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Todesstunde

Todesstunde

Titel: Todesstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Patterson
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auf der Motorhaube von einem der Streifenwagen auf.
    Wenn ich dachte, schon beim Öffnen des Briefes würden mir alle Haare zu Berge stehen, übertrafen die Worte auf dem weißen Blatt Papier alle Gefühle, die ich je gehabt hatte.
    Lieber Detective Michael Bennett,
    ich bin tief verletzt, weil Sie mich einen Frauenhasser genannt haben. Ich bin kein Frauenhasser, sondern ein Monster.
    Ich bin der Sohn von Sam.
     

Z WEITER T EIL S CHLIMMER GEHT IMMER
     
     

27
    Mit pinkfarbenem Hemd und angeknöpftem Kragen, samtweicher Khakihose und Loafer bekleidet marschierte Berger pfeifend und ein Tablett voller Kaffeebecher balancierend gemeinsam mit den anderen morgendlichen Pendlern die Fifth Avenue nach Süden hinunter. Rasiert und zu metrosexuellem Hochglanz gegelt trug er sogar ein Namensschild mit dem unmöglichen Namen »Cory Gonsalves«. In diesem elitären Rockefeller-Center-Geschäftsviertel mit Verlagen und Fernsehgesellschaften war seine ach so lässige Kreativ-Bürohengst-Aufmachung eine bessere Tarnung als der Tarnanzug eines Scharfschützen.
    Hammerschläge, klingende Rohrzangen und unterdrückte Rufe hallten von den Granitwänden ab, als er nach rechts zur östlichen Halle des Rockefeller Center abbog. Dort stolperte er beinahe über einen grauhaarigen, dickbäuchigen Roadie, der Kabel auf dem Boden festklebte.
    Berger wusste, dass hier die Bühne für das Sommerfreiluftkonzert der Today -Sendung aufgebaut wurde, die nachher, um Viertel nach acht, ausgestrahlt werden würde. Der Künstler, ein junger Mann mit dem langweiligen Namen The Show, würde seinen Hit »Anywhere Real Slow« singen.
    Es waren bereits Zuschauer da. Mit bemalten Gesichtern und Schildern in der Hand freuten sie sich auf den morgendlichen Spaß, mit dem ehemaligen Drogenhändler und heutigen Rapper zu tanzen, wenn er seine schmachtende Ode an die Freuden öffentlicher sexueller Aktivitäten zum Besten geben würde. Berger hatte sogar ein Schlagwort für die jungen Menschen parat, das von den Werbefirmen nur noch aufgegriffen werden musste. Zuerst gab es die Generation X, dann die Generation Y, und jetzt, meine Damen und Herren, begrüßen Sie mit mir die De-Generation 1.
    »Anywhere Real Slow« war nämlich nicht nur eine Verarschung der Musik, sondern der gesamten Zivilisation. Mit diesem Lied wurden Geilheit, Dummheit und niedere Triebe glorifiziert und gefeiert. Jedem, der diesen von der allgemeinen Öffentlichkeit, besonders von den jungen Leuten akzeptierten Dreck nicht als Zeichen der Rückkehr ins Mittelalter betrachtete, mangelte es an einem funktionierenden Verstand, oder er war verrückter als Alice’ Hutmacher.
    Einst war Rom dem Untergang anheimgefallen. Jetzt waren wir an der Reihe. Die Show hier diente als Hintergrundmusik.
    Berger ging an einer Gruppe kichernder Highschool-Mädchen vorbei.
    Viel Spaß dabei, vom Boden zu fressen, dachte er, als er vorsichtig einen der Kaffeebecher auf den Rand eines Pflanzentrogs stellte. Ohne zurückzublicken, trat er hinaus auf die Sixth Avenue und winkte ein Taxi heran.

28
    Um kurz vor acht kehrte Berger in seine Wohnung zurück. In der hohen, dämmrigen Nische machte er sogar einen Kniefall vor Salvador Dalís erstem Gemälde und betete den großen Spanier um Hilfe und Stärke an.
    Ein Zitat des Meisters fiel ihm ein. »Mit sechs Jahren wollte ich Koch sein. Mit sieben wollte ich Napoleon sein. Seitdem ist mein Ehrgeiz immer größer geworden.«
    Berger lächelte. Jeder Moment, jeder Atemzug wurde umso angenehmer, je näher sein Tod rückte. Am Anfang hatte er Angst gehabt, wenn er darüber nachdachte, wie sich die Dinge entwickeln würden. Jetzt sah er, dass alles einen perfekten Sinn ergab. Er war froh.
    In der eindrucksvollen Bibliothek seiner Wohnung zog er sich langsam vollständig aus. Mit der Fernbedienung in der Hand stellte er sich vor den riesigen 103 Zoll großen, 5 0 000-Dollar teuren Plasmabildschirm. Er blickte zwar kurz hinüber zu dem butterweichen Ledersessel, auf dem er alle seine Lieblingsfilme gesehen hatte, doch jetzt zog er es vor, stehen zu bleiben.
    Er schaltete den Fernseher ein. Es wurde eine Werbung für ein Frauenprodukt gezeigt, bevor Matt Lauer die Bildfläche ausfüllte.
    »Lassen wir das ganze Drumherum beiseite und schalten gleich zum Plaza und The Show um.«
    Ein junger, schwarzer Mann in orangem Gefängnisoverall, voll behängt mit Goldketten, winkte vom Bildschirm herab.
    »Seid ihr bereit, ein bisschen Lärm zu machen?«, wollte The Show wissen.

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