Todestanz
womöglich noch am Leben. Darauf muss ich setzen.«
»Captain Faizal steht in dieser Sache nicht mehr unter Verdacht«, erklärte ihr Phiri. »Er hätte nie verhaftet werden dürfen, aber ich hatte die Situation ehrlich gesagt falsch eingeschätzt.« Phiri drehte den Stift in seinen Händen. »Ich hoffe sehr, Dr. Hart, dass Sie Yasmin lebend finden. Was brauchen Sie dazu?«
»Ich brauche Captain Faizal«, sagte Clare.
»Dazu müsste die Anzeige wegen tätlichen Angriffs auf einen Polizisten niedergeschlagen werden.«
»Die ist doch völliger Quatsch«, sagte Clare.
»Das Wesen der Politik«, meinte Phiri. »Das und Papierkram. Ich werde das regeln. Sobald das geschafft ist, kann er das Gebäude verlassen. Wo kann er Sie dann finden?«
»Wie jede gute Frau«, lächelte Clare, »werde ich zu Hause auf ihn warten.«
Achtundfünfzig
Die Eingangstür. Ein Klicken. Dann nichts mehr.
Latisha van Rensburg erstarrte.
Jemand war an der Haustür.
Sie schaltete die Alarmanlage aus, nahm ein Küchenmesser aus der Geschirrablage und schlich durch den Flur. Sie drückte sich an die Wand, damit der unbekannte Eindringling ihre Silhouette nicht durch die Türscheibe sah.
»Ich binâs.« Diese Stimme.
Das Messer fiel klappernd auf den Boden, dann fummelte Latisha mit schweiÃnasser Hand nach dem Schlüssel für das Sicherheitsgitter, schob die Riegel zurück und riss die Tür gerade noch rechtzeitig auf, um ihre Tochter aufzufangen.
»Mama.« Calvaleens Atem an ihrem Hals, während Latisha sie in ihr Zimmer trug.
Latisha legte ihre Tochter auf die sauberen Laken und roch das Limettenaroma nach dem Frühjahrsputz, den sie nach Clare Harts Besuch in Calvaleens Zimmer durchgeführt hatte.
»Mama, ekâs jammer.« Calvaleens Lippen waren aufgeplatzt, und unter der nach oben gerutschten Bluse zeichneten sich die Rippen wie Wellblech unter der blassen Haut ab.
»Dir braucht gar nichts leidzutun«, beschwichtigte sie ihre Mutter. » Jyât huis toe gekom.«
»Aber das ist alles meine Schuld.« Calvaleen rollte sich auf dem Bett zusammen. »Das ist alles meine Schuld.«
Latisha nahm ihre Tochter in die Arme und wiegte sie.
»Yasmin?«
»Schon okay, sie ist am Leben.« Latisha strich ihrer Tochter die dunklen, verfilzten Haare aus der Stirn. »Genau wie du.«
»Und Papa?«
»Ist arbeiten«, sagte Latisha. »Er will endlich alles in Ordnung bringen.«
Das Mädchen starrte seine Mutter an.
»Wie meinst du das, Mama? Was macht er?«
»Du musst ihm glauben«, sagte Latisha. »Er bringt alles wieder in Ordnung. Gib ihm diese Chance.«
»Ich muss baden«, flüsterte Calvaleen. »Ich bin so schmutzig.«
Latisha deckte ihre Tochter zu und lieà Badewasser einlaufen. Dann ging sie in Calvaleens Zimmer zurück und half ihr, sich aufzusetzen und das Top abzustreifen.
»Kannst du stehen?« Sie stellte ihre Tochter auf die FüÃe und zog ihr die Schuhe und die verdreckten Jeans aus. Calvaleen trug keine Unterwäsche. Schwankend stand das Mädchen vor seiner Mutter, mit schorfgepunkteten Adern in den Ellenbeugen und Kniekehlen.
»Ich halte mich an dir fest, Ma.« Calvaleen legte den Arm um die Taille ihrer Mutter und lieà sich in die Badewanne helfen. Latisha seifte einen Schwamm ein und wusch den verwüsteten Leib ihrer Tochter sauber.
»Deine Haare machen wir morgen«, sagte sie.
Calvaleens Augen, von dunklen Schatten unterlegt, lagen unverwandt auf dem Gesicht ihrer Mutter.
»Soll ich dich ins Bett bringen?«, fragte Latisha. »Dann können wir überlegen, was wir tun sollen.«
Sie wickelte Calvaleen in ein sauberes Handtuch und brachte sie zu Bett. Dann deckte sie sie mit der Tagesdecke zu.
»Nimm die hier.« Sie reichte ihrer Tochter eine ihrer Beruhigungspillen. »Dann kannst du schlafen. Und durchhalten, bis wir dich wieder in die Klinik gebracht haben.«
»Lass mich nicht allein, Mama.« Calvaleen drückte sich an den Körper ihrer Mutter.
»Ich lass dich nicht allein, my engeltjie «, flüsterte sie und strich ihrer Tochter übers Haar.
Bis Calvaleen eingeschlafen war, lauschte sie den Lastern, die in Richtung Johannesburg durch die Dunkelheit rollten.
Dann legte sich Latisha hin, den Arm um ihre Tochter geschlungen, und drückte sie gegen ihren eingesunkenen
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