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Todestanz

Todestanz

Titel: Todestanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margie Orford
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gefährdet, aber nicht als gefährlich eingestuft wurde und dass er seinen Bluff nicht lange aufrechterhalten wird.«
    Â»Er weiß, wo sie ist«, flüsterte Shazia. »Er muss es wissen.«
    Â»Wir finden sie wieder.« Latisha legte den Arm um ihre Schultern. »Wir haben sie auch letztes Mal gefunden.«
    Â»Warum tut er mir das an?« Shazia hatte ihre Autorität an die ältere Frau an ihrer Seite abgetreten.

    Â»Was geschah beim letzten Mal?«, fragte Clare.
    Â»Da hatte Riedwaan sie mitgenommen und über das Wochenende bei sich behalten«, sagte Shazia. »Daraufhin habe ich die einstweilige Verfügung gegen ihn beantragt.«
    Â»Hatten Sie Angst, dass Riedwaan Ihrer Tochter etwas antun könnte?«, fragte Clare. »Oder Ihnen?«
    Â»Damals nicht.«
    Â»Hat er Sie jemals tätlich angegriffen?«
    Â»Nein, aber er ist auch nie hier, oder? Immer in der Arbeit, immer in seinem Dezernat.«
    Â»Warum dann die einstweilige Verfügung?«, hakte Clare nach.
    In Shazias Augen loderte unter der Angst für einen kurzen Moment die unauslöschliche Glut eines lang gehegten Grolls auf.
    Â»Dazu hat man uns nach dem Workshop über häusliche Gewalt geraten. Vielleicht haben Sie von dem Polizisten gehört, der seine Frau und seine drei Kinder erschossen hat. Director Ndlovu warnte uns davor, ein Risiko einzugehen. Riedwaan wollte die Papiere für die Ausreise nach Kanada nicht unterzeichnen. Wir fahren in einer Woche, und Riedwaan muss unterschreiben, sonst kann ich meinen neuen Job nicht rechtzeitig antreten.«
    Das erklärte die hellen Flecken an den Wänden, wo früher Bilder gehangen hatten. Die vorhanglosen Fenster, die Kartons, die herumstanden.
    Â»Ihr Mann wird nicht nachkommen?«
    Â»Man hat ihm dort einen Job angeboten, aber er will nicht. Ich habe ihm gesagt, dass er sich entscheiden müsse, und er hat sich für seine Arbeit entschieden. Er interessiert sich nur noch für seine Gangsterjagd. Er sagte, er würde noch unterschreiben, aber als ich Yasmin abholen wollte und er nicht auf meine Anrufe reagierte, wusste ich, dass er mich wieder
mal angelogen hatte. Er hat sie mitgenommen, und diesmal will er sie nicht wieder hergeben. Darum habe ich in der Notrufzentrale angerufen.« Shazia rang die Hände. »Director Ndlovu sagte, wir sollten gleich anrufen. Die Zentrale leitet alle Anrufe an sie weiter, damit sie etwas unternehmen kann, bevor … bevor …«
    Â»Bevor etwas passiert«, sagte Latisha. »Damit sollten weitere Familienmorde verhindert werden.«
    Â»Director Ndlovu ist Psychiaterin«, fuhr Shazia fort. »Sie hat ihn untersucht und sagt, dass er gefährdet ist.«
    In ihren Augen stand ein leiser Zweifel. Weil sie sich in ihrem Mann täuschte? Oder war es der Zweifel, der dich tötet, weil er dich dazu verleitet, dem Mann in deinem Bett, dem Vater deiner Kinder noch eine letzte Chance zu geben? Der ihm Gelegenheit gibt, dich umzubringen? Clare spürte das vertraute dumpfe Pochen hinter den Augen und rieb sich die Schläfen.
    Â»Was brauchen Sie von uns?«, fragte Latisha.
    Â»Fotos«, sagte Clare. »Fotos von Yasmin. Wenn sie wirklich entführt wurde, ist sie vielleicht auf einer der Überwachungskameras in der Stadt zu sehen.«
    Â»Shazia?« Latisha legte die Hände an Shazias Wangen. »Sieh mich an. Hör auf sie. Yasmin ist dein Baby. Du darfst nicht ausschließen, dass … dass sie woanders ist.«
    Shazia schüttelte den Kopf.
    Â»Kann Dr. Hart die Fotos bekommen?«, fragte Latisha. »Sie wird sie bestimmt zurückgeben.«
    Â»Im Wohnzimmerschrank ist ein Fotoalbum.«
    Latisha holte es heraus und überreichte es Clare. Auf der ersten Seite ein Säugling mit wildem Haarschopf – das Krankenhausarmband noch am Handgelenk –, der in der Wiege eines muskulösen Armes lag.
    Dann Yasmins erstes Porträt, auf dem sich die Eltern beide
über sie beugten und ihre dunklen Köpfe einander berührten, während sie auf das schlafende Baby sahen. Auf der Schaukel im Park, beim Eichhörnchenfüttern, auf Riedwaans Schultern oben auf dem Lion’s Head. In einem zerknautschten eid- Kleid am Ende des Ramadan. Am ersten Schultag. Und dieses Jahr, mit geglätteten Locken. Yasmin als Ballett-Schäferin. Ein graziles Kind im Tüllröckchen, umringt von blonden Schafen. Weiße Trikots, schwarze Schuhe,

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