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Todestanz

Todestanz

Titel: Todestanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margie Orford
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Hautfetzen an seinem Fingernagel ab. »Nach dem Kurs.« Er deutete auf das überwucherte Tor. »Als ich zum Rauchen draußen war. Da habe ich sie gesehen.«
    Â»Und sonst niemanden?«, bohrte sie nach.
    Â»Keine Menschenseele. Das ist eine reiche Gegend. Wenn die Hausmädchen erst heimgegangen sind, ist hier niemand mehr auf der Straße.«
    Â»Was hat sie gemacht?«
    Â»Sie stand am Tor. Ich rief nach ihr, und sie sah mich an. Und da habe ich ihre Tränen gesehen.«

    Â»Haben Sie sie gefragt, warum sie weinte?«
    Â»In dem Moment rief mich Madame Merle, darum ging ich ins Haus zurück. Ich wollte sie später fragen, aber da war sie nicht mehr da.« Die Sonne kam heraus. Weil sie in Henrys Rücken stand, konnte Clare nicht sehen, was seine Augen sagten.
    Madame Merle beugte sich aus dem Fenster.
    Â»Mister Henry!«, rief sie. »Zeit zum Aufwärmen!«
    Â»Ich muss los.« Er eilte davon.
    Ein paar Sekunden später sah sie Mister Henry am Fenster stehen. Er hielt kurz Clares Blick stand, dann knallte er das Fenster zu.

Achtzehn
    Riedwaans Hände waren zerkratzt und seine Schuhe durchnässt, aber er hatte die tiefe Rinne zwischen dem Devil’s Peak und dem Tafelberg erklommen. Am Vorabend war er von Clares Haus direkt zum Berg gefahren. Dort hatte er die Suche wiederholt, die Rita Mkhize früher am Abend organisiert hatte. Im Zickzack war er hangaufwärts das Gelände abgegangen, ein Gebiet, das er noch aus seiner Kindheit kannte, als er mit seinen Freunden die glatten Granitklippen des Wasserfalls hinabgerutscht war.
    Riedwaan hatte genauso wenig eine Spur von Yasmin gefunden wie die Polizeihunde. Um vier Uhr früh hatte ihn das Wolkentischtuch über dem Tafelberg gezwungen, unterkühlt und erschöpft unter einem Überhang Zuflucht zu suchen. Dort hatte er ein paar Stunden lang unruhig geschlafen. Im Morgengrauen hatte er sich wieder talwärts vorgearbeitet,
an der Ballettschule vorbei, wo der VW Käfer parkte. Daneben stand ein grüner Mini. Clares Wagen.
    Riedwaan fuhr zu seinem Haus im Bo-Kaap. Schloss die Tür auf und blieb kurz vor dem zweiten Zimmer stehen.
    Â»Yasmins Palast« – das Schild hing leicht schief an der Tür.
    Er setzte sich in einen Sessel, weil er plötzlich das Gefühl hatte, dass seine Knie nachgaben. Es war der einzige Sessel im Raum. Sein Blick fiel auf die verstreuten Einzelteile des noch nicht zusammengebauten Hochbettes, das er Yasmin versprochen hatte, und auf die Werkzeuge, die seit seinem ersten und einzigen Montageversuch herumlagen. Der Jack Daniels lockte ihn. Das Glas wartete direkt neben der Flasche auf dem Tisch. Riedwaan stand auf und stellte die Flasche in den Schrank zurück, auch wenn eine Stimme ihm zuflüsterte, dass ein Glas nicht schaden würde.
    Eines nicht. Das zweite würde den Ärger bringen. Und das dritte und der Rest der Flasche. Er nahm das Glas mit in die Küche, füllte es mit Wasser, ohne es vorher auszuspülen, und trank es in einem Zug aus. Spuren von Whisky unter einer Schicht von Staub. Er füllte den Wasserkessel, drehte die Gasflamme auf, spritzte sich über den schmutzigen Tellern im Spülbecken Wasser ins Gesicht. Weil es in der Küche abgestanden roch, öffnete er die Tür zum Garten. Als das Wasser kochte, löffelte er etwas Nescafé in den am wenigsten schmutzigen Becher.
    Riedwaans Handy war noch vor dem zweiten Läuten in seiner Hand. »Unbekannter Anrufer« stand auf dem Display.
    Â»Faizal.«
    Â»De Lange.«
    Shorty de Lange aus der Ballistik, dessen Labor vierzig Kilometer östlich von Kapstadt unter Bäumen und Sträuchern vergraben lag.

    Â»Ich habe das von Ihrer Tochter gehört«, sagte De Lange. »Haben Sie schon …«
    Riedwaan schnitt ihm das Wort ab. »Noch nicht.«
    Â»Tut mir leid, Mann.« Riedwaan wartete ab; Shorty de Lange war kein Mann, der sich zur Eile drängen ließ. »Der Tatort mit den zwei kleinen Mädchen hat mir gar nicht gefallen. Das hatten wir noch nicht – zwei Mädchen ohne bekannte Verbindung zu irgendwelchen Gangstern, erschossen wie Hunde.«
    Â»Ja.« Der Wind knallte die Küchentür zu. »Fuck.«
    Die beiden warmen Kinderleichen auf der Brachfläche in Maitland schienen zu einem anderen Leben zu gehören.
    Â»Kommen Sie mal vorbei«, sagte Shorty. »Ich finde, Sie sollten sich ansehen, was ich hier

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