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Todestanz

Todestanz

Titel: Todestanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margie Orford
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Clare aus dem Schlaf reißen, aber das würde die Frau Doktor bestimmt nicht stören. Pearl hatte nicht früher anrufen wollen. In den Kaschemmen und hokke , in denen sie gelandet war, hatte sie auf keinen Fall telefonieren können. Und in dem Minibus-Taxi nach Hause genauso wenig. Dinge, die mit den Bullen oder Voëltjie Ahrend zu tun hatten, besprach man besser nicht, solange jemand zuhören konnte. Der Fahrer mit seiner verspiegelten Sonnenbrille, der sie skeef abgecheckt hatte. Sie war froh, vor den letzten Mitfahrern aussteigen zu können, selbst wenn es nur makwerekwere gewesen waren, die in ihrer somalischen Muttersprache geplappert hatten.
    Pearl schenkte sich ein Glas Cola ein und schrieb Clares Namen in die Kondenströpfchen. Dachte, dass sie es ihr erzählen musste. Hoffte, dass Clare die Informationsbröckchen würde zusammensetzen können. Versuchte, die Fetzen zu entwirren, die sie in ihrem High gehört hatte. Überlegte, wo sie anfangen sollte. Und fing an, eine SMS an Clare einzutippen.
    Â»Es war gar nicht so einfach, dich zu finden, Pearlie.«
    Im Fenster über der Spüle das Spiegelbild des Mannes, der als Silhouette in der Tür stand. Rasierter Schädel, kantiges Gesicht.
    Pearl erstarrte.
    Â»Ich bin dir heute Abend gefolgt, Pearlie. Du warst ja schwer beschäftigt. Von der Arbeit aus zu deinem Treff mit der Fernsehdoktorin. Dann quer durch die Stadt. Erst zu Voëltjie Ahrends schickem Palast und dann raus auf die Flats.
Aber ich habe mir gesagt, dass Pearlie-Girlies irgendwann immer nach Hause kommen.«
    Wie hatte sie gehofft, diese Stimme nie wieder hören zu müssen, als sie an jenem Tag auf der Zuschauertribüne gesessen hatte und der Richter ihn zu lebenslanger Haft verurteilt hatte. Dreimal. Einmal für die alte Frau. Dann noch einmal für die Mutter. Lebenslänglich plus zehn Jahre für das kleine Mädchen. Nur für sie, die damals zusehen musste, hatte er nicht büßen müssen. Für ihr Leben und für das, was er ihr angetan hatte, gab es keine Wiedergutmachung.
    Der sehnige Körper lehnte schief im Türrahmen. Der Albtraum ihrer Kindheit, zurückgekehrt.
    Â»Was will Pa?« Die tief eingekerbten Verhaltensweisen der Kindheit, die sie jetzt verrieten.
    Â»Was wolltest du bei dieser vuilgoed? Der Tochter von diesem Krüppelbullen, der kleinen Junkiebraut, mit der Voëltjies Jungs so gern rumspielen?«
    Â»Calvaleen?« Pearl sah ihn an. »Was hast du ihr angetan?«
    Â»Nichts.« Ihr Vater lächelte. »Also, nichts, was Voëltjies Heroin – oder das kleine Filmchen, das er von ihr gemacht hat – nicht für mich erledigen werden. Ich habe den Film drinnen gesehen. Hatte ihn von einem Wärter. Aber um sie brauchst du dir keine Gedanken zu machen, genauso wenig wie um deine kleine Frau Doktor.«
    Jetzt war er im Raum, umgeben von einem Kälteschwall. Hinter der offenen Tür lag der sandige Vorgarten, wo ein paar verlorene Wäschestücke an der Leine hingen.
    Draußen.
    Die Illusion von Sicherheit. Draußen war nur ein Ort, von dem aus man nach drinnen gezerrt werden konnte.
    Drinnen.
    Wo sie jetzt war. Mit ihm allein. So wie seit jeher. Sie widerstand
dem Drang, sich ihm zu beugen. Eine anerzogene Gewohnheit, so viel hatte sie inzwischen begriffen.
    Â»Hast du ein entjie für deinen Pa, Pearlie-Girlie?«
    Pearls Hand ließ das Handy in die Hosentasche zurückgleiten. Sie erspürte die Tasten und drückte auf Senden. Die Nachricht an Dr. Hart. Vielleicht würde sie herkommen. Dann fiel Pearl ein, dass Clare nicht wusste, wo sie wohnte. Sie würde also nicht kommen. Pearl war auf sich allein gestellt. Wie immer.
    In seiner Nähe fiel ihr das Denken schwer. Sie fasste nach den zwei einzelnen Zigaretten, die sie im Café gekauft hatte. Sie reichte ihm eine und die Streichhölzer dazu.
    Sie zwang sich zu atmen.
    Ein, aus.
    Ein, aus.
    Â»Freust du dich gar nicht, mich zu sehen?«
    Graveyard de Wet fuhr mit dem Finger über die Wange seiner Tochter, und der Rauch der Zigarette zwischen seinen Fingern brannte in ihren Augen. Er musterte ihren Körper. Die kurzen Haare, das neue Hemd, die sauberen Jeans, die Stiefel.
    Â»Bist du nicht mehr Daddys kleines Mädchen, Pearlie? Bin ich dir inzwischen nicht mehr gut genug?«
    Er zog einen Stuhl heraus, ließ sich am Tisch nieder und legte die Ellbogen auf dem grünen Resopal

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