Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Todfeinde

Todfeinde

Titel: Todfeinde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
Flügeln schlagen können, wenn über eine Million Schweine in einem einzigen Betrieb gehalten werden, ohne je das Tageslicht zu sehen, wenn jedes Jahr Zigmillionen Geschöpfe getötet werden, ohne nur das kleinste bisschen menschliche Zuneigung erlebt zu haben, ist es Zeit, alte Anschauungen in Zweifel zu ziehen und zu fragen, was wir tun und welcher Geist uns antreibt.‹«
    Als sie ihren Wagen erreichten, fragte Pi: »Welcher Geist treibt Sie an, Joe?«
    Er war froh, darauf nicht mehr antworten zu müssen.
    »Wir sind da«, sagte er.
    Er half ihnen beim Beladen ihres Fahrzeugs. Inzwischen war es dunkel, und am Himmel stand ein kalter, weißer Mond. Ihr Atem dampfte in der kalten Luft. Birdy ließ den Motor an, um die Heizung zum Laufen zu bringen. Ray saß zwischen ihrem Gepäck und den Zelten auf der Rückbank. Pi öffnete die Beifahrertür und wollte einsteigen.
    »Darf ich Sie was fragen?«, begann Joe.
    »Was denn? Es ist kalt.«
    »Sie sagten, dass Sie es auf Will Jensen abgesehen hatten.«
    Sie nickte. »Und das nicht nur einmal.«
    »Aber später haben Sie begriffen, dass Sie sich mäßigen müssen, und haben ihm verziehen, weil Ihnen aufgegangen ist, dass er bloß seine Arbeit machte? Dass er Sie gewissermaßen vor Ihnen selbst schützen wollte?«
    Sie sah ihn argwöhnisch an. »Ja.«
    »Haben Sie ihm das je gesagt?«
    Ihre Augen weiteten sich. Sie zögerte und sagte dann: »Nein.«
    »Ich dachte nur, weil er morgen beigesetzt wird.«
    »Pi, steigst du nun ein oder nicht?«, kam es von Ray, der endlich den Mund aufbekommen hatte. »Du lässt die ganze Wärme raus.«
    Sie warf ihm einen vernichtenden Blick zu und schloss die Tür.
    »Meinen Sie, ich sollte zu seiner Trauerfeier gehen?«
    »Es steht mir nicht zu, das zu sagen.«
    »Ich denk drüber nach.«
    Joe wünschte ihr Gute Nacht und stieg in seinen Pick-up. Er dachte an Marys »Willkommen in Jackson Hole« und erkannte jetzt die doppelte Bedeutung, die sie vermutlich beabsichtigt hatte.
    Als er auf die Landstraße fuhr, wurde ihm schlagartig bewusst, dass er keinen Schimmer hatte, wo er diese Nacht schlafen würde. Es war zu spät, um im Büro nach dem Schlüssel für seine Dienstwohnung zu fragen. Mit Sicherheit waren schon alle über das Wochenende nach Hause gegangen. Zudem war er unsicher, ob er sie überhaupt schon würde beziehen dürfen, da es sich immerhin um einen Tatort handelte. Er würde sich also ein billiges Motel suchen müssen.
    Und er hatte noch immer nicht mit Marybeth geredet.

9. KAPITEL
    Auf der Rückfahrt nach Jackson schoss ein Porsche Boxster Cabrio an Joe vorbei. Die blonde Fahrerin scherte direkt vor ihm ein, um einem Wohnmobil auszuweichen, und Joe musste in die Eisen steigen. Als Dankeschön hupte sie kurz und überholte den nächsten Wagen. Der Porsche hatte das Kennzeichen von Teton County. Eine einheimische Irre also, dachte Joe und beobachtete, wie sie sich durch den Verkehr schlängelte. Als die Lichter der Stadt auftauchten, knurrte sein Magen. Er hatte den ganzen Tag über nichts gegessen.
    Joe saß in einem lauten mexikanischen Restaurant voller Touristen und Einheimischer, die am Freitagabend ausgingen. Die Preise auf der Speisekarte ließen ihn erbleichen, da sie seinen Tagesspesensatz überstiegen. Doch weil es schon spät und er am Verhungern war, bestellte er bei dem zuvorkommenden Ober, der sich als »Adrian aus Connecticut« vorgestellt hatte, einen Jim Beam mit Wasser.
    Er lächelte, als er sich dabei ertappte, Bohnenburritos mit Reis in Erwägung zu ziehen.
    »Den vegetarischen Teller?«, fragte Adrian von hinten.
    Joe schüttelte den Kopf. »Nein, ich bin Fleischesser.«
    »Oje«, meinte der Kellner und rümpfte die Nase.
    Als er seinen Teller fast leer gegessen hatte, bestellte Joe noch einen Jim Beam und machte sich kurz darauf Notizen über seine Begegnung mit den Aktivisten des »Netzwerks zur Befreiung der Tiere«.
    Als er sich schließlich satt zurücklehnte und die Wirkung des auf leeren Magen getrunkenen Bourbon spürte, tauchte Adrian mit einem weiteren Drink auf.
    »Den hab ich nicht bestellt.«
    »Mit herzlichem Gruß von den Ennises«, erwiderte der Kellner mit schwungvoller Handbewegung. »Sie sitzen an der Theke.«
    Joe beugte sich zur Seite und blickte an den Tischen entlang. Die Theke befand sich in einem angrenzenden, etwas dunkleren Nebenraum jenseits eines Torbogens im spanischen Stil. Ein Paar saß mit dem Rücken zu ihm auf Hockern, wandte sich nun aber nach ihm um.
    Der Mann war klein

Weitere Kostenlose Bücher