Todesstunde
Daneben, direkt an das Gebäude gelehnt, befand sich eine gewöhnliche Gartenlaube. Hobart hob den Fuß, um die Tür einzutreten, besann sich aber eines Besseren.
Brian Dunning von der Sprengstoffeinheit ließ eine Kaugummiblase platzen, als er nach unten kletterte. Er zog einen digitalen Videorekorder aus einer Tasche und schob eine Glasfaserkamera durch den Türspalt hindurch.
»Ist okay. Sauber«, meldete er nach einer Minute.
Dennoch hielten wir kollektiv den Atem an, als er die Tür öffnete.
Der größte Teil des Raums wurde von einem stabilen Arbeitstisch eingenommen. Die Taschenlampe, die an Hobarts MP5 befestigt war, tanzte über einen Lötkolben und Teile in Ziegelsteinform, die wie Modellierton aussahen.
»Das ist Plastiksprengstoff«, warnte Dunning und wedelte hektisch mit den Armen, um uns nach draußen zu scheuchen. »Das reicht, um das ganze Dach in die Luft zu jagen. Wir müssen das Penthouse und das Dach sofort evakuieren.«
71
Ich rannte die Treppe nach unten. Neben einer Trage im Flur vor Bergers Schlafzimmer stand ein Sanitäter mit langem schwarzem Haar.
»Was soll das heißen, ›sofort‹?«, beschwerte er sich bei einem Polizisten und deutete mit ungläubigem Blick auf Berger. »Für den braucht ihr ein paar Klavierträger und einen Auslegerkran.«
Um die Evakuierung so schnell wie möglich vonstatten gehen zu lassen, packten alle mit an. Alle bis auf Emily, die rein zufällig nicht da war. Wie ein gestrandeter Wal wurde Berger auf eine Steppdecke gerollt und bei drei von zehn Helfern hochgehievt und zum Lastenfahrstuhl geschleppt.
In der Eingangshalle schob ich den Portier nach hinten in die Garderobe. Wir brauchten Infos, und zwar schnell. Soweit wir wussten, konnte uns Berger wegen Carl auch angeschmiert haben.
Alex schien sich nach der Erstürmung des Gebäudes wieder beruhigt zu haben. Ich zeigte das Überwachungsfoto von Carl Apt. »Wohnt dieser Mann in Mr. Bergers Wohnung?«, fragte ich den Portier. »Es ist sehr wichtig.«
»Heiliger Strohsack! Ich habe das Bild in der Post gesehen.« Er kratzte an einem Pickel auf seinem Doppelkinn. »Ich hatte mir nichts dabei gedacht, aber jetzt, wo Sie es sagen – ja, das ist Carl Berger.«
»Sie meinen Carl Apt«, korrigierte Emily ihn.
Alex starrte uns an. »Er heißt Apt? Ich dachte, er wäre Mr. Bergers Bruder Carl. Das jedenfalls wurde uns gesagt. Wir haben ihn alle Mr. Berger genannt.«
»Na, egal«, wimmelte ich ab. »War dieser Carl oben, als wir reinkamen?«
Der Portier nickte rasch. »An der Tafel steht, dass er seit gestern Abend hier ist.«
»Wie lange wohnen Berger und Carl schon hier?«, wollte Emily wissen.
»Berger ist hier aufgewachsen. Carl kam erst vor kurzem.« Er pulte nervös an seinem Pickel. »Ich würde sagen, vor fünf Jahren.«
»Woher kam dieser Carl?«, fragte Emily weiter.
Der Portier zuckte mit den Schultern. »Ich weiß nicht. Aber ab dem Moment, als er einzog, verließ Mr. Berger das Haus nicht mehr. Mr. B. war immer ein komischer Kauz, aber nachdem Carl einzog, fing er so richtig an zu spinnen. Ließ sich sein ganzes Essen liefern. Mr. B. war schon als Kind rund gewesen, aber jetzt? Ich habe gehört, er wäre ein richtiger Wal. Das ist ja schon was fürs Fernsehen. Stellen Sie sich nur vor, was für ein Skandal das für seine Familie sein muss, besonders für seinen berühmten Bruder.«
»Was meinen Sie?«, fragte ich.
»Wissen Sie das nicht?« Der Portier war überrascht. »Lawrence Bergers Bruder ist David Berger, der Hollywood-Komponist und Oscar-Gewinner. Die gesamte Familie Berger war schon immer dank ihrer vielen Genies reich und berühmt. Der Großvater war Ingenieur und so etwas wie die rechte Hand des Stadtplaners Robert Moses, und der Vater war eine Art Guru im Computergeschäft. Der alte Hausmeister hat erzählt, bevor der alte Berger starb, kamen eines Abends Bill Gates und Steve Jobs zu einer Geburtstagsfeier her.«
Ich blinzelte in Emilys Richtung. Bill Gates? Dieser Fall wurde immer seltsamer.
»Hat Berger irgendwelche Fahrzeuge? Oder andere Wohnsitze?«, fragte Emily.
»Schauen wir mal. Sie haben ein Grundstück in Connecticut. Die Adresse haben wir irgendwo hier. Mr. B. ist nie dort, aber Carl fährt jedes zweite Wochenende in seinem schicken Mercedes-Cabrio hin. Es steht in der Garage um die Ecke auf der 77th Street. Mr. Carl ist ein kalter, schweigsamer Typ, aber er steckt mir immer einen Zwanziger zu, wenn ich seinen Kofferraum belade. Hat er echt diese Leute
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