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Todfeinde

Todfeinde

Titel: Todfeinde Kostenlos Bücher Online Lesen
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als argwöhnte sie, jemand höre mit. »Will sagte, er glaube, sie würden ihn jagen und hätten ihn eingekreist. Und es gebe nur einen Menschen, dem er in diesem Tal trauen könne. Im ersten Moment dachte ich, er meinte mich.«
    »Aber dem war nicht so?«
    »Nein. Und das hat mich verletzt, Joe. Ich weiß, das ist rührselig und unvernünftig, doch es hat mich tief verletzt. Ich hatte ihn so lange gedeckt … «
    »Und wen meinte er?«
    Marys Züge verhärteten sich. »Er sagte, der einzige Mensch, dem er traut, ist Stella Ennis.«
    Erst spät am Nachmittag fuhr Joe mit Will Jensens Pick-up und Pferdehänger zum Ausgangspunkt seines Inspektionsritts. Der Innenraum von Wills Pick-up sah seinem eigenen so ähnlich, dass er, als ihm einfiel, Marybeth noch immer nicht angerufen zu haben, instinktiv nach seinem Handy tastete. Natürlich war es nicht da.
    Er fluchte. Er musste mit ihr reden, bevor er in ein Gebiet ritt, wo er nicht erreichbar war. Er hielt an einem Münztelefon an der Landstraße, doch es war kaputt. Schließlich wandte er sich per Funk an die Zentrale und bat um eine Verbindung zu seiner Privatnummer. Er hoffte, Marybeth war zu Hause und er könnte mit Sheridan und Lucy sprechen, die inzwischen von der Schule zurück sein müssten. Wie sehr er die drei vermisste!
    Seine Frau nahm den Hörer ab, und der Klang ihrer Stimme besserte seine Laune.
    »Marybeth, ich bin froh, dich erwischt zu haben.«
    »Das wurde auch Zeit, Joe. Ich dachte schon, du wärst durchgebrannt.«
    »Schatz«, antwortete er und fragte sich, wie viele Jagdaufseher, Telefonistinnen, Herdbuchverwalter und Leute mit Abhörgeräten jedes Wort mitbekamen, »ich bin über Funk mit dir verbunden. Das ist also kein Privatgespräch.«
    »Oh«, sagte sie offenkundig enttäuscht. »Warum rufst du nicht per Handy an? Oder aus deinem Büro?«
    »Mein Handy ist verbrannt, mit meinem Pick-up.«
    Stille.
    »Es klingt lächerlich, ich weiß, aber der Wagen hat heute Morgen auf dem Parkplatz Feuer gefangen. Ich melde mich hier aus Wills alter Karre.«
    »Bist du in Ordnung?«
    »Alles bestens, mach dir keine Sorgen. Hör mal, ich bin die nächsten drei, vier Tage nicht erreichbar und wollte mich vorher noch bei dir melden.«
    »Drei, vier Tage?«
    »Mindestens, tut mir leid.«
    Er steckte in einer Zwickmühle. Er wollte ihr nicht sagen, wohin er unterwegs war, da womöglich ein Bekannter von Smoke Van Horn oder Smoke selbst den Funkverkehr mithörte; andererseits hätte er gern offen mit ihr geredet, um ihre Sorgen und ihren Ärger zu mindern.
    Als sie schließlich antwortete, klang sie kalt und nüchtern: »Joe, wenn du zurückkommst und wieder telefonieren kannst, müssen wir reden.«
    »Ich weiß. Und ich freu mich darauf.«
    »Das hört sich ja nett an.«
    »Marybeth …«
    »Gestern Abend hat uns ein Mann ein totes Kitz in den Vorgarten geworfen. Und wir bekommen weiter diese Anrufe.«
    Ihm wurde bang ums Herz. Er hatte zu hören gehofft, die Dinge liefen unerwartet gut. »Und hast du Nate verständigt?«
    »Ja. Er hat uns mit dem Kitz geholfen.«
    »Gut.«
    »Aber diese Anrufe haben nicht aufgehört. Und Joe, wir müssen wieder über eine unserer Töchter reden.«
    »Über Sheridan?«
    »Ich dachte, das ist kein privates Telefonat?«
    »Ist es auch nicht, Entschuldigung. Geht’s ihr gut?«
    »Das schon, aber wir haben Differenzen.«
    »Marybeth …«
    »Joe, das funktioniert nicht. So zu telefonieren, meine ich. Ich mag so nicht mit dir reden. Ruf mich lieber an, sobald es geht, ja? Falls du die Zeit dafür erübrigen kannst.«
    Sie ließ den Hörer auf die Gabel krachen, und ihm fuhren eisige Stiche ins Herz.
    Zur selben Zeit ließ Nate Romanowski in der Nähe des Twelve Sleep River seinen Rotschwanzbussard und seinen Wanderfalken fliegen. Er trat zurück und sah zu, wie sie nach Aufwind suchten und in weiten Kreisen in den Himmel stiegen. Es war ein klarer, wolkenloser Herbstnachmittag. Während die Vögel sich höher schraubten, entfernte Nate sich von seinem Haus ins Dickicht der Salbeisträucher.
    Er stapfte geräuschvoll durchs Unterholz und zertrat es bisweilen mit den Stiefeln. Auf diese Weise würde er versteckte Beutetiere aufschrecken und zur Flucht verleiten: Nate machte für seine Raubvögel den Jagdhund.
    Der Wanderfalke reagierte als Erster und ließ sich wie ein Stein aus dem kobaltblauen Himmel fallen. Nate hörte ihn mit angelegten Flügeln und geballten Krallen durch die Luft schneiden. Im Gegensatz zu ihm hatte der Vogel das

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