Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Todesstunde

Todesstunde

Titel: Todesstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Patterson
Vom Netzwerk:
mit meiner frisch geputzten Pistole darauf zu zielen wie beim Tontaubenschießen.
    Dann erinnerte ich mich, was mein Sohn Trent zwei Tage zuvor gesagt hatte. Was bildete ich mir nur ein? Ferien waren für echte Leute. Ich war Polizist.
    »Bennett hier«, meldete ich mich am Telefon mit wütendem Lächeln. »Geben Sie mir einen Tatort.«
    »Damit kann ich dienen«, antwortete Miriam.

26
    Zwanzig Minuten später fuhr ich durch Queens und dachte über einen Dokumentarfilm nach, den ich einmal über ein Football-Spiel zwischen der New Yorker Polizei und der Feuerwehr gesehen hatte.
    In der Halbzeit herrschte bei knappem Punktegleichstand in der Umkleide der Feuerwehrleute die Stimmung, die man dort erwartete: beschwingte, gesund aussehende Spieler und Trainer, die einander ermunterten. In der Umkleide der Polizisten hingegen ging es ungefähr so lustig zu wie im Besucherraum eines Gefängnisses. Statt sich gegenseitig anzufeuern, schrien die rotgesichtigen, wütenden Polizisten obszöne Sachen und boxten wie gewalttätige Geisteskranke auf die Spinde ein.
    Klar, wir waren ein lustiger Haufen. Aber nicht »ha-ha« lustig, dachte ich, als ich den Ort der letzten Gräueltat erreichte, eine gewerbliche Zufahrtsstraße in Flushing.
    Ich ärgerte mich, dass ausgerechnet ich mitten in der Nacht hinkommen sollte, wo ich doch schon bis zum Hals in einem Bombenfall steckte. Doch ich würde es bald herausgefunden haben.
    Neben einem Strommast oben auf der Zufahrtsstraße tummelte sich ein halbes Dutzend Polizisten, um Fotos zu schießen und im Gras zu wühlen. Über allem schwebte das Plappern aus den Funkgeräten. In der Ferne fegten Lichtpunkte über die erleuchtete Whitestone und die Throggs Neck Bridge. Mit den durch die Bäume tanzenden rot-blauen Lichtern der Polizeifahrzeuge hatte die ganze Szenerie etwas Idyllisches.
    Schade nur, dass ich das nicht genießen konnte. Jedenfalls heute Nacht nicht.
    Ein kleiner, makellos gekleideter philippinischer Detective vom 109. Revier zog einen Gummihandschuh aus und stellte sich als Andy Hunt vor, während ich mich ins Tatortbuch eintrug. Hunt führte mich zu einem neuen Volvo Crossover mit hübscher hellbrauner Lederausstattung.
    Ehemals hübsch, korrigierte ich mich, als ich zur offenen Fahrerseite trat und die beiden zerfetzten Leichen sah.
    Ein Mann mittleren Alters und eine jüngere Frau lehnten Schulter an Schulter in der Mitte des Wagens, beide niedergestreckt mit jeweils zwei Kopfschüssen aus einer großkalibrigen Waffe. Beide Leichen waren mit grünen Splittern von den Scheiben übersät. Ich verscheuchte eine Fliege, die sich auf dem Armaturenbrett tummelte, wo das getrocknete Blut ein schreckliches Bild hinterlassen hatte.
    »Das männliche Opfer ist ein gewisser Eugene Keating. Er war an der Hofstra Professor für Internationale Energiepolitik, was auch immer das sein soll«, erklärte Detective Hunt und warf seine tiffanyblaue Seidenkrawatte über die Schulter, bevor er sich über die Opfer beugte.
    »Die Rothaarige ist Karen Lang, eine seiner Studentinnen. Vielleicht haben sie den Kohlendioxidausstoß an diesem Strommast gemessen, doch daran habe ich meine Zweifel, da ihr Höschen dort unten auf dem Boden liegt. Richtig doof ist, dass Keating zwei Kinder hat und seine Frau ihr drittes in zwei Tagen per Kaiserschnitt entbinden soll. Ich denke, jetzt muss sie sich ein Taxi nehmen, um ins Krankenhaus zu fahren.«
    »Aber das verstehe ich nicht«, unterbrach ich ihn und verkniff es mir, das nach oben gerutschte T-Shirt der toten Frau nach unten zu ziehen. »Warum glaubt irgendjemand, dass dieses Techtelmechtel etwas mit dem heutigen Bombenattentat zu tun hat?«
    Hunt warf mir einen besonders wütenden Blick zu, bevor er seine Taschenlampe auf etwas lenkte, das auf dem Schoß des Toten lag – einen Umschlag, auf den etwas mit Maschine geschrieben war.
    Ich ging in die Hocke, um mir die Sache genauer anzusehen. Man soll sich die Arbeit nicht zu nahegehen lassen, doch ich muss zugeben, als ich meinen Namen auf dem Umschlag las, geriet ich in Panik. Ich erstarrte von Kopf bis Fuß, als drückte mir jemand eine unsichtbare Waffe an den Kopf.
    Einen kurzen Moment später bekam ich meine Gänsehaut wieder in den Griff und beschloss, den Umschlag zu öffnen. Mit dem Gedanken an Ted Kaczynski, den Unabomber, im Kopf, griff ich mit der Zange von Hunts Mehrfachwerkzeug nach dem Umschlag. Mit einem Taschenmesser, das ich mir von einem der Uniformierten geliehen hatte, schlitzte ich ihn

Weitere Kostenlose Bücher