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Todfeinde

Todfeinde

Titel: Todfeinde Kostenlos Bücher Online Lesen
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Sheridan … «
    »Schon gut.« Widerwillig seufzend schob sie den Stuhl zurück.
    Dass jemand zu ungewöhnlicher Zeit an ihre Haustür klopfte, kam während der Jagdsaison immer wieder vor. Normalerweise war Joe per Handy oder Funk zu erreichen und kam dann nach Hause. Marybeth war froh gewesen, dass es seit seiner Abreise immerhin eine Woche lang ruhig geblieben war. Damit war es jetzt vorbei. Und obendrein hatte sie vorhin eine AB -Nachricht von Phil Kiner aus Laramie abgehört, der Joes Bezirk vorübergehend beaufsichtigen sollte, sich nun aber verspäten würde, weil er noch vor Gericht aussagen musste.
    Sheridan kam in die Küche zurück. »Da ist ein Mann, der sich dem Jagdaufseher stellen will.«
    »Na prima«, sagte Marybeth, stellte die Nudeln auf den Küchentresen und drehte die Flamme kleiner.
    »Ich glaube, er ist betrunken«, flüsterte Sheridan.
    »Wunderbar.«
    Marybeth sammelte sich und verließ die Küche. Sheridan folgte dicht hinter ihr.
    »Ich geb dir Deckung, Mom«, sagte sie leise.
    Ein groß gewachsener Mann mit kreisrundem Gesicht stand in blutigem Tarnanzug auf der Schwelle zur Umkleide. Seine Pausbacken waren knallrot, seine Augen glasig.
    »Joe ist nicht zu Hause«, erklärte Marybeth. »Wie kann ich Ihnen helfen?«
    »Das hab ich der jungen Dame schon gesagt«, lallte er. »Ich bin hier, um mich zu stellen.«
    Auch aus zwei Metern Entfernung konnte Marybeth seine Whiskeyfahne riechen.
    »Ich wollte einen Bock schießen, hab aber irgendwie ein Kitz getroffen.« Der Mann sprach jedes einzelne Wort bedächtig und überdeutlich aus. »Ich bin hier, um es abzugeben und eine Anzeige zu kassieren.«
    »Sie haben es hergebracht?«
    »Ja.«
    »Was soll ich denn damit?«
    »Keine Ahnung«, sagte der Mann mit glänzenden Augen. »Was Sie mit toten Kitzen eben so machen.«
    Marybeth sah Sheridan an, und die zuckte die Achseln.
    »Ich kann das Tier leider nicht entgegennehmen«, gab Marybeth zurück. »Und mein Mann … kommt erst später.« Fast hätte sie gesagt, dass er nicht in der Stadt sei, obwohl sie bei seiner Abfahrt vereinbart hatten, darüber zu schweigen.
    »Oh.« Der Jäger wirkte verdutzt und wütend. »Ich hätte das gar nicht tun müssen, wissen Sie. Ich hätte das Kitz im Wald liegen lassen und kein Wort darüber verlieren können.«
    »Das ist mir klar. Aber Sie haben anständig gehandelt. Ich kann Ihnen nur leider nicht helfen.«
    »Wirklich toll: Da will man sich anständig verhalten und wird abgewiesen.«
    Marybeth fürchtete, die Stimmung des betrunkenen Jägers könnte rasch vom Rührseligen ins Zornige kippen. Das wollte sie unter allen Umständen vermeiden und ihn so schnell wie möglich aus dem Haus haben. Dankbar sah sie Maxine aus der Küche antrotten. Sheridan nahm den Hund am Halsband.
    »Wenn Sie mir Ihre Nummer dalassen, kann Joe sich bei Ihnen melden«, schlug Marybeth vor. Sie würde ihrem Mann die Nummer geben, wenn er am Abend anrief, damit er sie an die Zentrale weiterleitete. Jetzt aber sollte der Jäger verschwinden. Er war so betrunken, dass er sich wohl kaum an etwas von dem erinnern würde, was sie ihm sagte.
    Der Jäger starrte sie jetzt finster an. Unwillkürlich trat sie einen Schritt zurück und rempelte Sheridan an. Maxine zerrte knurrend am Halsband. Die Gefährlichkeit der Lage belastete Marybeth, und sie dachte an ihre Sicherheit und die ihrer Kinder. Sollte der Mann auch nur einen Schritt auf sie zukommen – das schwor sie sich – , würde sie Sheridan anweisen, Maxine loszulassen und die Polizei anzurufen, und dann würde sie das Pfefferspray aus der Handtasche nehmen.
    Doch der Jäger murmelte bloß etwas in sich hinein, drehte sich schwerfällig um und verließ das Haus.
    Marybeth und Sheridan blieben reglos stehen und beobachteten, wie die Fliegengittertür quietschend zuschlug.
    »Uff«, meinte Sheridan.
    Aus dem Vorgarten drang ein dumpfes Geräusch. Dann sprang ein Pick-up an und jagte Richtung Saddlestring davon.
    Marybeth schaltete das Verandalicht ein. Im Gras lag ein großes Bündel. Sie holte eine Taschenlampe aus Joes Büro, ging nach draußen und entdeckte das tote Kitz. Es hatte einen Bauchschuss abbekommen, und die winzigen gefleckten Beine standen in unnatürlichem Winkel vom Körper ab.
    »So was Krankes.« Sheridan trat zu ihrer Mutter. »Das arme Kleine. Du hättest dir wenigstens sein Nummernschild aufschreiben sollen. Dad hätte das getan.«
    »Auf deine nachträglichen Empfehlungen kann ich echt verzichten«, zischte Marybeth,

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