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Todfeinde

Todfeinde

Titel: Todfeinde Kostenlos Bücher Online Lesen
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wird es jeder erfahren. Hier müssen Sie mehr Respekt zeigen. Und das beginnt damit, pünktlich zu erscheinen.«
    »Wissen Sie was?«, fragte Joe. »Ich bin es allmählich leid, das zu hören.«
    »Und falls Sie Mist bauen, sind Sie erledigt. Verlassen Sie sich drauf. Bei der nächsten Etatkürzung – sollte ich dabei ein Wörtchen mitzureden haben – sind Sie der Erste, der geht.«
    Er machte auf dem Absatz kehrt und stürmte den dunklen Flur entlang.
    »Wir sehen uns beim Trauergottesdienst«, rief Joe ihm nach. Wütend rieb er sich die Augen. Wills Beerdigung. Vielleicht ist der Abschied von Will der Anfang vom Ende meiner Karriere.
    Als sein Telefon klingelte, brauchte er einen Moment, um herauszufinden, mit welcher Taste er den Anruf annehmen konnte. Schließlich drückte er auf die, die leuchtete, und nahm den Hörer ab.
    »Joe, hier ist Mary.«
    »Hallo, Mary.«
    »Diese Sache, von der ich Ihnen vorhin erzählt habe? Von den Leuten, die im Wapiti-Rückzugsgebiet ein Zelt aufgebaut haben?«
    »Ja?«
    »Das hat sich bestätigt.«
    »Ich komme sofort.«
    Als er mit Tagesrucksack und Aktentasche an ihrem Schalter vorbeikam, rief Mary ihm nach: »Ihr Code für den Funkverkehr mit der Zentrale ist ›Jackson GF 60‹.«
    Joe blieb an der Tür stehen. »Okay, Ma’am.«
    Sie lächelte, diesmal herzlich. »Gut, das gefällt mir.«
    Er ging zügig über den Parkplatz zu seinem Wagen, hielt jedoch inne, drehte um und ging in die Vorhalle zurück.
    Mary sah auf.
    »Wie komme ich eigentlich zum Rückzugsgebiet?«
    Sie deutete in Richtung Norden und beschrieb ihm den Weg.

ZWEITER TEIL
    Es mus s zugegeben werden, dass die Existenz fleischfressender Tiere tatsächlich ein Problem für die Ethik der Befreiung der Tiere stellt und zwar insofern, als wir überlegen müssen, ob wir dagegen etwas tun sollten.
    Peter Singer, Befreiung der Tiere
    Was wir essen, hängt davon ab, wo wir leben und wie wir uns selbst sehen.
    Jim Harrison, The Raw and the Cooked

8. KAPITEL
    Statt Wapitis sah Joe im National Elk Refuge – dem Wapiti-Rückzugsgebiet – an einem Sumpf sechs Trompeterschwäne, die vor dem rostfarbenen Schilf am Flat Creek wie weiße Leuchtfeuer wirkten. Zwischen den Salbeisträuchern auf der dahinterliegenden Hochebene nagten drei räudige Koyoten an etwas Totem. Noch ein wenig weiter entfernt standen zwei kleine Kuppelzelte, die so platziert worden waren, dass sie von der in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Landstraße nach Jackson aus zu sehen waren. Joe näherte sich den Zelten aus nördlicher Richtung und steuerte langsam über einen ausgefahrenen Weg, der sich durch die Ebene des gut hundert Quadratkilometer großen Rückzugsgebiets schlängelte. Die Koyoten stoben auseinander, blieben dann stehen und warteten ab, bis er vorbeigefahren war, um sich wieder über ihre Beute herzumachen. Die Sonne würde erst in einer Stunde hinter den Tetons untergehen, doch die Schatten der Gipfel krochen bereits ins Tal. Im Winter sah das Gelände ganz anders aus, da die starken Schneefälle im Yellowstone und im Grand Teton Nationalpark die Herden nach Süden ins Rückzugsgebiet wandern ließen, wo sie bis zum Frühjahr mit Luzerne-Granulat gefüttert wurden. In diesem Gebiet hielten sich alljährlich zwischen 7500 und 11 000 Wapitis auf, während Tausende weitere in weniger bekannte Reservate flohen.
    Joe dachte noch immer an seine Auseinandersetzung mit Randy Pope. Ihm war klar, dass er mit ihm eine Rechnung offen hatte. Pope würde ihn wie ein Falke beobachten und darauf lauern, dass er Mist baute. Und wie Joe sich kannte, würde er Mist bauen. Und noch etwas bereitete ihm Sorge, ohne dass er es genau benennen konnte, etwas an Will Jensens Büro – ein Eindruck, der sich hatte konkretisieren wollen, als Pope aufgekreuzt war und ihn verscheucht hatte. Aber welcher?
    Bei den Zelten stand kein Wagen, doch zwei Kilometer weiter, auf der anderen Seite des zweieinhalb Meter hohen Wapitizauns, parkte ein Auto an der Landstraße. Die Camper waren offensichtlich über den Zaun geklettert und ins Rückzugsgebiet gewandert. Warum hatten sie trotz all der Zeltplätze in den Bundesforsten und Nationalparks die weite, baumlose Ebene in Sichtweite der Straße und in Hörweite des vorbeirauschenden Verkehrs gewählt? In der Nähe der Zelte waren irgendwelche Arbeiten im Gange: Zwei Männer hoben Pfostenlöcher aus und daneben lag etwas Langes, Flaches – ein Schild.
    Als aus einem der Zelte eine dünne, blonde Frau auftauchte und seinem

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