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Todeszauber

Todeszauber

Titel: Todeszauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur W. Upfield
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der Südweide gearbeitet, war über stoppeliges Tussockgras und durch Mulgagürtel geritten, hatte die breiten Niederungen – die Channels – inspiziert. Immer wieder war er an Kaninchenfamilien vorbeigekommen, hatte aber keine Jungtiere gesehen, die auf einen normalen Sommer hätten schließen lassen.
    Von Südwesten näherte er sich dem Meenasee. Sein Pferd trug ihn über die grasbestandene Ebene, dann eine flache Steigung hinauf, und urplötzlich lag der See vor ihm. Bis auf drei Stellen war er von Dünen und Buchsbäumen umgeben. An der einen. Stelle ergoß sich der Meena Creek – von den fernen Bergen im Nordwesten kommend – in den See, außerdem lag am Ostufer ein Plateau, auf dem die Gebäude mit ihren roten Dächern standen. An der dritten Stelle floß das Wasser in guten Jahren in die Niederungen ab.
    Jetzt war der See ausgetrocknet, das blaue Juwel war verschwunden, aber die wunderschöne Fassung war noch vorhanden. Das Ufer des Sees – er war rund und hatte einen Durchmesser vonungefähr zwei Meilen – wurde von einem breiten Band aus schneeweißem Lehm gebildet, an das sich die rötlichen Sanddünen anschlossen, die wiederum von grünen Bäumen gesäumt wurden.
    Als Gordon nun den sanften Hang hinab auf die Bäume zuritt, traf er nicht mehr auf einzelne Kaninchenfamilien, sondern auf ein riesiges Heer, das den See belagerte und das Land verwüstete.
    Der Abend sank herab, und hatten die Tiere in der Hitze des Tages gedöst, so regte sich nun ringsum das Leben. Überall saßen Kaninchen, putzten sich und waren verspielt wie junge Kätzchen. Unter den Bäumen aber hockten die Nager dicht an dicht, fraßen die Blätter, die der Wind herabgeweht hatte, und nagten an den Wurzeln. Einige waren sogar an schiefstehenden Stämmen hinaufgeklettert, genossen die zarte Rinde junger Zweige.
    Gewaltige Goldadler glitten dicht über dem Boden dahin, stiegen plötzlich – ohne einen Flügelschlag – steil zum leuchtenden Himmel auf. Die Krähen folgten den Adlern, ließen zwischen den Bäumen ihr heiseres Krächzen vernehmen oder stolzierten wie würdige, schwarzbefrackte Herren durch die Gegend. Für die Füchse war es noch zu früh, aber sie warteten bereits ungeduldig, sich nach Eintritt der Dunkelheit ihren Teil an den Kaninchen zu sichern.
    Das Pferd witterte den Stall, trug Gordon zwischen den Bäumen hindurch und über die Dünen, die einen Pelzmantel angezogen zu haben schienen. Dann ging es hinab zur Lehmfläche am Ufer. Gordon preßte sein rechtes Knie in die Flanke des Tieres, das sofort gehorchte und dem weißen Lehmband folgte.
    In der Mitte des Sees war auch jetzt noch Pflanzenwuchs vorhanden. Doch die Vorhut der Kaninchenarmee befand sich bereits auf dem Marsch, um auch damit aufzuräumen. Wohin John Gordon blickte, überall hoppelten die Nager über die Lehmfläche und weiter über den kiesigen Grund des ausgetrockneten Sees. Hin und wieder kam ein Adler angesegelt, schlug sich ein Kaninchen, und ein Todesschrei zerriß die Abendluft.
    Vor drei Jahren hatten die Kaninchen die Herrschaft über den Meenasee angetreten, hatten sich laufend vermehrt, bis am Ende des vergangenen Sommers der See austrocknete und kein Grünfutter mehr vorhanden war. Der Aprilregen hatte den Kaninchen noch einmal Futter beschert, und während des milden Winters waren ungezählte Jungtiere geboren worden. Bereits nach neun Wochen hatten die jungen Häsinnen ebenfalls für Nachwuchs gesorgt. Anfang September jedoch schien ihnen ihr Instinkt die bevorstehende Trockenperiode anzukündigen, und schlagartig hörten die Kaninchen auf, sich zu vermehren.
    Gewohnheit macht gleichgültig. So hatte auch John Gordon keinen Blick für die leuchtenden Farben, für die roten Dächer und weißen Mauern, für die Gebäude auf ihren rötlichen Fundamenten unter dem blaugrünen Baldachin. Das Pferd trug den jungen Mann zwischen den Dünen hinauf zum Rand des Plateaus und am Herrenhaus vorüber zum Sattelschuppen.
    Gordon sprang ab, gab dem Tier ein paar zärtliche Klapse und sattelte es ab. Das Pferd schüttelte sich, ging zum Trog und soff. Die beiden Hunde stimmten ein wildes Gebell an, bis der junge Mann sie von ihren Ketten löste. Aufgeregt umsprangen sie ihn, während er zur Arbeiterunterkunft ging.
    Alles das gehörte ihm, und dazu 120 000 Hektar gutes Land. Gewiß, Meena war bei weitem nicht so groß wie Karwir oder die anderen Viehstationen, war eigentlich nur ein Selektionsbetrieb. Doch die Gordons fanden ihren Lebensunterhalt,

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