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Todestanz

Todestanz

Titel: Todestanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margie Orford
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Nachtwache gehalten hatte, sein Gesicht von Angst und Zorn überschattet. Sechsunddreißig Stunden waren verstrichen, seit Yasmin verschwunden war. Und Clare hatte nichts für ihn. Der Klageschrei eines Austernfischerpaares lenkte ihre Aufmerksamkeit auf den Strand. Die beiden hackten ihre orangefarbenen Schnäbel in die Spalten zwischen den glatten schwarzen Felsen und suchten nach Brocken, die von der Ebbe zurückgelassen worden waren.
    Mehr als ein paar Brocken habe ich auch nicht, dachte Clare, als sie die Wohnungstür aufschloss. Informationsbrocken, die sie und Riedwaan gestern Abend endlos zerpflückt hatten.
    Auf dem Tisch lag ein Zettel.
    Â 
    Clare.
    Habe deine Notizen mitgenommen. Danke.
    Bin Kaffee holen. Muss noch was mit Rita abchecken.
    RF
    Â 
    Clare nahm ihren Kaffee mit ins Arbeitszimmer, wo Riedwaan gestern Abend über Clares akustischem Stadtplan eingeschlafen war. Der Fleck, an dem Yasmin zuletzt gesehen worden war, war rot eingekreist. Sie machte einen Aufkleber für Yasmin, heftete ihn an die Wandkarte und trat zwei Schritte zurück. Irgendwie passte das alles nicht zusammen. Sie legte die Fotos aus, die sie am vorigen Morgen gemacht hatte, als sie in der Hecke herumgekrochen war, unter der Yasmin sich versteckt hatte.

    Dass genau in diesem Moment das Telefon zu schrillen begann, entspannte sie nicht gerade.
    Â»Was ist?« Clare wühlte in den Bildern und meinte etwas darin zu sehen – so wie man manchmal am Rand des Blickfeldes einen Schatten wahrzunehmen meint.
    Â»Clare?«
    Â»Ja?«
    Â»Wir haben sie möglicherweise gefunden«, sagte Rita Mkhize.
    Â»Wo?« Clare schickte ein Stoßgebet an einen Gott, an den sie nicht glaubte. Sie notierte die Adresse.
    Â»Was ist mit Riedwaan?«, fragte sie.
    Â»Ich dachte, dass Sie ihn vielleicht erreichen.« Rita holte tief Luft. »Ich glaube nicht, dass ich ihm das sagen könnte.«
    Clare wählte seine Nummer und hoffte, dass er diesmal, nur dieses eine Mal, nicht ans Telefon gehen würde.
    Â»Riedwaan, Rita hat angerufen. Sie hat gesagt, sie hätten …«
    Â»Wo?«, schnitt er ihr das Wort ab. »Gib mir die Adresse.«
    Clare fuhr direkt nach Maitland, vorbei an den Plakaten für die Sonntagszeitungen, die Yasmins Entführung verkündeten.
    Sie fand die Straße mit den winzigen Vorgärten voller Margeriten und Ringelblumen, den pflegeleichten und pflichteifrigen Blumen der arbeitenden Unterschicht. Die Hausnummer, die Rita Mkhize ihr gegeben hatte, brauchte sie nicht. Vor dem letzten Haus in der Reihe parkten mehrere Polizeiautos mit blinkendem Blaulicht. Die Nachbarn hatten sich schon versammelt, und da sich die Neuigkeiten wie ein Lauffeuer verbreitet hatten, rollten auch schon die Presse und Schaulustige von weiter weg an. Zwei Menschen stiegen aus einem alten roten Auto. Sie nickten Clare zu. Mrs Adams und Lemmetjie – der Sohn hatte seinen Arm fest um die eingesackten Schultern seiner Mutter gelegt. Mitglieder
ihrer Nachbarschaftswache hatten sich um sie versammelt.
    Clare brauchte nicht lange auf Riedwaan zu warten. Als er eintraf, schien jede Begrüßung unangebracht, und so gingen sie schweigend zur Rückseite des Hauses. Eine alte Frau saß in der Küche, einen Teller mit Essen vor sich. Sie deutete in Richtung Hecke. Jimmy April wartete in der Nähe. Nicht seine Schuld. Nicht sein Kind. Trotzdem hatte ihm der kleine Fuß zugesetzt, und jetzt wartete er darauf, dass sie aus dem grauen Büroteppichboden gerollt wurde.
    Uniformierte Polizisten, Polizisten in Zivil, die Presse. Clinton van Rensburg traf ein und bohrte bei jedem Schritt die Krücke in den feuchten Sand. Er grüßte Clare und Riedwaan und stellte sich dann abseits, wo er schweigend abwartete.
    Riedwaan zündete sich mit zitternden Fingern eine Zigarette an. Als Nächstes kamen die Fahrer des Leichenschauhauses, die auf die Spurensicherung warteten. Die Spurensicherung traf ein und wartete auf die zuständigen örtlichen Detectives. Die trafen ebenfalls ein und warteten auf den Polizeifotografen. Der Polizeifotograf traf ein und wartete auf den Pathologen. Als Ruth Lyndall eintraf, machten sich alle an die Arbeit.
    Die Pathologin entrollte den Teppichboden.
    Eine Sandale am linken Fuß. Der rechte aufgerissen und aufgeschlitzt. Der große Zeh mit seinem Klecks rosa Nagellack war blutverschmiert.
    Ein zerschlitzter Stofffetzen, das kleine Dreieck

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