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Todeszeit

Todeszeit

Titel: Todeszeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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kümmern. Es lag nahe, sie in den Kofferraum zu laden.
    Halb sitzend, halb liegend wartete Mitch in der Dunkelheit. Den Kopf hatte er gerade so weit gehoben, dass er über die rückwärtige Kante spähen konnte.
    Er hatte einen Menschen getötet.
    Er hatte vor, einen weiteren zu töten.
    Die Waffe in seiner Hand fühlte sich schwer an. Mit zitternden Fingern fuhr er an ihr entlang, um nach einem Sicherungshebel zu suchen, fand jedoch keinen.
    Während er auf die einsame, vom Mond beschienene Straße blickte, die von der gespenstischen Landschaft der Wüste umgeben war, spürte er, dass das, was er verloren hatte – Unschuld und jene im Grunde kindliche Erwartung einer unbeschreiblichen Freude –, allmählich durch etwas anderes ersetzt wurde, das gar nicht so schlecht war. Die Leerstelle in seinem Innern füllte sich, wenngleich er noch nicht sagen konnte, womit.
    Vom Kofferraum aus hatte er einen äußerst begrenzten Blick auf die Welt, doch in dem schmalen Streifen, den er
sah, nahm er in dieser Nacht wesentlich mehr wahr, als er bisher hätte erfassen können.
    Die silbrige Straße zog sich von ihm zurück, kam jedoch gleichermaßen auf ihn zu, sodass er zwischen zwei Horizonten wählen konnte.
    Manche der Steingebilde am Straßenrand enthielten Glimmer, der im Mondlicht funkelte. Wo die Felsen sich als Silhouette vor dem Himmel erhoben, sahen die Sterne aus, als wollten sie sich auf der Erde verstreuen.
    Auf mächtigen, fahlen Schwingen schwebte von Norden her ein Uhu über die Straße. Dann schwang er sich mit lautlosen Flügelschlägen höher in die Nacht, bis er verschwunden war.
    Mitch spürte, dass das, was er anstelle seiner verlorenen Erwartungen gewann und was die Leere in ihm so rasch heilte, die Fähigkeit war, Ehrfurcht zu empfinden. Es war ein tief reichender Sinn für das Geheimnis aller Dinge.
    Dann kam der Killer zurück, und als er etwas Unvorhergesehenes tat, verwandelte Mitchs ehrfürchtiges Staunen sich in Angst, aber auch in eine grimmige Entschlossenheit.

32
    So verstohlen war der Killer zurückgekehrt, dass Mitch ihn erst wahrnahm, als er hörte, wie ein Schloss klickte und die Tür mit ganz leisem Knarren aufschwang.
    Der Mann hatte sich dem Chrysler von vorne genähert. Nun riskierte er, kurz von der Innenbeleuchtung angestrahlt zu werden, als er einstieg und die Tür so leise zuzog, wie es ging.
    Falls er sich ans Lenkrad gesetzt hatte, wollte er sich bestimmt aus dem Staub machen.
    Nein. Mit offenem Kofferraumdeckel würde er nicht losfahren. Und die Leiche ließ er sicher auch nicht einfach liegen.
    Mitch wartete, ohne einen Laut von sich zu geben.
    Auch der Killer rührte sich nicht.
    Allmählich wurde die Stille zu einem merkwürdigen Druck, den Mitch auf der Haut, dem Trommelfell, den aufgerissenen Augen spürte. Es war, als würde der Wagen in einem tiefen Meeresgraben versinken, wo ihn das Gewicht des Wassers zusammenpresste.
    Währenddessen saß zwangsläufig auch der Killer im Dunkeln und spähte in die Nacht, um festzustellen, ob das kurze Aufflammen der Beleuchtung eine Reaktion hervorrief. Wenn nichts geschah, was unternahm er dann?
    Die Wüste blieb atemlos.
    Selbst auf kleinste Bewegungen reagierte der Wagen sicherlich so empfindlich wie ein im Wasser schaukelndes
Boot. Sobald Mitch sich regte, wusste der Killer, wo er sich befand.
    Eine Minute verging. Dann eine weitere.
    Mitch stellte sich vor, wie sein Gegner im dunklen Wagen saß. Obwohl der Mann mindestens dreißig, vielleicht sogar fünfunddreißig Jahre alt war, hatte er ein bemerkenswert weiches, glattes Gesicht, als hätte das Leben an ihm keinerlei Spuren hinterlassen und würde das auch in Zukunft nicht tun.
    Was sich hinter diesem maskenhaften Gesicht jetzt wohl abspielte? Sosehr Mitch sich auch anstrengte, die dort ablaufenden Gedanken blieben ihm verborgen. Genauso gut hätte er darüber nachgrübeln können, was eine Wüsteneidechse über Gott, den Regen oder das ringsum wachsende Gestrüpp dachte.
    Nach langer Stille verlagerte der Killer sein Gewicht. Schon diese kleine Bewegung erwies sich als verräterisch. Das damit verbundene Geräusch war so unheimlich nahe, dass der Mann nicht am Lenkrad sitzen konnte. Er befand sich auf dem Rücksitz. Offenbar hatte er wachsam vorgebeugt dagesessen, seit er eingestiegen war. Als er sich endlich zurücklehnte, hatte das Sitzleder geknarzt, und die Sprungfedern hatten ein leises Ächzen von sich gegeben.
    Der Rücksitz bildete gleichzeitig die vordere Wand des

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