Todeswunsch - Robotham, M: Todeswunsch - Bleed For Me
seinem Wagen geküsst hat, als er sie nach Hause brachte. Ray hat sich bei der Schule beschwert.«
»Wann war das?«
»In der Woche vor dem Mord. Ellis könnte die Person sein, mit der Ray Hegarty vor dem Haus gestritten hat. Sie sollten herausfinden, was für einen Wagen er fährt.«
Monk streicht sich mit den Fingerknöcheln über das unrasierte Kinn. »Die Chefin wird sagen, dass Sie bloß Schlamm aufwühlen.«
Tue ich das?
»Ich versuche zu verstehen, was geschehen ist.«
»Und wenn sie schuldig ist?«
»Und wenn nicht?«
Monk sieht aus, als würde er sorgfältig nachdenken, als würde er eine Gewissensentscheidung treffen. Er ist ein Familienvater, der sich um seine Kinder sorgt. Außerdem ist er Realist genug, um zu wissen, wie die Wahrheit in jeder Phase der Ermittlung und des Prozesses manipuliert, geschönt oder wegdiskutiert werden kann. Das ist der Alltag moderner Polizeiarbeit. Die Ermittler sind überarbeitet, unterbezahlt, ungeliebt und ständig gezwungen, Abkürzungen zu nehmen und eigene Fehler zu übertünchen. Mit ein bisschen Glück fügen sich die Fakten am Ende, und der Richtige wird verurteilt. Und selbst wenn das System versagt, können Detectives in der Regel nachts friedlich schlafen, weil der Angeklagte wahrscheinlich eines anderen ähnlich schrecklichen Verbrechens schuldig war. Wirklich Unschuldige wandern nur selten hinter Gitter. So weit die Theorie. Normalerweise ist das auch die Praxis. Und dann kommt jemand wie Sienna Hegarty.
Auf der Heimfahrt höre ich PM auf Radio 4, Eddie Mair analysiert die Ereignisse des Tages.
Mehrere Geschworene brachen heute in Tränen aus, als ihnen
die Fotos einer ukrainischen Familie mit drei Kindern gezeigt wurden, die bei einem Brandanschlag auf eine Pension in Bristol ums Leben kamen.
Zwei der Kinder, Aneta und Danya Kostin, vier und sechs Jahre alt, wurden zusammengekauert in einem Zimmer im zweiten Stock gefunden. Ihre elfjährige Schwester Vira starb auf dem Treppenabsatz im ersten Stock, unweit der Stelle, wo die Leichen ihrer Eltern gefunden wurden. Alle wurden von starkem Rauch überwältigt, der sich entwickelte, nachdem offenbar Benzin durch den Briefschlitz gegossen und Brandsätze durch die Fenster geworfen wurden.
Nachbarn sagten vor Gericht aus, dass sie splitternde Scheiben hörten und einen weißen Ford Transit davonfahren sahen, ehe im Erdgeschoss des Hauses die Flammen ausbrachen. Ein Mitarbeiter der Spurensicherung präsentierte einen Fingerabdruck auf einem der verwendeten Kanister, der einen der drei Angeklagten, Tony Scott, mit dem Anschlag in Verbindung bringt …
Ich schalte das Radio ab und öffne das Fenster einen Spalt. Die kalte Luft hilft mir, mich zu konzentrieren.
Ich parke vor meinem Reihenhaus und gehe den Hügel hinunter zu unserem Familienhaus, wo ich eine Weile im Schatten der niedrigen Zweige auf der Steinmauer sitze. Im Erdgeschoss brennen Lichter. Hinter den Vorhängen flackert ein Fernseher.
Irgendetwas treibt mich den Pfad zur Haustür hinauf. Mein Finger schwebt über dem Klingelknopf.
Julianne öffnet die Tür einen Spalt. »Hallo?«
»Hi.«
»Ist alles in Ordnung?«
»Bestens. Ich wollte bloß mal vorbeischauen. Wie geht es dir?«
»Gut.«
Es entsteht eine Pause, die sich ausdehnt, bis sie peinlich wird.
Julianne öffnet die Tür ein wenig weiter. »Willst du reinkommen ?«
Ich trete an ihr vorbei in den Flur und warte, dass sie die Haustür schließt. Sie hat ferngesehen, aber der Ton ist stumm gestellt.
»Wo ist Charlie?«, frage ich und blicke die Treppe hinauf.
»Babysitten.«
»Auf wen passt sie auf?«
»Auf einen kleinen Jungen aus Emmas Klasse.«
Julianne kuschelt sich in den Sessel am Kamin. Auf der Armlehne liegt ein aufgeschlagenes Buch. Auf dem Tischchen daneben steht eine leere Teetasse.
»Wie war der Abend mit Harry?«, frage ich.
Sie hebt die Hand und wiegt sie hin und her. »So-so. Ich habe festgestellt, dass er ziemlich herrschsüchtig sein kann.«
»Inwiefern?«
»Ich habe nach der Dessert-Karte gefragt, und er hat ein Riesentheater gemacht.«
Ich spüre ein schlechtes Gewissen. »Das ist wirklich seltsam. «
Julianne streicht ihre Haare hinter die Ohren. »Ich nehme an, du bist nicht gekommen, um über Harry zu reden.« Sie lächelt und nimmt mein Herz mühelos wieder in Besitz.
»Sienna war schwanger«, sage ich, eine tolle Gesprächser-öffnung.
Julianne blinzelt mich an. »Von wem?«
»Ich weiß nicht.«
Wir denken beide dasselbe. Was, wenn es Charlie
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