist auf Pierce’ Frau angemeldet.«
Noah verharrte. »New Germany? Dorthin wird die Post für Irene umgeleitet.«
»Ich weiß. Kane hat’s mir gesagt.«
»Warum sollte Pierce’ Frau die Katze aussetzen? Und woher weiß man, dass es Martha Brisbanes Katze ist?«
»Warum Pierce’ Frau das getan hat, weiß ich auch nicht, aber Martha hatte die Katze chippen lassen. Der Tierarzt hat den Chip gescannt und Marthas Namen gesehen. Er hat von dem Mord gehört und sofort der Polizei Bescheid gegeben. Ich bin jetzt dort.«
»Danke«, sagte er, legte auf und trat in den Fahrstuhl, den Brock aufgehalten hatte. »Ich fahre nach New Germany.«
»Irgendwie dachte ich mir das schon«, sagte Brock trocken. »Sagst du mir auch, warum?«
»Kommt drauf an. Verpetzt du mich?«
Brock musterte ihn. »Ich fahre mit.«
Noah nickte. »Danke.«
Donnerstag, 25. Februar, 15.00 Uhr
Er saß in der Küche und blickte aus dem Fenster in die Wälder. Er hatte sich umgezogen und Eves Erbrochenes abgeduscht. Die sich im Wind wiegenden Bäume konnten ihn stets beruhigen, doch heute nicht.
Irene Black. Woher kannte Eve den Namen? Wem hatte sie ihn weitergesagt?
Kann mir das schaden?
Irene Black war kein ungewöhnlicher Name, und das Postfach auf diesen Namen befand sich in einem andern Bundesstaat. Es war unwahrscheinlich, dass sie es finden würden. Schließlich ging es hier um die Hat Squad, nicht um eine Truppe Intellektueller.
Ohne Eve wären sie nie so weit gekommen. Er ballte die Hand zur Faust. Dafür würde sie büßen. Wenn er das nächste Mal hinunterging, würde er ihr das Maul stopfen und die Lider festkleben. Irgendwann würde er sie so weit haben, dass sie um ihr Leben bettelte, und dann würde er ihr das Klebeband vom Mund reißen und ihr Flehen genießen.
Doch im Augenblick durfte er nicht zulassen, dass sie seine Konzentration störte. Sie wusste zuviel. Im Augenblick wollte er nur ihre Angst erleben. Er würde ihr die Lider festkleben, damit er ihre Angst sehen konnte.
Erst jetzt wurde ihm klar, dass er es noch nicht getan hatte. Dabei war es stets das Erste, was er tat, damit er das Entsetzen sehen konnte, sobald die Wirkung des Ketamins nachließ. Denn wenn der Rausch erst einmal abfiel, schlugen sie meistens so heftig um sich, dass das Kleben unmöglich war.
Warum hatte er es bei Eve noch nicht getan?
Weil ich ihre Furcht unbeeinflusst will.
Er wollte erleben, wie sie ihn mit glasigem Blick anstarrte, weil sie nichts anderes tun
konnte.
Sie war eine würdige Gegnerin, aber sie musste begreifen, dass er die Macht hatte. Letztlich würde sie ihm sagen, wie sie von Irene Black erfahren hatte, selbstverständlich würde sie das. Und er war nicht in Gefahr. Nichts verband ihn mit Irene. Nichts verband Irene mit diesem Haus.
Der einzige unsichere Faktor war das Verschwinden seiner Frau, aber das hatte er geregelt. Er hatte ihrem Chef in einer SMS mitgeteilt, dass es einen Notfall in der Familie gab. Er hatte die SMS von ihrem Handy abgeschickt, während er an einer Raststätte an der Interstate, etwa eine Autostunde entfernt, gesessen hatte. In ein paar Tagen würde er
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